Der Nachtzug

    War’s nicht ein Zug der Zeit, der Sehnsucht pfiff? Es mengte sich ins Gleisgeräusch, das Pfeifen, Ins Quietschen durch das Eisenreifen-Schleifen: Der Westwind war’s, der diese Töne griff   Und durch die Weiten trug bis an ein Ohr.…

Der Mond

Das Licht, welches vom Mond herunterfließt, gilt nicht dem Schauplatz unseres Tagesdaseins. Der Umkreis, den es zweifelhaft erhellt, scheint einer Gegen- oder Nebenerde zu gehören. Sie ist nicht mehr die, der der Mond als Satellit folgt, sondern die selbst in…

Stadt der Orgien

von Walt Whitman Stadt der Orgien, Promenaden und Freuden, Stadt, die ich, in deiner Mitte lebend, besang und einmal berühmt machen werde. Nicht deine Feiern, nicht deine wechselnden Tableaux, deine Spektakel, belohnen mich; Nicht deine endlosen Häuserreihen, nicht die Schiffe…

Zum Bilde Prousts

I. [Erinnerung] Die dreizehn Bände von Marcel Prousts »A la Recherche du Temps perdu« sind das Ergebnis einer unkonstruierbaren Synthesis, in der die Versenkung des Mystikers, die Kunst des Prosaisten, die Verve des Satirikers, das Wissen des Gelehrten und die…

niederschlagende argumente

da lauern sie gemütlich eingepfercht in schwarz-weißem fachwerk noch glauben sie an gott aber nicht mehr an seine wunder schneeregen steht schräg vor geputzten doppelscheiben sturm heult strophe für strophe ein uraltes drohlied für alle die draußen glück suchen wollen…

Der innere Meridian 7

Er bewegte sich wie ein Scherenschnitt gegen einen leeren Weltenprospekt, ein Jongleur mit leeren Emballagen, der seine mutlose Pappkarton-Equilibristik einfach nicht in eine himmlische Form gestanzt bekam. *** Der innere Meridian, Aufzeichnungen von Ralph Pordzik, Würzburg: École Noire, 2019 Weiterführend…

Die Böschung steigt leicht an

Die Böschung steigt leicht an. Dahinter, so die Angabe, sei das MEER. Mit dem Salzgeschmack auf en Lippen, und die bunten Zelte überall verteilt unterem Eukalyptus, und auf den roten Wegen fremdbedruckte Papierfetzen. Der Name für diese Gegend ist WILD,…

Rausgefallen

  an der alten adlerwar das f defekt so dasser hoffnung beispielsweisehorrnung nannte weil das r dem fso nahe lag zumindest mitden fingerspitzen die textehakte er auf diese alte gummiwalze, dass manche letter wie beim bleisatz eindurchaus eignes lebenführte unbemerkt…

Fossile Funde

Wenn der Social Beat etwas bewiesen hat, dann daß auch die Asozialität von Literatur einen Funken Hoffnung erzeugen kann. Gibt es eine Arrièregarde des Social Beat?   Es ist – und das ohne des branchenüblichen Zynismus im Literatur-Betrieb – sehr…

Spuren

Noch vor 15 Jahren allerorten in den Bergen sah man speckig glänzende Trittsteine auf den vielbegangenen Routen. Von der permanenten Nutzung wanderfreudiger Touristen mit beschlagenen Wanderstiefeln, die man natürlich auch für den leichtesten Spaziergang ab Seilbahnstation anzuziehen hat, anziehen muss.…

Twitteratur – von Franz Kafka

Es ist nicht notwendig, dass Du aus dem Haus gehst. Bleib bei Deinem Tisch und horche. Horche nicht einmal, warte nur. Warte nicht einmal, sei völlig still und allein. Anbieten wird sich Dir die Welt zur Entlarvung, sie kann nicht…

Ein Ginkgo für Clara

Ich sehe den Baum, seiner Blätter beraubt, In den Lüften sich wiegen, ein gestreckter Kranz Aus wehenden Ästen, und denke, die Erde Dreht sich für den Moment eines Blicks um Die Achse, die durch das Tal dieses Landstrichs Fährt wie…

die ungenannte

saugt sie gift aus blumen erweckt sie es zum leben liegen ihre beine im gebräu zucken sie noch immer benetzt man gesichter damit werden sie grau und hager kriecht sie aus dem körper  stirbt er kehrt sie zurück in ihn…

KAISERPANORAMA

Reise durch die Deutsche Inflation VI Dem Ausländer, welcher die Gestaltung des deutschen Lebens obenhin verfolgt, der gar das Land kurze Zeit bereist hat, erscheinen seine Bewohner nicht minder fremdartig als ein exotischer Volksschlag. Ein geistreicher Franzose hat gesagt: »In…

O.T.

wenn letzte tinte nicht spritzt nur tröpfelt der rohe zorn der greise versickert pointenzwirbler verschanzen sich im feuilleton lassen den großen kaschuben hadern jetzt findet oskar seine trommel nicht        * * * Ein Rückblick auf: Versnetze_fünf Deutschsprachige…

Im Grab mit meinen lieben Konjunktiven

Noch nie hat jemand eine Landkarte von mir aufgeklappt. Die leeren Städte und versunkenen Titel, die man mit der Nasenspitze suchte, Vorstadtkinos, Hundeasyle, London ohne Nebel, ein Zirkuszelt aus Flugschatten und Schlaf, wo eine ewig schief gehende Sonne ihre eigenen…

ODERBERGER – ein Versepos

Nennen wir es: Versepos.Sagen wir: Zwischen Ganzgroßengefühlen (!) und Banalitäten, Dramaqueen und Rührung – eine ganze Welt.Fragen wir: Vier aus der Spur gelaufene Kerle – Punks & Ausreißer – 1989 (und die Jahre) – was treibt sie um in ihrem…

Wettbewerb, unvorhersehbar

Auf die kleinen Blumen hatte er es abgesehen, die unscheinbaren, die der flüchtige Wandererblick gern übersieht, die gesucht werden wollen. Neben Kameras und einer Unzahl an Objektiven, Stativen und hochkomplexen Blitzlichtapparaturen Sprühfläschchen im Gepäck, um das Gefühl tauigen Morgens vorzutäuschen…

Neue Subjektivität • Revisited

Wir waren kritisch, wir waren links, wir waren den Drogen zugeneigt, wir waren sexuell freier als die Elterngeneration, und die Lyriker unter uns praktizierten die Dichtung der Neuen Subjektivität… Während die Alternativliteratur in der Literaturgeschichte überhaupt keinen Platz hat, wird…

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  drängende Erde fällst in die Spalten der Zeit   sich verschwenden           *** Baumzyklen, Gedichte von Sophie Reyer, KUNO 2020 Ein Porträt von Sophie Reyer findet sich hier. In ihrem preisgekrönten Essay Referenzuniversum geht sie der Frage nach,…

Der innere Meridian 6

Wie sollte er die Welt auf seinen Schultern tragen, wo er doch kaum den weichen Stoff seines Hemdes ertragen konnte? *** Der innere Meridian, Aufzeichnungen von Ralph Pordzik, Würzburg: École Noire, 2019 Weiterführend → In den Aufzeichnungen von Ralph Pordzik…