Der Essay, Comeback eines literarischen Versuchsfelds

Apodiktische Postulate sollte man mit größter Vorsicht genießen. Die These Nach Auschwitz ein Gedicht zu schreiben, ist barbarisch entstammt dem Aufsatz Kulturkritik und Gesellschaft, den Theodor W. Adorno 1949 schrieb und 1951 erstmals im Rahmen einer Festschrift für den Soziologen Leopold von Wiese veröffentlichte. Vergleichbar ist die Situation fast dreißig Jahre nachdem Philip Larkin den Tod des Essays verkündet hat, es erscheinen mehr Essaybände als je zuvor.

Aber sind es wirklich Essays?

Adam Kirsch beugt sich kritisch über die neuen Bücher von Davy Rothbart, Sloane Crosley und ihr Vorbild David Sedaris und stellt fest, dass sie eher Humoristen sind, die „kurze, lustige Klatschgeschichten darüber erzählen, was ihnen alles für merkwürdige Dinge passiert“ sind. Dafür erfinden sie, so Kirsch, ein fiktionales Alter Ego, das ihren Namen trägt und sich nett idiotisch benimmt. Kirsch geht das auf die Nerven. Er empfiehlt als Antidot Sheila Hetis Roman How Should a Person Be?:

Wo die neuen Essayisten die Realität fiktionalisieren, um ein Image aufzubauen, benutzt Heti angeblich reale Menschen und sogar Dokumente – Emails, mitgeschnittene Unterhaltungen – um das klassische fiktionale Projekt des Bildungsromans, die Bildung eines genuinen Selbsts, zu forcieren. Die Ernsthaftigkeit ihrer Suche wird belegt durch ihre Bereitschaft, ihrer Romanfigur ‚Sheila Heti‘ zu erlauben, wirklich – nicht lustig – grandios, dumm und narzisstisch zu sein, wie es ein konventioneller Essayist sich niemals trauen würde.

»Gibt es eine Zukunft für die Literatur oder werden die Geschichten der Zukunft nur noch per Copy and paste aus Versatzstücken gebastelt?«, fragt KUNO im laufenden Essaywettbewerb.

KUNO erwartet einen Text, der mindestens 5.000 Zeichen, höchsten 10.000 Zeichen haben sollte. Ausgesuchte Essays werden auf KUNO vorgestellt. Die drei mutigsten Essays werden mit einem künstlerisch gestalteten ‚Bücherregal’ von Haimo Hieronymus + Buchbestückung von der Edition Das Labor ausgezeichnet (Marktwert 500,- Euro).

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