37. Deutscher Krimipreis 2020

National

1. Platz: Zoë Beck: Paradise City (Suhrkamp)

Deutschland in der Zukunft. Die Küsten sind überschwemmt, weite Teile des Landes sind entvölkert, und die Natur erobert sich verlassene Ortschaften zurück. Berlin ist nur noch eine Kulisse für Touristen. Regierungssitz ist Frankfurt, das mit dem gesamten Rhein-Main-Gebiet zu einer einzigen Megacity verschmolzen ist. Dort, wo es eine Infrastruktur gibt, funktioniert sie einwandfrei. Nahezu das gesamte Leben wird von Algorithmen gesteuert. Allen geht es gut – solange sie keine Fragen stellen.

Von „sehr gesunden Menschen und hässlichen Wahrheiten“: „In diesem wirklichkeitsnahen Zukunftsszenario sind Freiheit, Wahrheit und Selbstbestimmung der Preis, den Menschen für bequeme Versorgung und ihren bequemen Glauben an ein funktionierendes System zu zahlen haben. Und die erschreckende Erkenntnis ist, dass manchen dieser Preis offenbar nicht zu hoch ist.“ (Sonja Hartl, Deutschlandfunk Kultur)

2. Platz: Max Annas: Morduntersuchungskommission. Der Fall Melchior Nikoleit(Rowohlt)

Jena, 1985. Ein junger Mann ist ermordet worden. Ein Punker, so nennen sich diese Gestalten, die vom sozialistischen Staatswesen so schwer auf Linie zu bringen sind. Die Ermittler der Morduntersuchungskommission um Oberleutnant Otto Castorp nehmen schnell den Vater des Opfers ins Visier, einen Antiquitätenhändler mit Westkontakt, der dem Arbeiter- und Bauernstaat feindselig gegenüber steht. Der Ermordete, das weiß Castorp, hatte sich als Informeller Mitarbeiter bei der Staatssicherheit verpflichtet. Zudem scheint der Fall auch mit einer Einbruchsserie in der Stadt zu tun zu haben. Und mit alten Geschichten. Sehr alten, sehr finsteren Geschichten – sie reichen zurück in die Zeit vor 1945.

„Bis in die Details hinein ist die Geschichte, die er uns erzählt, DDR 1985 – und damit zugleich ein kompaktes, starkes Kapitel der nie endenden großen Erzählung von Unordnung und Gewalt.“ (Tobias Gohlis, Deutschlandfunk Kultur)

3. Platz: Frank Göhre: Verdammte Liebe Amsterdam(CulturBooks)

Ein Toter auf einem Autobahnrastplatz, eine verschwundene Fünfzehnjährige, korrupte Polizisten – und mittendrin ein Mann, der wissen will, warum sein Bruder sterben musste. Zehn Jahre nach seinem letzten Roman zeigt sich der zweifache Gewinner des Deutschen Krimipreises auf der Höhe seines Könnens. Ein rasantes Roadmovie zwischen Hamburg, Köln und Amsterdam.

„Göhre erzählt knapp, auf den Punkt, ohne aufwendige Kunstgriffe, aber mit hohem Bewusstsein dafür, was er tut. Die Lakonie und Ironie, die grimmige Komik des Textes sind nicht unterstrichen, sie sind wie beiläufig eingearbeitet und wirken genau deswegen. Die politische Dimension … steckt in seiner literarischen Haltung … sein Blick ist der Blick ‚von unten‘. Göhre ist vielleicht der letzte deutsche Hardboiled-Autor – und er ist so gut, wie er am Anfang seiner Karriere war.“ (Thomas Wörtche, Deutschlandfunk Kultur)


International

1. Platz: Denise Mina: Götter und Tiere (Argument/Ariadne)

Mit einem fremden kleinen Jungen im Arm hockt Martin im Glasgower Dezemberregen auf einer Bordsteinkante. Beide sind blutbespritzt und halb taub. Doch im Gegensatz zum Großvater des Jungen leben sie noch. Ein Überfall auf eine Postfiliale endet im Blutbad. Martin, selbst noch unter Schock, muss jetzt einige Fragen beantworten. Schon seine Herkunft gibt Kriminalermittlerin Alex Morrow Rätsel auf, und auch sonst scheint der junge Mann ein besonders undurchsichtiger Typ zu sein. Was bedeuten die seltsamen Tattoos, die er trägt? Und warum steht auf seinem Hals Beasts – Tiere?

