Neues Lokal in Frankfurt : Satire und Schnaps bei Henscheid
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Satire und Schnaps: Die neue Kneipe Henscheid in Frankfurt bewirbt sich ironisch. Namensgeber Eckhard Henscheid (links) und Oliver Maria Schmitt bei der Eröffnung. Bild: Wonge Bergmann
Eine echte Satirikertränke soll es werden, ein zweites Wohnzimmer für Frankfurts Komödianten: Das neu eröffnete Lokal „Henscheid“ ist benannt nach einem großen Satiriker.
Keine Satire ohne Kneipe. Schon als es noch keine „Titanic“ gab und die Angehörigen der Neuen Frankfurter Schule in den Büros der „Pardon“ Frondienste leisteten, war der Satirikeralltag bisweilen so anstrengend, dass in den umliegenden Lokalen des Nordends nach Abwechslung gesucht werde musste. So hat Eckhard Henscheid es vor wenigen Wochen berichtet, als er zum Auftakt von „Frankfurt liest ein Buch“ alte Wirkungsstätten besichtigte und vom Philanthropin aus mit sinnendem Blick auf das kleine Hochhaus am Ende der Hebelstraße schaute, in dem die „Pardon“ damals untergebracht war.
Seit den frühen siebziger Jahren hat es in Frankfurt mehrere Lokale gegeben, denen Henscheid und seine Freunde ihr Vertrauen geschenkt haben. Einige von ihnen sind in Henscheids Roman „Die Vollidioten“ erwähnt, auf den die vierzehn Tage des Lesefests alte und neue Anhänger von Buch und Autor aufmerksam gemacht haben. In den vergangenen Jahren zählte zu diesen Lokalen auch das Klabunt an der Berger Straße im Frankfurter Stadtteil Bornheim. Jetzt gibt es das Henscheid. Denn das Klabunt wird abgerissen, die Wirtsleute Andreas Kramer und Christa Brill aber haben ein neues Lokal an der Mainkurstraße aufgemacht, nicht weit vom alten Ort entfernt.
„Eine gewisse Rührung“ beim Namensgeber
Eröffnet hat es am Donnerstagabend der Mann, nach dem es heißt. Denn so geziemt es sich für Schriftsteller, nach denen zu Lebzeiten Kneipen benannt werden. Henscheid gab seinen Empfindungen in wohlgesetzten Worten Ausdruck: „Sie gehen nicht fehl in der Annahme, dass eine gewisse Rührung mich überläuft.“ Ihm zur Seite Oliver Maria Schmitt, der sich als ehemaliger Chefredakteur der „Titanic“ darüber freute, dass Frankfurt, die Stadt mit der höchsten deutschen Satirikerdichte, jetzt wieder über eine ihr angemessene Satirikertränke verfüge. Als amtierender Oberbürgermeister der Herzen zerschneide er jetzt dieses Band.
Nachdem das Band zu Boden geflattert ist, zeigt sich beim Betreten des Ecklokals, dass gerade Frankfurts Satiriker aus guten Gründen Wert auf Traditionspflege legen. Im Henscheid finden sich zwei der Zille-Zeichnungen wieder, die 1972 das Mentz schmückten, als Henscheid seinen Roman in der ein paar Jahre später geschlossenen Kneipe am Oeder Weg spielen ließ. In den Tagen von „Frankfurt liest ein Buch“ waren die völlig verrauchten Tafeln im „Fenster zur Stadt“ zu sehen, wo Schmitt sie ersteigerte. Auch andere Andenken aus dem zu literarischem Ruhm gekommenen Lokal schmücken das Henscheid, zu Gast sind am Eröffnungsabend auch der damals mit seinem Vater hinter dem Tresen stehende Wirt Hans-Joachim Mentz und seine Schwester Christina.
„Alle möglichst täglich hier rein“
Seine eigenen literarischen Weihen erhält Brills und Kramers neues Lokal mit Henscheids Erzählung „Die Wurstzurückgehlasserin“. Von den Freuden des Kellnerquälens, von denen das böse kleine Meisterwerk berichtet, möge die Mannschaft verschont bleiben. Er selbst jedoch werde gelegentlich Kontrollbesuche machen, bemerkt Henscheid. Und selbstverständlich erst dann in die Kasse greifen, wenn der Laden brumme. Bis dahin laute die Devise: „Alle möglichst täglich hier rein.
Das Lokal
Die Kneipe Henscheid befindet sich in der Mainkurstraße 27 in Frankfurt.