Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet ist nicht nur neuer Bundesvorsitzender der CDU, sondern auch „Bevollmächtigter der Bundesrepublik Deutschland für kulturelle Angelegenheiten im Rahmen des Vertrags über die deutsch-französische Zusammenarbeit“. In dieser Eigenschaft hat er soeben die Schirmherrschaft des XXIII. Else Lasker-Schüler-Forums übernommen, das vom 2. - 10. Oktober öffentlich und zweisprachig im französischen Sanary-sur-Mer unter dem Titel „Das flüchtige Paradies“ stattfinden soll.
Neben Künstlern und Referenten aus Frankreich nehmen aus Wuppertal u.a. die Schauspieler Hans Richter und Bernd Kuschmann, die ehemalige Pina Bausch-Tänzerin Chrystel Guillebaud, der Musiker Wolfgang Schmidtke sowie die Autoren Gerold Theobalt und Heiner Bontrup mit neuen Bühnenstücke an dem Forum teil. Ihre Teilnahme zugesagt haben u.a. auch Angela Winkler, Iris Berben, der Ex-Berlinale-Chef Dieter Kosslick sowie die Autorinnen Cecile Waijsbrot und Anne Weber, die 2020 den Deutschen Buchpreis für ein Epos über eine französische Widerstandskämpferin erhalten hat.
Sanary an der Cote d’Azur war „die heimliche Hauptstadt der deutschen Exilliteratur“, u.a. mit Thomas und Heinrich Mann, Bertolt Brecht, Lion Feuchtwanger und Walter Hasenclever. Nach der Besetzung Frankreichs durch die deutsche Wehrmacht flüchteten viele der Emigranten vom nahen Marseille in die USA, während sich Else Lasker-Schüler nach Palästina einschiffte. Ihre Zeichnungen aus dem Besitz der veranstaltenden ELS-Gesellschaft sollen erstmals in Frankreich ausgestellt werden zusammen mit Bildern aus dem „Zentrum für verfolgte Künste“, Solingen, kuratiert von Birte Fritsch – Bilder von Künstlern, die in Frankreich interniert waren, weil man Deutschen damals misstraute. Auch das gehört zur gemeinsamen Geschichte beider Länder.
Deshalb sind die Universität und das Goethe-Institut Marseille mit dem Centre Franco-Allemand de Provence gemeinsam mit der Kommune Sanary-sur-Mer Kooperationspartner der Wuppertaler Else Lasker-Schüler-Gesellschaft. Das Forum wird gefördert von der Stadtsparkasse und der Stadt Wuppertal, von der Bezirksregierung Düsseldorf und der AG Literarischer Verbände, Berlin, sowie unterstützt von Veit Feger, Ex-Zeitungsverleger aus Ehingen an der Donau.
Sollte die Corona-Pandemie andauern, wird das Else-Lasker-Schüler-Forum ins Jahr 2022 verlegt.
Julia Ingold, Mitglied der Else Lasker-Schüler-Gesellschaft, ist wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Uni Bamberg. An der Universität Kiel hat sie kürzlich ihre Dissertation über Else Lasker-Schüler eingereicht. Im Sommersemster 2020 machte Ingold die Not der virtuellen Lehre zur Tugend und ließ mit ihren Studierenden Lasker-Schüler in ihrem 75. Todesjahr auf Instagram wiederauferstehen. Sie posten weiterhin regelmäßig Informationen über Werke, Graphiken, Texte, Biographie, Veranstaltungen, Web-Angebote und Forschung. Dabei entsteht eine unterhaltsame und lehrreiche Sammlung von Versatzstücken, die Interessierten ein lebendiges Bild der Künstlerin vermitteln.
Das Programm verfolgen Sie hier.
Hajo Jahn gründete 1990 die Else Lasker-Schüler-Gesellschaft. Mit 1.200 Mitgliedern weltweit zählt die Else-Lasker-Schüler-Gesellschaft zu den größten Literaturgesellschaften Deutschlands. Sitz der Literaturgesellschaft ist die Herzogstraße 42 in Wuppertal. In diesem Haus hat Else Lasker-Schüler mit ihrem damaligen Mann gelebt, bevor sie nach Berlin zog.
Ziel der Gesellschaft ist es, das literarische und künstlerische Werk der 1869 in Elberfeld geborenen, während des Nationalsozialismus verfolgten und 1945 in Israel gestorbenen Dichterin zu pflegen und als wichtigen Beitrag zur deutsch-jüdischen Kultur lebendig zu erhalten. Die Gesellschaft unterstützt Forschungen zu Else Lasker-Schüler wie etwa die Herausgabe der kritischen Gesamtausgabe im Jüdischen Verlag im Suhrkamp Verlag, die sie ebenso mitinitiiert hat wie die Etablierung eines Lehrstuhls zu Erforschung des literarischen Werks an der Bergischen Universität. In den vergangenen fünf Jahren unterstützte die Literaturgesellschaft insbesondere die Forschung von Dr. Karl Bellenberg zur Musikalität im Werk von Else Lasker-Schüler.
Neben der Pflege des literarischen und künstlerischen Erbes sowie der Unterstützung der wissenschaftlichen Erforschung des Gesamtwerks Else Lasker-Schülers versteht sich die nach der Elberfelder Dichterin benannte Gesellschaft als gesellschaftlich engagierte und zeitkritische Literaturvereinigung. Ziel ist, im Sinne eines zivilgesellschaftlichen und bürgerschaftlichen Engagements, an einer zeitgemäßen Erinnerungskultur mitzuwirken. Für uns steht das Schicksal Else Lasker-Schülers stellvertretend für alle in der NS-Zeit und heute aus rassistischen, politischen, religiösen und weltanschaulichen verfolgten Menschen. Vorbild ist der Appell Immanuel Kants „Sapere aude – Habe Mut, Dich Deines eigenen Verstandes zu bedienen."