„Denise Mina nutzt diesen Fall als Aufhänger, um die Glasgower Stadtgesellschaft zu skizzieren und auch zu sezieren, dabei zieht sie einen Bogen von Kleine-Leute-Milieus über Politik und Polizei natürlich bis hin zum organisierten Verbrechen, und zwar mit jeder Menge spektakulärer Wendungen bis ganz zum Schluss. Reife, intelligente Kriminalliteratur vom Feinsten; die Schottin Denise Mina gehört zu den besten GenrekünstlerInnen Europas.“ (Ulrich Noller, WDR/Cosmo)

2. Platz: Garry Disher: Hope Hill Drive (Unionsverlag)

Die Dezemberhitze brennt auf die trockenen Felder und den flimmernden Asphalt im australischen Tiverton. Constable Paul Hirschhausen leitet die Polizeistation der Kleinstadt im staubigen Niemandsland. Bagatelldiebstähle, Trunkenheit am Steuer – Hirsch hat nicht allzu viel zu tun. Bis ein Pferdemassaker die Anwohner erschüttert und dem Constable Rätsel aufgibt. Die Medien wittern eine Story und fallen in Tiverton ein. Hirsch muss die Gemüter beruhigen, doch als auch noch eine Leiche gefunden wird, überschlagen sich die Ereignisse. Hinter den rostigen Gattern der entlegenen Farmen stößt Hirsch auf schlummernde Leidenschaften und explosive Gewalt.

„Die Balance zwischen Realismus und moderater Action ist perfekt. Und wieder einmal zeichnet Garry Disher ein differenziertes Gesellschaftsbild aus dem abgelegenen Australien, wo sich nicht nur Kängurus und Giftschlangen Gute Nacht sagen, sondern auch Menschen aller Charakter-Schattierungen.“ (Sylvia Staude, Frankfurter Rundschau)

3. Platz: Young-ha Kim: Aufzeichnungen eines Serienmörders (cass verlag)

Tierarzt Byongsu Kim ist „pensionierter“ Serienmörder. Er verbringt seine Zeit damit, Klassiker zu lesen und Gedichte zu schreiben. Kurz nachdem er in seinem Viertel einem Mann begegnet, den er als seinesgleichen erkennt, wird bei ihm beginnende Demenz diagnostiziert. Um seine Tochter zu beschützen, plant der alte Mann, mit seinem schwindenden Gedächtnis kämpfend, einen letzten Mord.

„Es ist ein tiefschwarzhumoriges Nachdenken über das Leben und das Sterben, das man in ‚Aufzeichnungen eines Serienmörders‘ findet. Es geht um den Stellenwert von Kunst, es gibt Seitenhiebe auf beliebte Serienmörder-Topoi – und eine langsame Auflösung der Hauptfigur. Sehr, sehr lesenswert!“ (Sonja Hartl, Zeilenkino)


Die Jury: Volker Albers (Hamburger Krimifestival) / Andreas Ammer (ARD) / Claudia Denker (Buchhandlung Chatwins, Berlin) / Jens Dirksen (WAZ Kultur) / Monika Dobler (Krimibuchhandlung Glatteis, München) / Christiane Dreiling (Buchladen Neusser Straße einzigundartig, Köln) / Joachim Feldmann (Kritiker) / Tobias Gohlis (Krimikolumnist Die ZEIT) / Günther Grosser (Kritiker) / Sonja Hartl (Kritikerin) / Cornelia Hüppe (Krimibuchhandlung Miss Marple, Berlin) / Reinhard Jahn (Bochumer Krimi Archiv) / Christian Koch (Krimibuchhandlung Hammett, Berlin) / Alf Mayer (Kritiker CrimeMag) / Torsten Meinicke (Buchladen in der Osterstraße, Hamburg), Peter Münder (Kritiker) / Ulrich Noller (WDR) / Michaela Pelz (krimi-forum.de) / Thomas Przybilka (BoKAS) / Kirsten Reimers (Kritikerin) / Robert Schekulin (Kritiker, Buchhändler) / Jan C. Schmidt (kaliber38.de) / Sylvia Staude (Frankfurter Rundschau) / Bettina Thienhaus (Kritikerin) / Jutta Wilkesmann (Krimibuchhandlung Die Wendeltreppe, Frankfurt) / Thomas Wörtche (Kritiker)

