Rezeptionsforschung

Intertextualität heisst, dass Texte nicht aus dem Nichts heraus entstehen, sondern den Einfluss all dessen widerspiegeln, was der Autor gelesen hat und was den ihn umgebenden Diskurs bestimmt.

Julia Kristeva

Poetik der Revision. Wenn man Holger Benkel gerecht werden will, muß man sich an der Architektonik seiner bisherigen Bücher halten. Benkel beweist als Lyriker in seinem Band Seelenland ein Gespür für das Unvertraute im Vertrauten, das Unheimliche des Alltäglichen, das Scheinhafte des Realen. Sein Beharren auf der ehemals kultischen oder liturgische Funktion der Poesie ist wohltuend.

Holger Benkel ist ein Paradoxalist. Seine Gedanken, die um Ecken biegen gehen weiter als der geschriebene Text; sie sind kein Ende, sondern ein Anfang. Sie versuchen, diesen kleinen Rest an Sprache etwas aufzuhellen, und wagen es seine Ränder verstehbar zu machen. Benkels Aphorismen folgen keinem linearen und systemischen Denken, sie entfalten sich vielmehr assoziativ und labyrinthisch.

Seine längere Texte sind invasive Introspektionen. Was den Essays von Benkel die Überzeugungskraft verleiht, ist die philosophische Anstrengung, denen er sein Material unterwirft, seine Texte zeigen, was der Fokus auf eine Fragestellung sichtbar machen kann, wie diese Konzentration aufdeckt, was dem Schreibenden selbst verborgen blieb, wohl wissend, daß die Fülle der Literatur, der Kunst und des Lebens eben darin liegen, nie alles wissen zu können.

 

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Weiterführend

Auf KUNO porträtierte Holger Benkel die Brüder Grimm, Ulrich Bergmann, A.J. Weigoni, Uwe Albert, André Schinkel, Birgitt Lieberwirth und Sabine Kunz.

In einem Kollegengespräch ergründeln Holger Benkel und A.J. Weigoni das Wesen der Poesie – und ihr allmähliches Verschwinden. Das erste Kollegengespräch zwischen Holger Benkel und Weigoni finden Sie hier.

kindheit und kadaver, Gedichte von Holger Benkel, mit Radierungen von Jens Eigner. Verlag Blaue Äpfel, Magdeburg 1995. Eine Rezension des ersten Gedichtbandes von Holger Benkel finden Sie hier.

meißelbrut, Gedichte von Holger Benkel, mit siebzehn Holzschnitten von Sabine Kunz und einem Nachwort von Volker Drube, Dr. Ziethen Verlag, Oschersleben 2009. Eine Rezension finden Sie hier.

Grafik: Uwe Albert

Seelenland, Gedichte von Holger Benkel, Edition Das Labor, Mülheim 2015

Essays von Holger Benkel, Edition Das Labor 2014

Gedanken, die um Ecken biegen, Aphorismen von Holger Benkel, Edition Das Labor, Mülheim 2013