Poesie, aufgelesen auf der Zivilisationsmüllhalde. Mit den Novellen »Cyberspasz, a real virtuality« setzt A.J. Weigoni die im Band »Zombies« begonnenen Erforschungen der Trivialmythen fort.
Definierte dieser Romancier mit den »Vignetten« die Literaturgattung Novelle neu und analysierte zugleich mit diesem Instrumentarium den Somnambulismus der Welt, so oszillieren seine neuen Novellen zwischen dem mokanten Blick einer zuweilen herzlich boshaften Zeitgenossenschaft und der Ekstase einer ins Innere der Erscheinungen zielenden Sehnsucht, zwischen den Wonnen der Gewöhnlichkeit und ihrer argwöhnischen Begutachtung.
Literatur ist das Komplementäre zur Wirklichkeit. Wenn Weigoni diese beiden Welten aufeinanderprallen läßt, leuchten sie am hellsten. Die Betrachtung eines Gegensatzes, treibt die poetische Produktivität dieses Romanciers hervor, er erzählt mit dramaturgische Raffinement und erzählerischer Souplesse. Das Genre–Hopping und die Aneignung einer literaturhistorischen Gattung wie der Novelle erlauben es Weigoni, ideologische Barrieren zu transzendieren. Das Schauspiel des allgemeinen Zerfalls weckt in diesem Erzähler den Widerstand, sich der allseitigen digitalen Auflösung mit der eigenen, flüchtigen Person auszuschließen. Der ‚virtual reality’ zieht Weigoni in den Novellen Cyberspasz die reale Virtualität der Poesie vor und plädiert für die Veränderbarkeit der Welt.
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Cyberspasz, a real virtuality, Novellen, Edition Das Labor, Mülheim an der Ruhr 2012.
Coverphoto: Anja Roth
Zombies, Erzählungen, Edition Das Labor, Mülheim an der Ruhr 2010.
Vignetten, Novelle, Edition Das Labor, Mülheim an der Ruhr 2009.
Weiterführend → Eine Reaktion auf Cyberspasz, a real virtuality kann man auf kukultura-extra nachlesen, zusätzlich kann man ein Hintergrundgespräch auf Lyrikwelt.de lesen. Ein nicht minder lesenswerter Essay findet sich auf fixpoetry. Eine Leseprobe findet sich hier und Probehören kann man eine Rezitation von A.J. Weigoni auf MetaPhon die durch Tom Täger vertont wurde.