Die Kritiker:innen der Jury stimmen nicht für Titel, an deren Veröffentlichung sie aktiv beteiligt sind. Thomas Wörtche stimmt zudem nicht für Titel des Suhrkamp Verlags.


Der Deutsche Krimipreis ist der älteste deutsche Krimipreis. Seit 1985 zeichnet eine Jury aus Krimi-Kritiker*innen, Literaturwissenschaftler*innen und Krimi-Buchhändler*innen die besten Kriminalromane des Jahres aus.

Mit dem Deutschen Krimipreis – vergeben in den Kategorien National und International – werden jeweils drei Romane gewürdigt, die inhaltlich originell und literarisch gekonnt dem Genre neue Impulse verleihen.

Der Deutsche Krimipreis ist undotiert und wird – ungewöhnlich in der Szene der Literaturpreise – in der Regel nicht öffentlich verliehen, sondern lediglich der Öffentlichkeit bekannt gegeben.

Auf dieser Seite finden Sie Informationen darüber, wer zur Jury gehört und wie die Teilnahmebedingungen sind. Außerdem können Sie sich über die Entstehung und Geschichte des Preises informieren.

Hier geht es zum Archiv: den Preisträgern von 1985 bis 2018 sowie zu den 119 besten Kriminalromanen aller Zeiten, die die von einer Jury ermittelt wurden.

Für alle Fragen, die nicht in der FAQ zum Deutschen Krimipreis beantwortet werden, gibt es die Möglichkeit, Kontakt mit der Organisatorin aufzunehmen.

36. Deutscher Krimipreis für das Jahr 2019

National

1. Platz: Johannes Groschupf: Berlin Prepper (Suhrkamp)

Als Online-Redakteur bei einer großen Tageszeitung muss Walter Noack die Pöbeleien und Hasstiraden in den Kommentaren löschen. Tausende Male am Tag ist er mit den widerwärtigsten Beschimpfungen konfrontiert. Sein Nervenkostüm wird noch dünner, als er und später eine Kollegin von Unbekannten anscheinend grundlos zusammengeschlagen werden und er auch noch einen privaten Verlust erleiden muss. Die Polizei zeigt sich bei all dem machtlos. Das tägliche Gift, der Dauerhass sickert schließlich auch in Noacks Seele. Er schliddert allmählich in die trübe Szene von waffenhortenden Preppers, Reichs- und Wehrbürgern, abgestoßen und fasziniert zugleich.

„Tief gräbt sich Johannes Groschupf in die Wahrnehmung eines Mannes, der vorbereitet sein will, aber zunehmend das Gefühl hat, die Welt nicht mehr zu verstehen. (…) Mit einem sehr genauen Gespür für Sprache und Orte verankert Groschupf seinen Kriminalroman eindrucksvoll im Berlin der Gegenwart und verbindet komplexe gesellschaftliche Entwicklungen mit markanten Figuren und gelungenen Dialogen. ‚Berlin Prepper‘ ist ein Berlinroman, ein Gegenwartsroman, ein Kriminalroman; schnell, hart und gut.“ (Sonja Hartl, Deutschlandfunk Kultur)

2. Platz: Regina Nössler: Die Putzhilfe (konkursbuch)

Die promovierte Soziologin Franziska lässt in der Münsterländer Provinz Mann, Haus und Karriere hinter sich, um in Berlin unterzutauchen. Als die Geldreserven schwinden, verdingt sie sich als Putzhilfe. Doch ihre neue Arbeitgeberin hat genauso etwas zu verbergen wie Franziska auch. Hinzu kommt eine herumstreunende Jugendliche aus Neukölln, die beginnt, Franziska zu verfolgen. Raffiniertes Spiel aus Krimi- und Sozialklischees, konsequent aus der Perspektive der drei Frauen erzählt.

