Sonette (17)

Walter Benjamin ist einer der wenigen Menschen, die wir um ihrer Denkkraft willen nicht zugrunde gehen lassen dürfen.

Max Horkheimer, 22. Januar 1936

 

Die Harfe hängt im Wind sie kann nicht wehren

Daß deines Todes Hauch die Saiten rührt

Der in den Herzen große Feuer schürt

Und Wellen lächeln macht auf hohen Meeren

 

Zur frühen Stunde da du mich entführt

Gedenkst du noch der silbernen Galeeren

Des glühenden Gesprächs eh in Schären

Die feuchten Dünste deine Stirn berührt

 

Kann nun verwehter Hauch dich noch erreichen

Da schon die Wolke deinen Blick umfängt

Und lauschst du noch dem trauervollen Zeichen

 

Das sich im nächtgen Winde zu dir drängt

Den Klang vernimmst du den erstrebend warfen

Im letzten Schmerz zerspringend meine Harfen.

 

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Walter Benjamin ist ein Meister des Aphorismus, in seinen Ausführungen finden wir aber auch Lyrisches. Der in der Schwebe gelassene Sinn, die Produktion von Ambiguität – was für Roland Barthes Brecht im Theater geleistet hat, indem er die Sinnfrage zwischen Bühne und Zuschauerraum neu verteilte – findet sich in der Kunstform der Twitteratur wieder. KUNO stellte dieser Literaturgattung in einem Essay vor.