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Autorenbuch Hannes Bajohr TOKIO – FIXPOETRY.com

Gewählter Autor: Hannes Bajohr

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TOKIO


zum Beispiel Shibuya, dort artifizielle Gestalten und die Lichter scharf und sechzehn Stockwerke bunt, darin mit Aufzügen werden geschleust die Besucher und kommengehen akkordweise. Stadt, das ist keine mehr; nur zwei Arten Mensch, in Arbeit und Freizeit, auch das Arbeit. Orange leuchtet Yoshinoya billig als Anker, Asyl zehn Minuten bei Reis mit Rindfleisch und Gratiswasser, das kann hier ein Glück sein wie ein Gerechter. Hinter der Theke schwitzen die Kellner und Köche und nehmen und tragen und schieben und braten. Ich danke ihnen mit Schweigen und dreihundert Yen

die Pornoläden mit vier Etagen Videos und Allemwasdazu, man wills nicht wissen im Detail, aber Neugier schiebt durch die Gänge vorbei an kindlichen Schuluniformen, anal und amphib im gleichberechtigtem Verhältnis, man wills nicht wissen und die Salarymen mit dem Einkaufskorb nehmen Gleitgel und was für Instrumente mit in die Kabine, nicht im Detail; und Hallen davon, eine Masse, dass Straßenqueren möglich ist und trotzdem der Katalog nie dem Blickrand forttaucht

sie sind nicht zu fassen: die dreißig Millionen, die hier die Erde zuhalten, ich kann sie nicht ausmalen, irgendwo beschneidet immer der Horizont die aufgewühlte Vorstellung und lenkt sie ab in Bahnen und in Ruhe. An den Haltestellen, die als Katakomben die Stadt untererd spiegeln und am Drüber zweifeln lassen, fließen die Menschen als Plasma mit Terminen ohne Widerstand. Ihr Metronom kann ich nicht kennen, es ist mir fremd, ich bin hier unter Millionen Wissenden der einzige, der den Takt verfehlt. Wer allein ist, ist nur auf dem Weg, es gibt nur Kollektive. Ich kann nicht schwimmen und treibe bloß obenauf

ich entstieg dem Bus als noch Nebel und Krähen als dunkle Schatten über Shinjuku kreisten, die Menschleere gegen fünf und die Fußgängerbrücken, die das Oben übersteigen, gefährlich fern über die Straßen schwingen, ein Windhauch und der Beton wird zu Papier, ein bekanntes Gesicht und die Häuser bekämen Rinde, würden lachen und freundlich auf die Schulter klopfen. Tagsüber weisen die Fassaden ums Rathaus die Menschen aus, feindliche Fenster in schlanker Linie. Ein Rauschen über der Stadt aber selten ein Laut. Und die Panik, nicht überall sein zu können, die alte Weisheit, Dort halt ichs auch aus – wenn dort hier sein soll: dann nicht

auch Sen Gawa, ruheloser Vorort, der geile Bruder in Miniatur, Hoffnung auf Zäune und Planken vergebens, dafür Zwingen an den Rändern, da dreht einer dran und dreht. Kriminelle gibt es nie. Und nur eine Partei seit fünfzig Jahren. Einbahnstraßen, die ich mit ausgestreckten Armen umarmen kann. Einmal bin ich umarmt worden, unverhofft in einer Bar, als ich trank und einer kam und mit mir trank

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