„Regina Nössler spielt virtuos auf dem Klavier der umlaufenden Vorurteile. (…) ‚Die Putzhilfe‘ handelt von Kontrolle und sozialen Normen, von Einengung und Befreiung, von realer und eingebildeter Überforderung. Alle diese Themen bilden den schwebenden Hintergrund einer ebenso überraschenden wie spannungsreichen Handlung.“ (Tobias Gohlis, Deutschlandfunk Kultur)

3. Platz: Max Annas: Morduntersuchungskommission (Rowohlt)

An einer Bahnstrecke nahe Jena wird 1983 eine entstellte Leiche gefunden. Wie ist der junge Mosambikaner zu Tode gekommen? Oberleutnant Otto Castorp von der Morduntersuchungskommission Gera sucht Zeugen und stößt auf Schweigen. Doch Indizien weisen auf ein rassistisches Verbrechen. Als sich dies nicht länger übersehen lässt, werden die Ermittlungen auf Weisung von oben eingestellt. Denn so ein Mord ist in der DDR nicht vorstellbar. Also ermittelt Otto Castorp auf eigene Faust weiter. Und wird dabei beobachtet. Ein eminent politisches Buch nach einem historischen Fall.

„Der nüchterne, unspektakuläre, fast protokollarische Stil, den Annas für diesen Roman gewählt hat, erzeugt eine Art Objektivität, mit der die bedrückenden Lebensverhältnisse einer dauerüberwachten Mangelgesellschaft intensiv spürbar werden, ebenso wie die brüchigen Arrangements damit, die die Menschen, die dort leben, eingehen müssen. Dass Gewaltexplosionen eine solche oberflächliche Friedhofsruhe interpunktieren, ist dann nur logisch.“ (Thomas Wörtche, Deutschlandfunk Kultur)


International

1. Platz: Hannelore Cayre: Die Alte (Argument/Ariadne)

Madame Portefeux, die Arabischübersetzerin mit den Patience-blauen Augen, führt ein Scheißleben. Die Kohle ist knapp, die alte Mutter liegt im Sterben, die Welt biegt sich vor Ungerechtigkeit. Dann tut sich unverhofft eine Chance auf, die einfach ergriffen werden muss. Und alles wird anders.

„Cayres Prosa ist von rasanter Lakonie, biestig, boshaft, ätzend, tödlich präzise, scheuklappenfrei und dabei sensibel. Ihre Komik balanciert dabei clever zwischen Handlungs- und Sprachkomik, aber wer in ‚Die Alte‘ eine Satire sehen möchte, irrt. Satire überzeichnet. Hannelore Cayres Romans dagegen trifft die gesellschaftlichen Verhältnisse schon fast hyperrealistisch.“ (Thomas Wörtche, Deutschlandfunk Kultur)

2. Platz: Dror Mishani: Drei (Diogenes)

Eine Frau sucht ein wenig Trost, nachdem ihr Mann sie und ihren Sohn verlassen hat. Eine zweite Frau sucht nach einem Zuhause und nach einem Zeichen von Gott, dass sie auf dem richtigen Weg ist. Eine dritte Frau sucht etwas ganz anderes. Sie alle finden denselben Mann. Es gibt vieles, was sie nicht über ihn wissen, denn er sagt ihnen nicht die Wahrheit. Aber auch er weiß nicht alles über sie.

