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Autorenbuch Jochen Arlt Wintertagebuch, Eifel-Februar 2010 – FIXPOETRY.com

Gewählter Autor: Jochen Arlt

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Wintertagebuch, Eifel-Februar 2010


Am Schreibtisch, als Jubelanlass, heute von Fritz Wunderlichs „Sternstunden“ aus dem CD-Player flankiert. Jubelanlass? Ähm, ja, nun fehlt’s mir, kaum glaublich, das seit satt zwei Wochen nolens volens eigenbestimmte Schneeschippen. Hatte mich für die erforderlichen beiden Stunden jeweils ab etwa 8 Uhr gerüstet, über frostige Kälte beklagt. Inzwischen, längst, an diesen arktischen Winter nicht nur gewöhnt, weiß ich seine scheinbare Öde und Trostlosigkeit gar zu schätzen. Eine authentische Jahreszeit, geprägt durch Urtümliches, Geheimnisvolles. Wie ehemals bei von Pater Pius gelenkten Rundgängen auf dem marmornen Laacher See. Erinnere mich an Obermendiger Kindertage mit Eisblumen an Fensterscheiben, an die Nestwärme auch durch den vom Großvater gestochten Kachelofen. Die Kohle glühte und ich meditierte, war gleichzeitig Scott und Amundsen. Mit ersten im Schnee hinterlassenen Fußspuren wurde der Schulweg zur Montblanc-Gipfelbesteigung. Bei nahender Dunkelheit heim gekommen, nach Schlittenabfahrten im Kirchrain, heißer Kakao, Rosinenschnecken und magische Schatten an der Wand. Oma häkelte. Freddy Quinn ließ ihr per „Heimweh“ die verlorene Heimat Breslau nachklingen. Nun, ein halbes Jahrhundert später, strickt Monika. Ich trage die klirrende Zeit hindurch ausschließlich ihre bunt komponierten Wollsocken. Oder wir beschließen spontan unser Lieblingstal in Lind zu besuchen, gravieren droben über  Ahrbrück erste Schlittenspuren, taumeln durch kniehohe Schneefelder in Richtung Krippenkapelle. Der schneidende Wind will das Anzünden einer Kerze verhindern. Schließlich züngelt doch noch ihre Flamme hinter grünem Butzenglas. Eiskuppen gleich meine Fingerspitzen. Wenig später gesegnete Stille. Wortloses Glück. Und momentan, das erste Mal im Februar, schrill leuchtendes Edel-Weiß durch die lange vermisste Sonne – Sonne, Fritz Wunderlichs Sternstunden gleich.
 
 

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