›Schwierige‹ und ›klare‹ Lyrik

KUNO thematisiert immer wieder gern das Zustandekommen von Kultur. In den kommenden Monaten setzt die Redaktion einen lyrischen Schwerpunkt. Einleitend baten wir den Herausgeber Axel Kutsch um ein paar Worte zu seiner Arbeit an Versnetze:

 

Die deutschsprachige Lyrik der Gegenwart bietet vor allem in Literaturzeitschriften und im Internet immer wieder einmal Anlaß zu Diskussionen. Dabei geht es unter anderem  um die Frage, ob sie nicht großenteils zu schwierig, verschlüsselt, elitär oder gar unverständlich sei, um ein breitere Leserschaft zu erreichen. Gerade die moderne Poesie war hierzulande noch nie massentauglich. Und kaum ein Autor wird mit seinen Gedichten einen vemeintlichen Publikumsgeschmack bedienen wollen. So wird die Lyrik weiterhin jenseits der Bestsellerlisten ihr langes Leben fortsetzen und Leser finden, die bereit sind, sich auch auf das Schwierige und mitunter Unverständliche einzulassen.
In Versnetze_fünf wird man zahlreiche Beispiele jener Poesie finden, die sich dem raschen Verstehen entzieht. Es schadet der Gesundheit nicht, wenn man sich längere Zeit mit einem Gedicht beschäftigt und am Ende doch noch das eine oder andere Rätsel offen bleibt. Allerdings lege ich als Herausgeber dieser Reihe auch immer Wert darauf, dem leichter zugänglichen, sagen wir: dem „klaren“ Gedicht ein Forum zu bieten.
Die Versnetze-Bände sind nicht einseitig bzw. stromlinienförmig ausgerichtet. Sie haben ihre Ecken und Kanten. Experimentelle und ungeläufige, sperrige Texte sind ebenso darin zu finden wie pointierte Epigramme (in einem Fall auch ein Epigrimm), die poetische Bildbeschreibung bzw. -interpretation, verschiedene Farben der Mundart oder das nimmermüde Sonett. Die deutschsprachige Dichtung der Gegenwart zeichnet sich nicht zuletzt durch ihre pulsierende Vielfalt aus – sei sie nun schwer oder leicht zugänglich.

 

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Versnetze_fünf
Deutschsprachige Lyrik der Gegenwart
Hrsg. von Axel Kutsch
Verlag Ralf Liebe 2012
352 Seiten | 22 Euro

Mehr über das eindrückliche Editionsprojekt von Axel Kutsch in der Würdigung auf KUNO.