Bei der abgebrannten Kirche
schneit es seit drei Wochen
den Heiligen sind Hüte gewachsen wie Pilze ihre Schirme
in den Regen spannen
die Stimme der Glocke kauert im Krähennest
des vorigen Sommers
wirr greifen die Arme der Orgel um sich
ein Schiff mit toten Segeln
noch nie hat der Schnee dem Priester so zu schaffen
gemacht
schamlos beharrlich wachsen die weißen Berge
als wollten sie den letzten Tropfen Glauben aus ihm
quetschen
die Saat des Teufels scheint in dieser Gegend
aufzugehen
murmelt er in seinen längst vereisten Bart
und schüttelt während er wiederholt auf Holz klopft
seine weiße Mähne
morgen
kommt vielleicht jemand zur Messe
dann wäre dies
der letzte Schnee
***
aus: Die 53. Woche Gedichte von Traian Pop. Aus dem Rumänischen übertragen von Gerhardt Csejka, Horst Fassel, Edith Konradt, Johann Lippet und Dieter Schlesak. Edition Monrepos Band 3, 2013
Nach Schöne Aussichten, einem Poem in drei Akten, ist auch Die 53. Woche auf Deutsch in der edition monrepos erschienen. Die Lyrik darin stammt aus den 1970er und 1980er Jahren aus Temeswar sowie im dritten Teil aus den 1990ern bis Anfang 2000. Dieser Band beinhaltet Gedichte aus vier Jahrzehnten, chronologisch angeordnet, zunächst handelt es sich um nahezu ausschließlich in Temeswar entstandene Gedichte, später, ab den 90er Jahren tauchen andere Orte auf. Daher ist Die 53. Woche auch eine Lebensreise. Als Rebell der achtziger Jahre, als Zorniger, wird Traian Pop Traian von Georg Scherg im Nachwort bezeichnet, in der Tat ist diese Wut noch jung.