Versnetze ist der Titel einer seit 2008 jährlich von Axel Kutsch edierten Anthologie für zeitgenössische Gedichte im deutschen Sprachraum. Mit dem einzigen Lyrik und Prosa umfassenden Sammelband Die frühen 80er, der – wie die nachfolgenden Anthologien bis 1993 – in der Autoreninitiative Köln erschien, begann 1983 die Editionsgeschichte der von Axel Kutsch und gelegentlichen Mitherausgebern betreuten Lyrikanthologien. Zacken im Gemüt. Deutschsprachige Lyrik der 90er Jahre leitet die Zusammenarbeit mit dem mittlerweile in Verlag Ralf Liebe umbenannten Verlag Landpresse ein. Seit 2008 firmieren die Sammelbände unter dem festen Titel „Versnetze“. 2013 erschien Versnetze_sechs mit neuer Lyrik, die – wie die vorherigen Sammelbände – nicht nur in den Zentren, sondern auch im Hinterland immer wieder vitale Impulse von Schriftstellern aller Altersstufen erhält.
Ziel der Anthologien, die Kutsch gelegentlich auch thematisch bzw. als Überblick über die gesamte deutschsprachige Lyrik von den Anfängen bis zur Gegenwart oder eine Epoche anlegt, ist es, die Entwicklung des zeitgenössischen deutschsprachigen Gedichts in seiner Breite zu dokumentieren. In den jeweils rund 200 bis 300 Seiten umfassenden Ausgaben sind in der Regel ca. 150 bis 200 Autorinnen und Autoren aus dem ganzen deutschen Sprachraum vertreten, darunter Achim Amme, Jochen Arlt, Jürgen Becker, Hans Bender, Theo Breuer, Ulrike Draesner, Robert Gernhardt, Durs Grünbein, Ulla Hahn, Anton G. Leitner, Friederike Mayröcker, Gerhard Rühm, Martin Walser, Andrascz Weigoni und Uljana Wolf. Axel Kutsch legt großen Wert darauf, eine Übersicht über Inhalte, Formen und Schreibweisen der facettenreichen aktuellen deutschsprachigen Lyrik quer durch die Generationen und Regionen zu vermitteln.
Das Spektrum der einsilbig oder kakophon, fest- oder freimetrisch, klar oder geheimnisvoll, gereimt oder ungereimt, überhitzt oder unterkühlt, ernst oder ironisch, herb oder sanft, lässig oder forciert formulierten Gedichte in diesen Zeiten der kleinen Verschiebungen reicht vom Konservativen zum Experimentellen, vom Kreuzgereimten zum Alltagsparlando, vom Haiku übers Akrostichon zum Sonett, vom Epigramm zum Sprichwort, vom Vierzeiler zum Erzählgedicht, vom lyrischen Stimmungsbild zum antilyrischen Wortschwall, von politisch grundierten, mit suggestiven Botschaften garnierten Versen zur privaten Poesie für öffentliche Ohren, vom hermetischen zum offenen Gedicht, vom Block- zum Flattersatz, von der assoziativ verketteten, überbordernden paradox-skurrillen Phantasmagorie zur (Realität verfremdenden) lakonischen Inventur, vom Popgedicht zum ätherischen, vom ungelegenen Vers zum Gelegenheitsgedicht, von der notgeborenen Attacke zur müßigen Besinnung, von Allegorie über Metonymie, Metapher und Emblem zum Symbol – oder bewusst davon befreiter Lyrik, vom Nonsens zum Tiefsinn, von reiner Lyrik über Metalyrik (Gedichtgedichte) zum didaktischen Lehrgedicht, vom stillen und kurzen, um eine einzige Metapher rankenden Gedicht zur hektischen, übers ganze Blatt verlaufenden Montage, vom Stakkato zum Geschmeidigen, vom surrealistischen Purzelbaum übers Dissonante zum Volksliedhaften, von der urbanen Häuserzeile zur rustikalen Sumpfdotterblume.
Weiterführend →
Eine Würdigung des Herausgebers und Lyrikers Axel Kutsch im Kreise von Autoren aus Metropole und Hinterland hier. Lesen Sie außerdem: Die Farben der Bücher und des japanischen Himmels.