Kellnerinterview

WILLIAM S. BURROUGHS RETROSPEKTIVE IN HAMBURG - Ausstellung „Beneath the Path“ at FETT6


beneath the path source: ale stiftung fettstr.6 hamburg

 

Michael Kellner, Jahrgang 1953, kam in den 70ern nach Hamburg, wurde Buchhändler, der sich zum Verleger wandelte und danach zum Übersetzer.

Viel gelobt: „Ruhm tötet alles“, der Briefwechsel zwischen Ginsberg und Kerouac, den er für Rogner & Bernhard ins Deutsche brachte. Fotografiert hat Kellner mehr oder weniger immer – was man in der Ausstellung in der Fettstraße sehen wird – oder auch hier nachlesen kann.  Es lohnt auch ein Blick auf die interessante BeatNet-Seite: (Foto Ginsberg, Biermann, Rühmkorf 1979)



Nach der Vorstellung des französisch-brasilianischen Films „On the Road“ von 2012 im Metropolis stellte Andreas Greve Michael Kellner einige wenige Fragen.

Greve: Mal vorab: Wir duzen uns auch in diesem Gespräch – oder schalten wir auf Sie zurück?

Kellner: Nein, von mir aus nicht ...

Greve: Vielleicht sollten wir zunächst einmal das wieder entflechten, was ich gestern so beherzt zusammen rührte (nicht umsonst nannte ich es grober Überblick): Wie kam so viel Burroughs nach Hamburg – von wo und durch wen? Welche Verbindung gibt es zwischen der gezeigten Kunstkunst und der Filmkunst?

Kellner: Die Ausstellung ist im Laufe der letzten drei Jahre von Axel Heil und Udo Breger für das ZKM in Karlsruhe kuratiert worden, dort wurde sie von März bis August 2012 gezeigt. Harald Falckenberg hat sie dort gesehen und gesagt: Das möchte ich für meine Phoenix-Hallen in Hamburg haben. Die hiesige Ausstellung trägt deshalb folgerichtig auch seine Handschrift. Das Filmprogramm kam zustande, weil ich einen Teil des Begleitprogramms in Karlsruhe mitbekommen hatte und mir gesagt habe: Etwas ähnliches brauchen wir in Hamburg auch. Und das Kommunale Kino Metropolis bot sich auch deshalb an, weil ich dort bereits einen Kerouac-Abend realisieren konnte.

Greve: Wie erklärst Du Dir die enorme Schere zwischen Bekanntheitsgrad des Namen Burroghs und der geringen Kenntnis seiner Werke? Ich nehme mal stark an, dass es dieses Missverhältnis gibt (bei mir z.B.)

Kellner: Die Werke sind, anders als die von Kerouac und auch Ginsberg (Achtung: LYRIK! ) weiterhin nur schwer verdaulich und starker Tobak. Ähnlich wie z.B. bei Genet. Und wer hat schon "Finnegans Wake" gelesen? (Ich auch nicht.) Aber den Namen Joyce kennen "alle".

Greve: Welche Namen von Literaten in Deutschland oder in Nordeuropa würden unter das Label „Beatgeneration“ fallen? Hubert Fichte? Oder ist das sowieso eine falsch gestellte Frage?

Kellner: Nein, Fichte ist nicht "Beat" ... Allerdings ein ähnlich querliegender später Zeitgenosse. "Beatautoren" gab´s/gibt´s in diesem Sinne hierzulande nicht ... Man kann ja auch nicht "wie Burroughs" schreiben und auch nicht "wie Kerouac" oder Ginsberg (obwohl ich eine Zeitlang mal mit seinen Vorstellungen von Langzeile und Atem experimentiert habe). Jörg Fauser fällt mir dabei ein - da gibt es vielleicht die meisten Berührungspunkte ...

Greve: Dann rühre ich zum Abschied mal wieder beherzt - und zwar die vorletzte mit der letzten Frage - zusammen, als die wären: Wann wurdest Du zum Beatnik, zum Beatnik-Interessierten und wann zum großen Beatgeneration-Kenner? Oder, um das Foto auf der Einladungskarte zu Deiner Ausstellung „Beneath the Path“ zu bemühen: Mit wem steht denn da der blutjunge Michael Kellner wann und warum an welcher Streetcorner?

Kellner: Danke - aber ich bin kein Beatnik . Zum Beat-Interessierten wurde ich an einem Abend im Sommer 1970, als ich HOWL als Experimentalballett in Kassel sah und mir am nächsten Tag das Buch kaufte. Und wenn man sich gut 40 Jahre (mit Unterbrechungen) mit etwas beschäftigt, dann wird man einfach zum Kenner. Und auf dem Foto steht der auch schon 27-jährige MK im Juli 1980 neben Ted Joans vor dem City Lights Boookstore in San Francisco. Ich war in jenem Sommer drei Monate in den USA und habe u.a. Ted in Frisco getroffen. In der Ausstellung wird es ein weiteres nur von Ted an der gleichen Ecke geben.

 

Greve:  Danke D i r !  Und bis nächste Woche in der Fettstrasse!


Foto: Michael Kellner | Weiterführende Links zu Michael Kellner, William S. Burroughs Retrospektive, der Ausstellung in der Fettstr. in Hamburg und zu einer ausführlichen Besprechung zu »Ruhm tötet alles » finden Sie links im Block weitere Infos zum Beitrag. Wir danken Michael Kellner und Andreas Greve für das Interview. (Anm.der Redaktion)