Sophia - People Are Like Seasons
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City Slang/Labels/EMI (GB 2004)
Dunkelschöne Perlen aus dem Herzen der Düsternis: Robin Proper-Sheppard präsentiert sich auf dem dritten Album seines Schmerzbewältigungs-Projekts zugänglich wie noch nie. 23.02.2004
Man muß sich Robin Proper-Sheppard als zerrissenen Menschen vorstellen. Als einen, dem die Dämonen Verzweiflung, Verlust und Einsamkeit im Nacken sitzen, unerbittlich und schon sein gesamtes Leben lang. Aber auch als einen, der daraus seine Lehren und Schlüsse gezogen, mit diesen Dämonen leben gelernt hat, dabei aber beharrlich schwermütig geblieben ist und doch stetig etwas weniger verzweifelt wurde. Nicht zuletzt dank seiner Musik.
Anfang der Neunziger stellt er mit dem schneidenden, psychotisch-betörenden Noise-Rock seiner Band The God Machine und Alben wie "One Last Laugh In A Place Of Dying" die Weichen für eine Unzahl an Epigonen, die im Aggregatzustand kreative Festgefahrenheit erstarrt ihr uninspiriertes Geriffe bis heute Industrial schimpfen. Die ersten Dosen Popularität sind noch nicht verarbeitet als das Schicksal gnadenlos Zähne zeigt: Bassist Jimmy Fernandez stirbt im Jahr 1994 aus heiterem Himmel an einem Hirntumor. Proper-Sheppard zieht sich von San Diego nach London zurück, veröffentlicht unter dem Namen Sophia (griechisch für Weisheit) auf seinem neu gegründeten Label Flowershop zwei Alben brüchigen, geheimnisumrankten Sadcores, dem das Lärm-Spektakel zugunsten elegischer Verlustbewältigungsmusik gewichen war.
Ganze sechs Jahre nach diesen bisher letzten musikalischen Lebenszeichen (wenn man von einem Live-Album absieht) überrascht "People Are Like Seasons" zunächst mit einer (zumindest dosierten) Weltzugewandtheit, die man so nicht erwartet hätte: "Oh My Love", ein schwermütig-hymnischer Liebesschwur bisher ungekannten Hitpotentials oder "Fool", mollgefütterte Melodieseligkeit par exellence. Und auch wenn es im lautstarken, God Machine-esken "If A Change Is Gonna Come" so treffend heißt: "And life’s a bitch / and then you die", so spiegelt Sophias Dritte doch erstmals auch eine in Ton und Botschaft neu erschlossene Zuversicht wieder (siehe auch Textzeilen wie "The world’s not a bad place" oder "I swore to myself I’ll never get lost again"), die sich über weite Strecken durch das durchlässiger gewordene Gemäuer der Schwermut zu schlängeln weiß, ohne es freilich ganz zu durchlöchern. Eine Platte, widersprüchlich wie die Jahreszeiten. Oder das Leben selbst.
Irgendwo zwischen zerbrechliches Songwriting, dröhnend klappernde Lärmgestelle und zuverlässigen Melancholiegestus setzen sich Proper-Sheppards Oden an ein erträglicheres Morgen (oder Heute?). Und lassen dich nicht mehr los. Man muß sich Robin Proper-Sheppard als zufriedenen Menschen vorstellen.
Sophia - People Are Like Seasons
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City Slang/Labels/EMI (GB 2004)
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