Personaler googeln. Aber bringt es sie wirklich weiter?

Bereits seit geraumer Zeit wird in den deutschen Medien über den Einfluss sozialer Netzwerke auf den Bewerbungsprozess gesprochen. Die Frage ob Personaler ihre Bewerber im Internet googeln ist dabei nicht neu. Die Universität Erfurt und monster.de haben zu diesem Thema eine Studie veröffentlicht und auch ich wurde immer häufiger gefragt, wie wir bei McDona0ld’s zu diesem Thema stehen. Dazu kann ich ganz klar sagen, dass wir bei McDonald’s keine Informationen über unsere Bewerber im Netz suchen. Abgesehen von der Frage ob Unternehmen ihre Bewerber googeln oder nicht, find ich es viel interessanter zu erfahren, warum sie es tun und welche Argumente für eine Bewerbersuche im Internet sprechen?

Im Personalmarketingblog wurden die aus der Studie gewonnenen Argumente der „Google-Gegner“ bereits zusammengefasst. Dabei fiel mir jedoch auf, dass ein für mich entscheidender Grund nicht erwähnt wurde. Ganz abgesehen von der „Kosten-Nutzen-Abwägung“ und dem „Schutz der Privatsphäre“ möchte ich einen Schritt weiter gehen und behaupten, dass die Informationen im Internet meiner Meinung nach in keinster Weise etwas über das Potential eines Bewerbers aussagen und somit irrelevant für den Bewerbungsprozess sind.

Nicht ohne Grund setze ich auf „Potential ist mehr als Noten“, denn wenn Schulnoten schon nicht genug über einen Bewerber aussagen, wieso dann ausgerechnet Kommentare, Partybilder und möglicherweise längst veraltete Informationen aus dem Internet? Es mag vielleicht an meiner Generation liegen, aber eins ist sicher, obwohl ich sehr an den Neuen Medien und ihren Möglichkeiten interessiert bin, ziehe ich ein klassisches Kennenlernen, Face to Face, dem Googeln nach Bewerberprofilen vor. Natürlich kann ich nicht jeden Bewerber zu einem Vorstellungsgespräch einladen, aber letztendlich wäre das nicht weniger zeitaufwendig als im Vorfeld Informationen im Internet zu suchen, zu sammeln und auszuwerten.

Wie bereits Jo Diercks auf Recruitainment sagte, stellten die Autoren der Studie auch fest, dass die Bewerber selbst ganz andere Möglichkeiten haben, wenn es darum geht Informationen über ihren zukünftigen Arbeitgeber im Internet zu suchen. So erzählte mir ein Kollege vor kurzem, dass er ein Vorstellungsgespräch mit einem potentiellen Bewerber führte und feststellte, dass dieser sich im Vorfeld nicht nur über McDonald’s als Arbeitgeber sondern auch über meinen Kollegen informiert hatte. Zuerst war ich überrascht, aber wenn ich darüber nachdenke ist es ja ganz natürlich etwas über sein neues Arbeitsumfeld, zukünftige Kollegen und seinen Gesprächspartner erfahren zu wollen. Informationen, die dem Bewerber meiner Meinung nach auch nicht vorenthalten werden sollten. Ein Grund mehr, den Internetauftritt eines Unternehmens so transparent wie möglich zu gestalten und genau die Informationen anzubieten, nach denen Bewerber gezielt suchen.

Google

(In dem Zusammenhang konnte ich mir es natürlich nicht nehmen lassen, auch mich selbst einmal zu googeln.) Es ist mir sehr wichtig, dass auch wir bei McDonald‘s noch weiter auf die neue Generation zugehen und den Weg von der Jobsuche zum Einstieg so einfach und attraktiv wie möglich gestalten. Und das sollte weit über Mitarbeiter-Steckbriefe hinaus gehen. Auf der anderen Seite bedeutet diese Anpassung für mich aber nicht, im Gegenzug unsere Bewerber zu googeln. Auch wenn bei McDonald’s prinzipiell keine Bewerber gegoogelt werden, ist dies meine persönliche Meinung und ich möchte nicht pauschal für unsere Franchisenehmer sprechen. Wie andere HR-Blogs zeigen, stehe ich mit dieser Meinung jedoch nicht alleine da.