„Dror Mishanis Roman ‚Drei‘ ist eine gefährliche Lektüre. Auf mehreren Ebenen. (…) Der Erzähler lässt [den Leser] verstört und unbefriedigt zurück: Er erhält keine Erklärung für die Bösartigkeit und Grausamkeit, die er miterleben musste. Gerade deshalb ist Dror Mishanis ‚Drei‘ ein hervorragender Kriminalroman. Denn er handelt überaus kunstvoll vom heißen Kern unserer Moral – und dem der Kriminalliteratur: der Unbegreiflichkeit des Verbrechens.“ (Tobias Gohlis, Deutschlandfunk Kultur)

3. Platz: Denise Mina: Klare Sache (Argument/Ariadne)

Anna McDonald führt in Glasgow ein unauffälliges Leben. Ihre Leidenschaft sind True-Crime-Podcasts. Eintauchen in eine Parallelwelt voller Rätsel und ungelöster Verbrechen … Ihr neuer Podcast klingt besonders verheißungsvoll: „Der Tod und die Dana“. Ein versunkenes Schiff, ein uralter Fluch, Explosion und Mord. Was will man mehr? Aber auf Anna wartet eine böse Überraschung.

„‚Klare Sache‘ ist ein wildes, sprunghaftes Buch – allerdings gelingt es Denise Mina, die vielen disparaten Themen (Promis, die von Fans belästigt werden, hohe Investitionen in Fußballclubs, Steuerbetrug, Prekariat und Protz) lässig zu integrieren. Es hilft, dass ihre Figuren glaubwürdig sind, aber doch auch mit kräftigem Strich gezeichnete Typen. (…) Sie sind so originell wie einprägsam und sind trotzdem keine Schwarz-weiß-Charaktere.“ (Sylvia Staude, Frankfurter Rundschau)


Die Jury: Volker Albers (Hamburger Krimifestival) / Andreas Ammer / Claudia Denker (Buchhandlung Chatwins, Berlin) / Jens Dirksen (WAZ Kultur) / Monika Dobler (Krimibuchhandlung Glatteis, München) / Christiane Dreiling (Buchladen Neusser Straße einzigundartig, Köln) / Joachim Feldmann (Kritiker) / Tobias Gohlis (Krimikolumnist Die ZEIT) / Günther Grosser (Kritiker) / Sonja Hartl (Kritikerin) / Cornelia Hüppe (Krimibuchhandlung Miss Marple, Berlin) / Reinhard Jahn (Bochumer Krimi Archiv) / Hermann Kling (Kritiker) / Christian Koch (Krimibuchhandlung Hammett, Berlin) / Alf Mayer (Kritiker CrimeMag) / Torsten Meinicke (Buchladen in der Osterstraße, Hamburg), Peter Münder (Kritiker) / Ulrich Noller (WDR) / Michaela Pelz (krimi-forum.de) / Thomas Przybilka (BoKAS) / Kirsten Reimers (Kritikerin) / Robert Schekulin (Kritiker, Buchhändler) / Joachim Schneider-Sacotte (Kritiker) / Jan C. Schmidt (kaliber38.de) / Sylvia Staude (Frankfurter Rundschau) / Bettina Thienhaus (Kritikerin) / Jutta Wilkesmann (Krimibuchhandlung Die Wendeltreppe, Frankfurt) / Thomas Wörtche (Kritiker)

Die Kritiker*innen der Jury stimmen nicht für Titel, an deren Veröffentlichung sie aktiv beteiligt sind. Thomas Wörtche stimmt zudem nicht für Titel des Suhrkamp Verlags.


Der Deutsche Krimipreis ist der älteste deutsche Krimipreis. Seit 1985 zeichnet eine Jury aus Krimi-Kritiker*innen, Literaturwissenschaftler*innen und Krimi-Buchhändler*innen die besten Kriminalromane des Jahres aus.

Mit dem Deutschen Krimipreis – vergeben in den Kategorien National und International – werden jeweils drei Romane gewürdigt, die inhaltlich originell und literarisch gekonnt dem Genre neue Impulse verleihen.

Der Deutsche Krimipreis ist undotiert und wird – ungewöhnlich in der Szene der Literaturpreise – in der Regel nicht öffentlich verliehen, sondern lediglich der Öffentlichkeit bekannt gegeben.

