Amenophis beklagt den Pylon

 

Lange schon lockt mich der Duft ihrer Milch, aber

Gebunden bin ich, ein störrisches Tulu,

An die heimlichen Anker der Gierde, den Mast

Der Geburt, den Pylon meiner Krone.

 

Feist und geschwisterlich beugt sich der Himmel

Und rauscht der Papyrus vor uraltem Wissen;

Aber der siebenäugige Gott steht eisern und streng und

Weist mir den Weg zur steinigen Ernte hinauf.

 

Hinter der Bläue die Schwärze, und in der

Schwärze die ewige Pforte, denkt mir, aufgeschlossen

Von mir, der die Nilländer eint, mit einem

Schlüssel, träumt mir, aus tropfendem Fleisch.

 

Lange schon lockt mich der Duft ihrer Flanken

Und das Rauschen der Zöpfe im Dampf

Meines Atems; und der törichte Leib setzt sich in Gang,

Bis in die Nüstern erregt.

***

Erschienen in: Versnetze_sechs. Deutschsprachige Lyrik der Gegenwart· 2013. Verlag Ralf Liebe

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