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Adler, Victor
24.6.1852, Prag –
11.11.1918, Wien
Victor Adler / Foto: SPÖ

Emma und Victor Adler, 1907 / Foto: VGA
Victor Adler war der Sohn eines wohlhabenden Prager Kaufmanns. Er absolvierte das Studium der Medizin an der Universität Wien, schloss sich zunächst den Deutschnationalen um Georg von Schönerer an, verließ diese jedoch bald wieder wegen deren wachsenden Antisemitismus und trat dem Arbeiterbildungsverein bei. 1878 lernte er Emma Braun, seine spätere Frau kennen, ein Jahr später wurde ihr gemeinsamer Sohn, Friedrich Adler, geboren. Als junger Arzt war Victor Adler zunächst an der Psychiatrischen Klinik tätig; 1883 eröffnete er in einem alten Wohnhaus in der Berggasse 19 eine Praxis als Armenarzt.

Nachdem das Haus abgebrochen und an seiner Stelle das heute noch bestehende vierstöckige Wohnhaus errichtet worden war, richtete Adler hier neuerlich eine Praxis ein, die er jedoch bald wieder aufgab, um sich ganz der Parteiarbeit widmen zu können. Die gleichen Wohn- und Ordinationsräume benützte von 1891 bis zu seiner Emigration im Jahre 1938 übrigens der Begründer der Psychoanalyse, Sigmund Freud. 1971 wurde hier das Sigmund-Freud-Museum eingerichtet.

Die österreichische Arbeiterbewegung war zu Beginn der achtziger Jahre des 19. Jahrhunderts in zwei Gruppen gespalten - die "Radikalen" und die "Gemäßigten" -, die einander heftig befehdeten. Adler sah seine wichtigste Aufgabe darin, diese Spaltung, die die Entwicklung einer schlagkräftigen Bewegung verhinderte, endlich zu überwinden. Es gelang ihm zunächst, für den 9. Mai 1886 eine Versammlung im Schwendersaal einzuberufen, bei der es erstmals zu einer friedlichen Diskussion zwischen Vertretern der beiden Gruppierungen kam.

Am 11. Dezember 1886 erschien die erste Nummer der von Adler gegründeten Wochenschrift Gleichheit, die bis 1889 bestand. Nach ihrem Verbot gründete Adler die Arbeiter-Zeitung, die ab dem 12. Juli 1889 zweiwöchentlich, ab dem 18. Oktober desselben Jahres wöchentlich und ab dem 1. Januar 1895 täglich erschien. Adler opferte dafür einen Großteil seines persönlichen Vermögens. Victor Adler beschäftigte sich auch theoretisch intensiv mit dem Marxismus und stand mit dessen wichtigstem Theoretiker Friedrich Engels in regem Briefwechsel.
Ort des Hainfelder Parteitags / Foto: SPÖ

Entscheidenden Anteil hatte er daran, dass für den 30. Dezember 1888 ein Parteitag in Hainfeld einberufen wurde, an dem 73 stimmberechtigte Delegierte teilnahmen. Dabei wurde die Spaltung der österreichischen Arbeiterbewegung endgültig überwunden und die Sozialdemokratische Arbeiterpartei Österreichs (SDAP) neu gegründet. 69 Delegierte stimmten für die von Adler konzipierte Prinzipienerklärung, in der es u.a. heißt: Die sozialdemokratische Arbeiterpartei in Österreich erstrebt für das gesamte Volk ohne Unterschied der Nation, der Rasse und des Geschlechtes die Befreiung aus den Fesseln der ökonomischen Abhängigkeit, die Beseitigung der politischen Rechtlosigkeit und die Erhebung aus der geistigen Verkümmerung...

Foto: VGA

Victor Adler war nun der unumstrittene Führer der österreichischen Arbeiterbewegung und maßgeblich an der Abfassung des Brünner Nationalitätenprogramms von 1899 beteiligt. Wegen seiner politischen Aktivitäten wurde er 17 mal gerichtlich verurteilt und verbrachte insgesamt 18 Monate in Gefängnissen  u.a. auch im Jahre 1890, als die Arbeiter zum ersten Mal den 1. Mai als internationalen Kampftag feierten, ein Beschluss, zu dem Adler als Delegierter beim Gründungskongress der Zweiten Internationale 1889 in Paris wesentlich beigetragen hatte.