Auf dieser Seite finden Sie Informationen darüber, wer zur Jury gehört und wie die Teilnahmebedingungen sind. Außerdem können Sie sich über die Entstehung und Geschichte des Preises informieren.

Hier geht es zum Archiv: den Preisträgern von 1985 bis 2018 sowie zu den 119 besten Kriminalromanen aller Zeiten, die die von einer Jury ermittelt wurden.

Für alle Fragen, die nicht in der FAQ zum Deutschen Krimipreis beantwortet werden, gibt es die Möglichkeit, Kontakt mit der Organisatorin aufzunehmen.

35. Deutscher Krimipreis 2019

National Preisträger Deutscher Krimipreis 2019 Kategorie National

1. Platz: Simone Buchholz: Mexikoring (Suhrkamp)

In Hamburg brennen die Autos. Jede Nacht, wahllos angezündet. Aber in dieser einen Nacht am Mexikoring, einem Bürohochhäuserghetto im Norden der Stadt, sitzt noch jemand in seinem Fiat, als der anfängt zu brennen: Nouri Saroukhan, der verlorene Sohn eines Clans aus Bremen. War er es leid, vor seiner Familie davonzulaufen? Hat die ihn in Brand setzen lassen? Und was ist da los, wenn die Gangsterkinder von der Weser neuerdings an der Alster sterben?

„[In] in diesem Buch [ist] auf jeder Seite eine Haltung gegenüber der Welt zu erkennen (…), die nicht ausgestellt oder gar ausbuchstabiert werden muss. Schon deshalb lassen sich die Bücher von Simone Buchholz nicht einer Kategorie zuordnen – sie sind keine Lokalkrimis, keine St. Pauli-Romane oder Hamburg Noirs. (…) Simone Buchholz beweist mit jedem Buch ihrer Reihe noch mehr, dass es in der deutschsprachigen Kriminalliteratur sehr viel mehr gibt als Regional- und Tourismuskrimis.“ (Sonja Hartl)

2. Platz: Matthias Wittekindt: Die Tankstelle von Courcelles (Edition Nautilus)

Ohayons erster Fall: Die Vogesen in den 1970er Jahren: grün, friedlich, ein wenig am Rand von allem. Hier wächst abgeschieden eine Gruppe von Kindern zu Jugendlichen heran, die mehr oder weniger subtile Rangkämpfe ausfechten. Als Lou, die nachts an der Tankstelle jobbt, Zeugin eines Verbrechens wird, ändert sich alles: ein erschossener Fahrer neben seinem Auto, ein verwaister Lieferwagen, aus dem Spender gerissene Papiertücher, als hätte jemand dort etwas gesucht – was ist passiert? War Lou wirklich nur Zeugin? Oder hat sie die Gunst der Stunde zu einer Tat genutzt, deren Folgen sie nicht absehen konnte?

„Die ruhige, fast stille, völlig uneitle und souveräne Prosa, die es nicht nötig hat, ihre eigene Brillanz zu feiern, macht die hohe Qualität des Romans aus. Der Kriminalfall selbst (…) wirkt fast unauffällig platziert, ist aber dennoch das entscheidende Ereignis des Buches, von dem aus sich Vergangenheit (…) und Zukunft der handelnden Personen entfaltet. (…) Exakt diese Überschneidung von privatem und öffentlichem Raum ist das Kerngeschäft guter Kriminalliteratur, auch wenn sie nicht auf sensationelle Effekte setzt. Deswegen ist ‚Die Tankstelle von Courcelles‘ ein großartiger Kriminalroman.“ (Thomas Wörtche)

3. Platz: Max Annas: Finsterwalde (Rowohlt)

So könnte es kommen, vielleicht schon sehr bald: Die EU gibt es nicht mehr. Überall in Europa haben Nationalisten und Fremdenfeinde das Sagen. Leute ohne deutschen Pass werden aus ihren Wohnungen abgeholt, Staatsbürgerschaften aufgekündigt. Die meisten Deutschen mit fremden Wurzeln befinden sich in Übergangslagern, sie hoffen auf eine internationale Lösung, ein Abkommen mit einem Land, das sie aufnehmen wird. In Finsterwalde, einer geräumten Provinzstadt, hat man Tausende Schwarze kaserniert. Unter ihnen Marie mit ihren beiden Kindern. Da geht das Gerücht, in Berlin seien drei schwarze Kinder zurückgeblieben, vergessen von allen. Marie beschließt, einen Weg aus dem Lager zu finden, um die drei vor dem sicheren Tod zu retten.

