https://www.faz.net/-gzg-73hki

Kommentar : Die Wolke über der Buchbranche

Von dem Genius loci Frankfurts als Umschlagplatz für Geistiges und Bücher profitiert die Buchmesse Bild: Pilar, Daniel

Frankfurt ist schon sehr lange eine Stadt der Bücher und ein Umschlagplatz für Geistiges. Gerade in Zeiten der Entmaterialisierung nicht nur von Buch und anderen Medien wird ein Literaturbetriebsfest umso wichtiger sein.

          1 Min.

          Frankfurt ist schon sehr lange eine Stadt der Bücher, der Verlage, ein Umschlagplatz für Geistiges und Gedichtetes, ein Ort des Wortes und der intellektuellen Auseinandersetzung. Und das wird so bleiben. Aller Erfahrung nach sind nämlich die ältesten Prägungen die beständigsten. Von diesem Genius Loci profitiert auch die Buchmesse, von der derzeit keine Abwanderungspläne bekannt sind. Frankfurt und die Buchmesse gehören sowohl in der Selbstwahrnehmung der Stadt wie in der Betrachtung von außen untrennbar zusammen.

          Daran wird auch die Datenwolke nichts ändern, die Buchmessen-Chef Juergen Boos als künftiges Großzwischenlager für Inhalte über der Branche schweben sieht. Gerade in Zeiten der Entmaterialisierung nicht nur von Buch und anderen Medien, sondern auch von geschäftlichem wie privatem Austausch wird ein Literaturbetriebsfest umso wichtiger sein, bei dem unmittelbare Kommunikation und direkter Kontakt wichtige Rollen spielen. Buchhändler und Verleger, Autoren und Übersetzer, Literaturagenten und Lizenzhändler begegnen sich, lassen sich auf Neues ein, knüpfen Verbindungen.

          Es geht um Inhalt und Gehalt

          Alle aber lechzen nach dem, was sich die Medienunternehmer in den vergangenen Jahren „content“ zu nennen angewöhnt haben. Wo es doch nicht nur um den Inhalt, sondern auch um den Gehalt geht.

          Ob jedoch ein literarisches Werk oder ein Sachbuch gehaltvoll ist, entscheidet nicht die Form, in der es den Weg zum Leser findet. Das E-Book ist mittlerweile so selbstverständlich wie das gebundene Buch. Dieses freilich hat seine Marktlücke künftig dort, wo es handwerklich besonders ansprechend gestaltet ist, in Typographie, Umschlag-Gestaltung, Papieranmutung jenes ästhetische Plus bietet, das ein digital verfügbar gemachter Text nie haben kann. Ebenso wenig werden Internet-Schaltkonferenzen jemals die Atmosphäre und den Charme einer Messe besitzen. Frankfurt brummt in diesen Tagen wie sonst selten im Jahr, allenthalben ist die Stimmung aufgekratzt. Dass vom Ende des Buchs gesprochen wird, gehört seit Jahren, nein: Jahrzehnten dazu. Womöglich jedoch steigt es mit der Cloud in ungeahnte Höhen auf.

          Michael Hierholzer
          Kulturredakteur der Rhein-Main-Zeitung.

          Weitere Themen

          Topmeldungen

          Bezos und Branson : Raketenmänner heben ab

          Wenn sich reiche Männer auf der Erde langweilen, streben sie ins All: Jeff Bezos und Richard Branson liefern sich einen Wettkampf, wer als Erster in den Weltraum fliegt. Für Elon Musk sind das Peanuts.
          Kaum war Holger Wustmann, nach den Sommerferien 1989 erstmals Klassenlehrer einer ersten Klasse in Neubrandenburg geworden, veränderte sich alles. Heute unterrichtet er an der Grundschule Süd.

          Grundschullehrer im Interview : „Am Ende stehe ich alleine vor der Klasse“

          Was sagt man seinen Schülern, wenn der Staat zusammenbricht? Was macht man, wenn man die Schüler in der Pandemie nicht einmal mehr sieht? Fragen an Grundschullehrer Holger Wustmann, der seine erste Klasse 1989 durch die Wende führte und nun Schüler durch die Unruhe begleitet.

          Newsletter

          Immer auf dem Laufenden Sie haben Post! Abonnieren Sie unsere FAZ.NET-Newsletter und wir liefern die wichtigsten Nachrichten direkt in Ihre Mailbox. Es ist ein Fehler aufgetreten. Bitte versuchen Sie es erneut.
          Vielen Dank für Ihr Interesse an den F.A.Z.-Newslettern. Sie erhalten in wenigen Minuten eine E-Mail, um Ihre Newsletterbestellung zu bestätigen.