Print_Patricia Vohwinkel - Zufällig Elchtod

Vier Vergewaltigungen und ein Todesfall

Im Leben geschieht so einiges unabsichtlich. Auch - oder vor allem - im Leben eines Vergewaltigers. Denn einem solchen passiert ein Mord. Zufälligerweise?    13.10.2004

Kaum hat man die ersten Seiten von Patricia Vohwinkels Roman "Zufällig Elchtod" gelesen, ist man schon gefangen: von der intelligenten Sprache ebenso wie von den lebensnah gezeichneten Hauptpersonen.

Da ist einmal Dr. Jakob de Vries, ein Pathologe mit langen Haaren. Neben seiner Schwäche für selbstgedrehte Zigaretten, in denen manchmal nicht nur Tabak enthalten ist, liebt er Metal - am liebsten die härtere Kategorie aus Skandinavien. Daher auch sein Spitzname, gleichzeitig Titelbestandteil für "seine" Krimis: Elchtod.

Und da ist Kommissar Martin Dominik, der die Ermittlungen zu vier Vergewaltigungen und einem Todesfall leitet. Dort, wo der gutbürgerliche Polizist nicht weiter weiß, hilft seine Schwester Sina "Ich habe soviel Kultur, daß ich gar keine Konventionen mehr brauche!" Dominik. Die ist ganz anders als ihr Bruder: Ihre Liebe gilt ihren drei nach griechischen Philosophen getauften Schildkröten, ihren Durst stillt sie mit Alkohol, und ihr Leben sieht sie von den großen alten Dichtern geschrieben. Neben deren Werken liest sie allerdings auch gern die Ermittlungsakten ihres Bruders Martin - besonders dann, wenn es um verzwickte Dinge geht, die offensichtlich von Psychopathen begangen wurden.

Die Suche nach dem Vergewaltiger, dem einmal ein Mord passiert, ist gleichsam ein roter Faden durch Patricia Vohwinkels Roman. Doch angesichts des sprachlichen Feuerwerks, in dem Sinas hochliterarische Zitate auf "Elchtods" Metal-Lyrics treffen, wird dieser Faden zur Nebensächlichkeit. Auch wenn die Suche nach dem Motiv des Mörders sehr logisch, schlüssig und vor allem nachvollziehbar dargestellt ist, will man eigentlich gar nicht mehr wissen, wer der Vergewaltiger und Killer ist - das würde ja bedeuten, daß man am Ende des Buches angelangt wäre. Viel lieber will man mit Sina nach einer durchzechten Nacht aufwachen oder mit "Elchtod" in seinem alten Saab fahren und sich eine stimmungsabhängige CD anhören.

"Zufällig Elchtod" ist ein unkonventioneller Krimi, den man so schnell nicht aus der Hand legen wird. Klingt altbacken, ist aber so.

Milan Knezevic

Patricia Vohwinkel - Zufällig Elchtod

ØØØØØ


éditions trèves (Trier 1998)

 

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