1901 wurde Adler in den niederösterreichischen Landtag gewählt Wien gehörte damals noch zu Nieder-
österreich , 1905 in den Reichstag, wo er sich entschieden für das allgemeine Wahlrecht und gegen den drohenden Krieg engagierte.
Zu Beginn des Ersten Weltkriegs sah er Österreich-Ungarn allerdings in einen Verteidigungskrieg verwickelt und setzte in seiner Partei gegen den Widerstand des linken Flügels, dem auch sein Sohn Friedrich angehörte, die Unterstützung der Kriegspolitik durch. Unter dem Eindruck des Attentats Friedrich Adlers auf Ministerpräsident Stürgkh und der allgemein wachsenden Kriegsmüdigkeit der Bevölkerung änderte die sozialdemokratische Führung jedoch ihre Haltung und forderte schließlich vehement die rasche Beendigung des Krieges.

Als nach dem Zusammenbruch der Monarchie Karl Renner eine provisorische Regierung bildete, berief er den zu diesem Zeitpunkt bereits schwer kranken Victor Adler, der für den Anschluss von Deutsch-Österreich an das Deutsche Reich eintrat, als Staats-
sekretär für Äußeres.
Foto: VGA
Am 9. November 1918 hielt Adler im Staatsrat seine letzte Rede; am 11. November, nur einen Tag vor der Proklamation der demokratischen Republik Deutsch-Österreich, starb er.
Ehrengrab am Zentralfriedhof / Foto: Bauer
Republik-Denkmal / Foto: Bauer

Victor Adler wurde am 15. November 1918 in einem von Hubert Gessner geschaffenen Ehrengrab am Wiener Zentralfriedhof beigesetzt.

Der Viktor-Adler-Platz (sic!) in Favoriten und der 1923/24 nach
Plänen von Engelbert Mang errichtete Victor-Adler-Hof, 10., Triester
Straße 57-65, wurden nach dem ersten Vorsitzenden der Sozial-
demokratischen Partei Österreichs benannt.

Eine Büste Victor Adlers von Anton Hanak befindet sich am Republik-Denkmal in Wien.

In der Gumpendorfer Straße 54 in Mariahilf erinnert eine Gedenktafel mit einem Bronzeporträtrelief von Fritz Cremer daran, dass Victor Adler von 1905 bis zu seinem Tod in diesem Haus wohnte: Dr. Victor Adler. Arzt der Notleidenden – Vorkämpfer der Arbeiterklasse – Begründer der österr. Sozialdemokratie – Reichsratsabgeordneter – Mitbegründer der Republik Österreich wohnte in diesem Hause von November 1905 bis zu seinem Tode am 11. November 1918.

Am Vereinshaus der Kleingartenanlage Zwillingsee (Wienerberg) in Favoriten befindet sich eine weitere Victor Adler-Büste. Das Vereinshaus war früher das Haus des Arbeiterbetriebsrates der Wiener Ziegelwerke, über deren katastrophale Arbeitsbedingungen Victor Adler 1888 eine aufrüttelnde Reportage verfasste.

Die Victor-Adler-Plakette ist die höchste Auszeichnung der SPÖ für besondere Verdienste um die österreichische Arbeiterbewegung. Voraussetzung für die Verleihung ist die Vollendung des 60. Lebensjahres sowie eine mindestens 40jährige Parteizugehörigkeit.

In einem eigenen Victor-Adler-Gedenkraum in den Räumlichkeiten des Vereins für Geschichte der Arbeiterbe-
wegung
sind Fotos und Unikate aus dem Schriften- und Dokumentennachlass Adlers ausgestellt.

Werk: Aufsätze, Reden und Briefe, 11 Bände, 1922-29.
Literatur: Julius Braunthal, Victor und Friedrich Adler. Zwei Generationen Arbeiterbewegung, 1965; Franz Kreuzer, Was wir ersehnen von der Zukunft Fernen, 1988; Lucian O. Meysels, Victor Adler, 1997; Victor Adler im Spiegel seiner Zeitgenossen, 1968.
 
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