In der Studie der Universität Erfurt heißt es jedoch, dass immerhin jedes vierte von 500 deutschen Unternehmen im Internet nach aufschlussreichen Auskünften über ihre Bewerber sucht. Bei solch einem doch überraschenden Ergebnis stellt sich mir die Frage, welche Informationen dabei bezogen werden und inwiefern diese das Potential der Bewerber rechtfertigen? Oder werfen Personaler aus reiner Neugier lediglich einen Blick auf das Profil eines Bewerbers? Laut Studie müssen bereits diverse Unternehmen aufschlussreiche Erfahrungen gesammelt haben, und deshalb würde ich wirklich gerne aus erster Hand erfahren, welche Beweggründe denn nun das Googeln von Bewerbern rechtfertigen?

Kommentare

  1. Vielleicht bewerten Personaler die Informationen, die sie auf diese Weise erhalten als wertvoll, weil sich Menschen im Allgemeinen wohler in der Urteilsbildung fühlen, wenn sie möglichst viele Quellen einbezogen haben. Und eine positive Erfahrung reicht, dass dann auf lange Zeit diese Informationsquelle in ihrer Nützlichkeit überbewertet wird. Und Nützlichkeit ist relativ. Für den einen sind Informationen aus dem Netz nützlich, um besser ins Gespräch zu kommen, der andere möchte sich schützen und wiederum andere sind neugierig. Die Mehrheit scheint es aber moralisch verwerflich zu finden oder auch einfach zu zeitaufwändig.

    • Liebe Frau Winke,

      vielen Dank für Ihr Interesse an meinem Blog, über Ihr Feedback habe ich mich sehr gefreut!
      Sie haben vollkommen Recht, wenn Sie sagen, dass es Menschen im Allgemeinen leichter fällt sich ein Urteil zu bilden, wenn sie möglichst viele Informationen zur Verfügung haben. Aber um welche Informationen aus dem Internet handelt es sich dabei genau? Ich kann mir nicht vorstellen, dass Hobbies und Fotos eine besonders große Rolle spielen. Also müssen es andere Informationen sein, die interessanter und aussagekräftiger als die allgemeinen Angaben in einer Bewerbung sind, wenn diese nicht mehr ausreichen, um das Potenzial eines Bewerbers zu beurteilen. Vielleicht können Sie mir ein konkretes Beispiel geben, das Ihnen bei der Bewerberauswahl geholfen hat?

      Herzliche Grüße,
      Wolfgang Goebel

  2. [...] als erster Personalvorstand eines großen Unternehmens hierzulande unter die HR-Blogger. Hier seine Gedanken über das Googeln von Bewerbern. Herr Goebel, mein Glückwunsch zum Blog. Schön, dass Sie die HR-Bloggerszene [...]

  3. [...] Nicht selten findet man da Angaben, die nicht unbedingt für die ganze Weltöffentlichkeit oder neugierige Personaleraugen bestimmt sind (wobei die natürlich nie und nimmer die Gelegenheit nutzen, sich die Profile [...]

  4. Nja, man muss da meines Erachtens nach unterscheiden zwischen lauter HR-Menschen im weitesten Sinne, die irgenwo im Wettbewerb bestehen wollen und nun halt recruitment 2.0 verkaufen, den jungen Uni-/FH-Absolventen, denen das als the next big thing von ihren Profs verkauft wurde (die ja auch irgendwo neue Forschungsgenstände brauchen), dem “mal ausprobieren” oder als zusätzliches Werkzeug zum überprüfen von Referenzen für Exec-Stellenbewerber. Nicht zu vergessen, dass so oberflächliche Befragungen vielleicht auch erwünschtes Antwortverhalten in dem Sinne nach sich ziehen, dass Bewerber-googlen mit Internetaffinität und Modernität gleichgesetzt wird und man sein Unternehmen ja positiv repräsentieren möchte.

    Ich sehe es ähnlich zwiespältig wie das googlen von jemandem, mit dem ich ausgehe. Und dann gab es noch die Geschichte eines Lehrers, der NPD-Mitglied war. Was aufgefallen wäre, hätte man Google bemüht, so das laute Geschrei nach einigen Jahren. Über Datenschutz (und Freiheit des Gewissens, hatte man in den 60ern doch schon mal?) hat da niemand mehr geredet.

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