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Pinochets Putsch gegen Allende

Vor 40 Jahren stürzte das Militär in Chile Präsident Salvador Allende

Von Gaby Weber

Der ehemalige chilenische Präsident Salvador Allende
Der ehemalige chilenische Präsident Salvador Allende (AP Archiv)

Die Hoffnung vieler Oppositionspolitiker, dass die Generäle "nur" mit den Sozialisten von Salvador Allende aufräumen, erfüllte sich nicht. 17 Jahre blieb das Militär nach dem blutigen Putsch von General Augusto Pinochet an der Macht. Zehntausende Menschen wurden brutal gefoltert, 3000 ermordet. Auch die USA sollen ihre Finger im Spiel gehabt haben.

Seit Tagen kursierten in Chile Putschgerüchte, Arbeiter forderten Gewehre. Doch der Sozialist Salvador Allende, Präsident der Volksfront-Regierung, wollte eine Eskalation der Gewalt vermeiden. Am 11. September 1973 bombardierte die Luftwaffe den Regierungspalast. Allende in seiner letzten Rundfunkansprache:

"Die Völker schreiben die Geschichte, und die Geschichte gehört uns. Soziale Entwicklungen sind nicht zu bremsen, weder durch Verbrechen, noch durch Gewalt. Zwar bahnt sich der Verrat gerade seinen Weg. Aber ich habe Vertrauen in Chile und sein Schicksal. Früher oder später werden sich dem neuen, freien Menschen große Alleen auftun."

Währenddessen wurden im ganzen Land Menschen verhaftet und erschossen, das Nationalstadion von Santiago füllte sich mit Regimegegnern. Allende beging noch am gleichen Tag Selbstmord. Am Abend verkündete General Augusto Pinochet:

"Die Streitkräfte haben aus patriotischen Beweggründen eingegriffen, um das Land von dem extremen Chaos zu befreien, in das es von der Regierung des marxistischen Salvador Allende hineingezogen wurde."

Die Gewerkschaften wurden verboten, die Pressefreiheit abgeschafft und der enteignete Grundbesitz zurückgegeben. Zehntausende wurden brutal gefoltert, 3000 ermordet. Anfangs hofften viele Politiker, dass die Generäle "nur" mit den Sozialisten aufräumen und danach die Amtsgeschäfte an die traditionellen Parteien zurückgeben würden. Doch die Militärs fanden Gefallen an der Macht und blieben 17 Jahre lang.

Dass die CIA bei dem Putsch die Fäden gezogen hatte, vermuteten viele. Und später gab die US-Regierung die Dokumente der CIA und des Nationalen Sicherheitsberaters Henry Kissinger frei. Das chilenische Fernsehen fragte: "Wer hat in unserem Land eigentlich Politik gemacht? (…) oder sind wir nur eine Kolonie der Vereinigten Staaten?"

Für das Weiße Haus war der Wahlsieg Allendes eine Katastrophe gewesen, erinnert die Journalistin Mónica González.

"Die meisten lateinamerikanischen Befreiungsbewegungen verfolgten die Ideen Fidel Castros und Che Guevaras und operierten als Guerilla. Allende aber wurde auf demokratischem Weg zum Präsidenten gewählt. Er respektierte die Presse- und Meinungsfreiheit. Dieser "chilenische Weg" war für Washington in seinem Hinterhof eine größere Gefahr als die Guerilla. Denn fast die gesamte europäische Sozialdemokratie identifizierte sich mit diesem Weg."

Bei der Präsidentschaftswahl im Oktober 1970 hatte die CIA die chilenischen Christdemokraten massiv unter Druck gesetzt, damit diese im Kongress nicht für Salvador Allende stimmten.

"Der noch amtierende Präsident Eduardo Frei sollte ein Kabinett aus Militärs ernennen, dann selbst zurücktreten und den Generälen das Feld überlassen. Dies wäre ein 'weicher Staatsstreich' gewesen, wie er drei Jahre später in Uruguay passiert ist."

Doch in Chile erhielt der Wahlsieger immer die Stimmen des gesamten Kongresses, und auch die Christdemokraten wählten den Sozialisten Allende. Deshalb begann die CIA, systematisch die Volkswirtschaft zu sabotieren.

Zehn Millionen Dollar wurden über Werbeagenturen vor allem an die Tageszeitung "El Mercurio" gezahlt, das Kampfblatt gegen die Volksfront. Ihr Besitzer Agustín Edwards, wurde später Vizepräsident von Pepsi Cola.

"(Die CIA) ließ Journalisten Artikel verfassen, in denen die Unterversorgung und die Devisenknappheit übertrieben wurden. Sie schrieben, dass alle klugen Leute und die Unternehmer das Land verlassen, und dass Allende die Wirtschaft zerstört."

Der Zeitungszar Edwards bestreitet die Finanzierung durch die CIA. Er habe in seiner Buchhaltung darüber keine Rechnungen gefunden. Bis heute ist sein "Mercurio" eine angesehene Tageszeitung. Die Christdemokraten hatten seit 1962 CIA-Gelder erhalten. Patricio Aylwin, einer der schärfsten Kritiker Allendes und in den neunziger Jahren Präsident, meinte dazu.

"Ich weiß von einer Finanzierung durch die CIA gar nichts - außer dem, was in der Zeitung steht. Aber was davon wahr ist, kann ich nicht beurteilen."

Mehr zum Thema:
Kritik 2013-07-24 - Die Notizen des Kochs des Präsidenten <br> Roberto Ampuero: "Der letzte Tango des Salvador Allende", Bloomsbury Verlag, Berlin 2013, 445 Seiten *

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