„Max Annas hält mit seinem spektakulären Entwurf der Gegenwart mit ihren Hass-Debatten auf radikalste Weise den Zerr-Spiegel vor – und er bezieht dabei nicht minder radikal Position. (…) „Finsterwalde“ ist ein sehr smart geplotteter und dramatisierter Thriller, der in Hochgeschwindigkeit exzellent mit den Mitteln des Genres operiert – und ein kontroverser Polit-Roman zur Zeit, der mit immenser Energie am Nerv der Dinge bohrt, die nicht bloß die Zukunft, sondern auch die Gegenwart in Deutschland derzeit eben alles andere als licht und freundlich scheinen lassen. Der Plan, den Max Annas wohl hatte, als er sich diesen Roman ausdachte, er geht auf, in vielfacher Hinsicht.“ (Ulrich Noller)


International

Deutscher Krimipreis 2019 Preisträger International

1. Platz: Hideo Yokoyama: 64 (Atrium)

Im Januar 1989 wird in Tokio ein siebenjähriges Mädchen entführt. Tagelang versuchen die Eltern alles, um die Forderungen des Entführers zu erfüllen. Doch alle Bemühungen sind vergebens. Der Entführer entkommt unerkannt mit dem Lösegeld, kurz darauf wird die Leiche des Mädchens gefunden. Die Ermittlungen der Polizei laufen ins Leere, der Fall geht unter dem Aktenzeichen 64 als ungelöstes Drama in die Kriminalgeschichte Japans ein. Vierzehn Jahre später verschwindet die Tochter von Yoshinobu Mikami, dem Pressesprecher eines kleinen Polizeireviers. Mikami, selbst Gefangener eines übermächtigen Verwaltungsapparats, stößt kurz darauf auf ein geheimes Memo zu Fall 64. Getrieben von einer dunklen Ahnung beginnt er, auf eigene Faust zu ermitteln.

„Auf knapp 800 Seiten (…) erzählt Hideo Yokoyama eine sich langsam, aber unerbittlich, detailliert, aber immer wieder auch rasant entwickelnde Geschichte. (…) Ein Kriminalroman als Gesellschaftspanorama, das ist nichts Neues. Aber die Tiefe der Einblicke, die Hideo Yokoyama in eine fremde Lebensweise und ihre sozialen Regeln gestattet, möchte man für beispiellos halten.“ (Sylvia Staude)

2. Platz: Tom Franklin: Krumme Type, krumme Type (Pulp Master)

Als die neunzehnjährige Tina Rutherford verschwindet, ist jedem in Chabot, Mississippi klar, wer dafür verantwortlich ist. Denn 25 Jahre zuvor war schon die junge Cindy Walker nach einem Date mit dem Nachbarssohn Larry Ott spurlos verschwunden. Für das Verbrechen konnte Larry aus Mangel an Beweisen nie verurteilt werden, wurde aber fortan gemieden und lebte in ritualisierter Einsamkeit. Erneut unter Verdacht, ist sein Haus vermehrt Ziel betrunkener Rednecks; er wird angeschossen und der junge schwarze Constable Silas Jones mit den lästigen Ermittlungen betraut – eine gemeinsame Vergangenheit und ein dunkles Geheimnis verbinden ihn mit Larry.

