Autor: Walther Stonet

Der Wintersturm

    Der Himmel wirft die Jugend weg, ergraut In schweren Wolkenmassen, durchgeknetet Von Winterstürmen. Einer kniet und betet, Er spricht die Formeln, hat nicht aufgeschaut.   Die Böe greift die Fichte, und sie bricht. Mit lautem Knall schnellt sie…

Im Grau des halben Tags

    Die Worte sinken in die weichen Kissen. Dort, wo du lagst, verschwinden sie im Warmen. Die Hoffnung wog so leicht in deinen Armen. Ich weiß, ich werde beides sehr vermissen.   Die Vögel üben sich in Feindalarmen. Man…

Der Nachtzug

    War’s nicht ein Zug der Zeit, der Sehnsucht pfiff? Es mengte sich ins Gleisgeräusch, das Pfeifen, Ins Quietschen durch das Eisenreifen-Schleifen: Der Westwind war’s, der diese Töne griff   Und durch die Weiten trug bis an ein Ohr.…

Pandemisches Sonet

Es ist, als hört man leises Flügelschlagen,Und watteweich schwingt sich das Leben auf:Die Bäume wollen alles überragenUnd nehmen selbst den frühen Frost in Kauf. In Büschen herrschen Rascheln, Zwitschern, BauenUnd in den Ästen dafür lauter Streit.Der Kater geht nach seiner…

Gewinn

Ich sitz bei mir, auf einem dieser Stühle, Die zwischen allen stehn, im Zwischenraum. Und um mich weht des einen Herbstes Kühle, Da Blatt um Blatt verlässt den einen Baum. Ich frage mich, wie ich mich immer fühle, So un-…

Fern von mir

Der Raum ist durch die Liebe lichtgeflutet: Man kann die leichten leisen Schritte hören, Sie könnten selbst den kalten Stein betören. Was haben wir uns alles zugemutet! Die rote Rose möchte dich beschwören: Sie ist aus meinem Herzen ausgeblutet; Gestalt…

Der Alltagsheld

    Ein Seufzer bricht noch aus den schwachen Lungen: Die Augen brechen nach dem letzten Zug. Ein Mahnen folgt dem steten Vogelflug, Ein Leben hat sich gänzlich ausgewrungen.   Es bleiben Worte und Erinnerungen. Der, der da ging, war…

Du kommst wie du gehst

Sonett Shakespeare Art in Amphibrachen     Du kommst wie gerufen und gehst wie berufen: Es werfen die Steine den Schatten auf dich. Die Füße auf Stufen, die Füße auf Kufen – Sie tragen so weit. Es stürmt fürchterlich.  …

Waldeslust

  Ich stehe im bemoosten Schatten alter Bäume Und rufe mir die Lebensängste launig zu; Im dunklen Walde herrscht wie immer Waldesruh. Am Ende habe ich wohl nur die schlechten Träume Der Kindheit ausgepackt und in die Nacht geworfen. Dort…

Stillleben von Eierlikör und Hartweizengrießspaghetti

  Es ist gegeben wie genommen: Bald Verspricht die Lösung sich als Wohlgefallen, Als Pseudonym für Tanzen, Träumen, Lallen. Es mangelt nicht an Täuschungswohlgestalt.   Das Walnusseis ist hart und eklig kalt. Es hat Likör aus Ei zum Schleckvasallen. Gerieben…

Sommerludern

Am Ende lagen wir im warmen Gras. Der Himmel spannte blau den weiten Bogen, Sogar ein Storch kam noch vorbeigeflogen, Ich wusste ja, du warst ein geiles Aas,   Das mir die Wünsche aus den Augen las: Du hattest mich…

Jesidenschicksal

    Es spricht ein Retter Hoffnungsworte, die Am Ende niemand wirklich hören will. Im Raum ist es nur dunkel, kalt und still. Sie wollten nicht gerettet werden, sie   Erhofften sich Erlösung durch den Tod. Man hatte sie geschunden…

Offener Brief

Oh, wie beglückt ist doch ein Mann, / Wenn er Gedichte machen kann! Wilhelm Busch Vorbemerkung der Redaktion: KUNO widmet dem Gedicht auch in diesem Jahr den genauen Blick, das aufmerksame, geduldige, ins Denken gedrehte Lesen und Wiederlesen, dies bezeugte…

Smartes Haus + Industrie 4.0 = Internet der Dinge?

