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Das Bemalen der Pflastersteine im Regen

Statement

Adorno schickt dem zweiten Teil seiner Minima Moralia den Aphorismus von Francis Herbert Bradley (aus Appearance and Reality) voraus: „Where everything is bad it must be good to know the worst“. Aber lässt sich überhaupt als Diagnose aufrecht halten, dass es jemals nur Schlechtes gegeben hat oder geben wird? Und wenn alles schlecht ist, wie kann es dann noch Gutes geben und vor allem wie kann dieses Gute lediglich in einem Wissen um das noch Schlechtere bestehen? Ist es also das Wissen (um den worst case), das die Schlechtigkeit des status quo relativiert?

Wir flüchten uns naturgemäß wie Adorno und Bradley in die Schrift, wohl wissend, dass der Mensch „kein abstraktes, außer der Welt hockendes Wesen [ist]. Der Mensch, das ist die Welt des Menschen, Staat, Sozietät.“ (Zur Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie) Auch wenn es oft die Unzufriedenheit über diese Um- und Zustände ist, die sowohl die Theorie als auch die Kunst hervorbringt, möchte ich nochmal – diesmal vielleicht mit mehr Vehemenz – die Frage stellen, ob wir nicht vielleicht doppelt handeln müssen, nämlich nicht nur das Ich neu hervorbringen, sondern auch geschlossener auftreten müssen als Ich, das aus dem Text heraustritt?

Natürlich sehe ich die Schwierigkeiten, auf die wir hier hinsteuern, Jans Text gibt sie sehr präzise wieder, aber vielleicht findet sich beim Bemalen der Pflastersteine im Regen irgendwann ein Schirm...

Gedichte brauchen Öffentlichkeit – so eure bisherige Antwort – und doch entstehen und vergehen sie in der Regel fernab der Öffentlichkeit und ich behaupte, sie können gar nicht öffentlich werden, ohne ihre Poesie einzubüßen (was aber nicht nur tragisch sein muss). Deswegen das Flaschenpostartige, der Händedruck etc.

Am Ende der „Überschreibungen“ schreibt Martin an Jan: „Ich fühle mich so machtlos, ich sehe keine Möglichkeit verstanden zu werden. Aber ich habe die Hoffnung, dass es doch ab und an geschehen kann.“ Und etwas später: „Nein, ich versuche nichts durch das Schreiben zu lösen, das wäre vermessen, aber ich möchte etwas erreichen. Mag sein, ich instrumentalisiere meine Gedichte, aber ich möchte keine Parolen schwingen, die ich für allgemeingültig halte – naja, manchmal vielleicht schon.“ Du rettest dich also ins Widersprüchliche, Offene, ins Aber (oder „Aber aber aber“), aber – das ist der Unterschied zu Hegel – ohne das Absolute zu kennen.