DIE BANALITÄT DES GUTEN
AUTOR: MANFRED WIENINGER
Rezension von Wolfgang Kühn
Stellen Sie sich vor, es ist Krieg und Sie sind mitten drin. Nehmen wir an, es ist Zweiter Weltkrieg. Hitler-Deutschland hat Sie einberufen und Sie sind als Dienststellenleiter der Versprengten-Sammelstelle der Wehrmacht in Wilna / Litauen stationiert, also nicht unbedingt direkt an der Front, aber doch mitten im Kriegsgeschehen. Sie sind ein fröhlicher und geselliger Mensch, sehnen sich nach Ihrer Familie daheim in Wien und hoffen, der schreckliche Krieg möge bald vorüber sein. Da springt eines Abends eine Gestalt aus einem Schatten und bittet Sie flehend, ihr zu helfen, eine junge litauische Jüdin, die vor den Pogromen geflüchtet ist. Nehmen wir an, Sie sind ein guter Mensch oder auch nur ein Mensch und haben Erbarmen angesichts der Notlage eines bedrängten Menschen und helfen dem jungen Mädchen.
Einer unter achtzehn Millionen
In genau diesem Moment haben Sie sich schuldig gemacht, haben sich eines Verbrechens gegenüber der Deutschen Wehrmacht schuldig gemacht. Feldwebel Anton Schmid aus Wien hat sich vieler solcher Verbrechen schuldig gemacht. Über 175 Mitglieder der jüdischen Widerstandsorganisation des Ghettos in Wilna wurden von Anton Schmid nach Bialystok (heutiges Polen) evakuiert und entkamen so der Vernichtung in Wilna. Gut drei Monate lang rettet Anton Schmid Menschenleben, in der zweiten Jännerhälfte 1942 wird er verraten und verhaftet. Am 25. Februar wird er zum Tode verurteilt und am 13. April 1942 erschossen - als vermutlich einziger von achtzehn Millionen Wehrmachtssoldaten, der wegen Judenrettung zum Tode verurteilt und hingerichtet wurde.
Der 1963 in St. Pölten geborene Autor Manfred Wieninger hat in langjähriger mühsamer Recherche ein beeindruckendes und bewegendes Porträt des 1900 geborenen Anton Schmid gezeichnet. Dieser spannende "Roman in Dokumenten" speist sich aus Kriegstagebüchern, Briefen Anton Schmids an seine Frau Stefanie und seine Tochter Gertrude und Erinnerungen, hauptsächlich von Hermann und Anita Adler, durch die Anton Schmid in Kontakt mit der jüdischen Widerstandsorganisation in Wilna kam.
Für die einen war und ist Feldwebel Anton Schmid ein Heiliger, für die anderen ein Verräter, doch an erster Stelle war er Mensch und als solcher hat er auch gehandelt, ohne sich der Tragweite seines Tuns bewusst zu sein.
MANFRED WIENINGER. DIE BANALITÄT DES GUTEN. Verlag der Theodor Kramer Gesellschaft. 2014. ISBN 978-3-901602-56-6
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