Der erste Versuch, ein wenig Licht in das Darknet zu bringen Die Zeitungen, Magazine und Nachrichten sind voll davon. Wenn Politiker drüber reden, das weiß man, ist etwas spätestens auf der Tagesordnung. Oder, Agenda, wie das im Politiker- und Journalistensprech…

Über die Erkenntnisverweigerer

  Es gibt die vielen lauten Besserwisser. Die Welterklärung ist ihr ganzes Streben. Ihr widmen sie ihr armes Erdenleben. Wenn es um Zukunft geht, sind sie nur Schisser,   Die felsenfest am Vorvorgestern kleben. Man findet sie als tumbe Fahnenhisser,…

Im Flüchtlingsghetto

  Es treten aus den dunklen langen Schatten Die ersten Wesen an das Mittagslicht. Man sieht nur große Augen, kein Gesicht, Die Spinnenarme. Rennen da die Ratten?   Wer durch die Gassen geht, weiß, wo’s gebricht. Die Reichen, die nichts…

Disruption als neues Geschäftsmodell

Wie die Strategie „Product as a Service“ die Wirtschafts- und Arbeitswelt verändert Die Digitalisierung wirbelt nicht nur die Arbeits- und Lebensweisen durcheinander. Sie schafft auch neue Geschäftsmodelle. Die Konsequenzen dieser Veränderungen sind den meisten nicht klar. Damit dieses Wissen nicht…

Schon vorbei

  Es mag der Satz sich nicht zu Reden formen: Die Sprache will nicht mehr ein Helfer sein. Der Mensch ist so geboren, ganz allein. Die Norm will Norm nicht sein bei dem Abnormen,   Was jetzt geschieht. Entsetzlich kalt…

Mocking Bird

  Was lockst Du so mit deinen roten Lippen? Was züngelst du mit deiner rosa Zunge? Da wächst zum Mann der kleinste blasse Junge, Sieht er dich mit den Highheels lässig wippen!   Mir preßt’s das Leben heiß aus meinen…

Schokolädchen

  Ich frag’ mich, was ich an dir lieb, An Weihnachten, mein süßes Mädchen. Ich öffnete ein weitres Lädchen, Als ich dir diese Verse schrieb,   Am Weihnachtskalendarium Und stahl daraus ein Schokolädchen. Das war ein herziges Gerätchen: Ich schlotze…

Eroberung

  Ich steh’ vor diesem Bild und bleibe stumm. Zum ersten Mal hat’s mir das Wort verschlagen. Ich kann mich dieses Blickes kaum entsagen: Ich stehe also da und fühl mich dumm.   Was ist mit mir geschehen, will ich…

Wie es begann

    Ich traf dich auf dem Feld, das Leben heißt: Du klangst am Anfang nicht so sehr begeistert. Am Auge hing ein Lid, es war verkleistert. Der Mann, der dich total vom Hocker reißt,   Den hatte ich gespielt,…

Die „Convenience Trap“ und der Verlust an Selbstbestimmung

Wie Apps, das Internet, Social Media und Big Data uns fernsteuern wollen – und was wir dagegen tun sollten „Convenience“ ist einer der meisten gehypten Schlagwörter nicht nur im Silicon Valley – aber auch und gerade dort. Hinter diesem Schlagwort…

Freiheit, die ich meine

Was Johannes R. Becher, Viktor Orban, Wladimir Putin und Recep Tayyip Erdoğan gemeinsam haben Die Freiheit wird bedroht. Menschenrechte wie die Pressefreiheit, die Religionsfreiheit und die Freiheit von Wissenschaft und Kunst stehen ebenso unter Beschuss wie die Freiheit der Meinungsäußerung.…

Warum Lyrik wieder in die Zeitungen gehört

Vorbemerkung der Redaktion: KUNO widmet dem Gedicht auch in diesem Jahr den genauen Blick, das aufmerksame, geduldige, ins Denken gedrehte Lesen und Wiederlesen. Das Abtragen der Schichten, Auffächern der Bedeutungsstränge, der Rhythmen und Klänge, der Brüche und Widersprüche, die es,…

Spätsommerahnungen

Die Wolken blasen ihre Backen auf, Und Wind rauscht durch die leeren kalten Zimmer: Schrill zetert aus den Kellern ein Gewimmer. Das Fremde rüttelt Türen, Knauf um Knauf.   Das Jahr wird wieder alt; der Sonne Lauf Wird kürzer, und…

So richtig nett von Hoffmann und Shakespeare

Der Rezensent ist selbst ein notorischer Sonetter, daher also nicht ganz satisfaktionsfähig, da parteiisch. Und er kennt und liebt natürlich William Shakespeare, im Original, aber gerne auch übersetzt und nachgedichtet. Irgendwann flatterte demselben dieser kleine hellblaue Band auf den Tisch.…

Robokratie – Wie Social Bots die Demokratie manipulieren

Es gibt viele Menschen, die die Social Media für einen Segen halten. In der Tat schafft es z.B: Facebook, dass Familien, die die Winde des Lebens in alle Ecken der Welt verweht haben, so etwas wie Zusammenhalt organisieren. Auch Skype…