„Kunstvoll zwischen damals und heute springend, rollt Tom Franklin die Geschichte einer Freundschaft auf: ein trostloses Panorama von Angst, Armut und Rassismus. Schweigen liegt wie eine finstere Wolke über den Beziehungen der Menschen. Als Wahrheit zählt nur, was mit dem Vorurteil übereinstimmt. (…) Tom Franklins ‚Krumme Type, krumme Type‘ (…) ist ein trauriges, großes Buch.“ (Tobias Gohlis)

3. Platz: Denise Mina: Blut Salz Wasser (Ariadne bei Argument)

Helensburgh am River Clyde, Refugium für Reiche und Touristen: Verloren irrt ein Mörder durch die malerischen Gässchen, während Kriminalinspektorin Alex Morrow nach einer verschwundenen Geldwäscherin sucht. Und das bevorstehende Referendum bringt zusätzlich Unruhe ins Gefüge.

„(…) Denise Mina (behält) stets den Überblick über die verschiedenen Erzählstränge – und verflicht sie am Ende virtuos. Zudem zeichnet sie ein scharfer Blick für gesellschaftliche Realitäten aus. Misogynie (…) durchzieht konstant die Gesellschaft. Auch Verbrechen und Kriminalität sind nicht Abnormitäten, sondern strukturelle Elemente einer Gesellschaft, die auf Betrug und Geldwäsche beruht. (…) In ‚Blut Salz Wasser‘ dekonstruiert Denise Mina eindrucksvoll den konservativen Glauben, dass mit der Überführung des Täters alles wieder gut und die Ordnung wiederhergestellt sei.“ (Sonja Hartl)


Die Jury

Volker Albers (Hamburger Krimifestival) / Andreas Ammer (ARD) / Claudia Denker (Buchhandlung Chatwins, Berlin) / Monika Dobler (Krimibuchhandlung Glatteis, München) / Christiane Dreiling (Buchladen Neusser Straße einzigundartig, Köln) / Joachim Feldmann (Kritiker) / Tobias Gohlis (Die Zeit) / Günther Grosser (Kritiker) / Sonja Hartl (Kritikerin) / Cornelia Hüppe (Krimibuchhandlung Miss Marple, Berlin) / Reinhard Jahn (Bochumer Krimi Archiv) / Hermann Kling (Kritiker) / Christian Koch (Krimibuchhandlung Hammett, Berlin) / Alf Mayer (Kritiker CrimeMag) / Torsten Meinicke (Buchladen in der Osterstraße, Hamburg), Peter Münder (Kritiker) / Ulrich Noller (WDR) / Michaela Pelz (krimi-forum.de) / Thomas Przybilka (BoKAS) / Kirsten Reimers (Kritikerin) / Robert Schekulin (Kritiker, Buchhändler) / Jan C. Schmidt (kaliber38.de) / Sylvia Staude (Frankfurter Rundschau) / Bettina Thienhaus (Kritikerin) / Jutta Wilkesmann (Krimibuchhandlung Die Wendeltreppe, Frankfurt) / Thomas Wörtche (Kritiker)


Der Deutsche Krimipreis ist der älteste deutsche Krimipreis. Seit 1985 zeichnet eine Jury aus Krimi-Kritiker*innen, Literaturwissenschaftler*innen und Krimi-Buchhändler*innen die besten Kriminalromane des Jahres aus.

Mit dem Deutschen Krimipreis – vergeben in den Kategorien National und International – werden jeweils drei Romane gewürdigt, die inhaltlich originell und literarisch gekonnt dem Genre neue Impulse verleihen.

Der Deutsche Krimipreis ist undotiert und wird – ungewöhnlich in der Szene der Literaturpreise – in der Regel nicht öffentlich verliehen, sondern lediglich der Öffentlichkeit bekannt gegeben.

Auf dieser Seite finden Sie Informationen darüber, wer zur Jury gehört und wie die Teilnahmebedingungen sind. Außerdem können Sie sich über die Entstehung und Geschichte des Preises informieren.

Hier geht es zum Archiv: den Preisträgern von 1985 bis 2018 sowie zu den 119 besten Kriminalromanen aller Zeiten, die die von einer Jury ermittelt wurden.

Für alle Fragen, die nicht in der FAQ zum Deutschen Krimipreis beantwortet werden, gibt es die Möglichkeit, Kontakt mit der Organisatorin aufzunehmen.