Blanka Beirut-Tagebuchstaben (2)

Kolumne

Autor:
Andrea Karimé
 

Kolumne

Schwangerschaftsengel, trauriger / Januar zwei/ Janajer etnein

Siehst du das weißliche Kashi, die Stadt?
(Ulrike Almut Sandig)

Blanka Beirut hat nicht mehr alle ihre Tassen im Schrank. Der gestreifte Nachbar hat sich welche ausgeliehen. Liegt es daran, dass Blanka heute eine Verschleierte fragt, seit wann Moscheen zwei Minarette haben? Scham im Schrank. Oder Leere in der Gedankenmulde.

Letzteres ist gut, denn dort kann sich der Schwangerschaftsengel nun ein wenig ausruhen. Erschöpft und untröstlich, weil er keine Wärme ins Gesicht der deutschen Familienministerin zaubern kann. Eher umgekehrt. Trotz aller Mühe wären seine Fingerchen beinahe am Lächeln der Arktisdame fest gefroren. Versagt! Das war ihm vorher noch nie passiert.

Der Nymphensittich hilft hier auch nicht weiter, denn der hat Fieber, wegen der vom Himmel fallenden Starlinge. Nur noch weißliche Vogelvokale sagt er seitdem und träumt von Wolkendampfbädern.

Blanka Beirut, die der allmählich verschwindenden Scham erleichtert hinterher winkt, mixt einen ebenfalls weißlichen Wörtercocktail und liefert dem Himmelsgesellen eine Wärmflasche. Da schläft der Geschlagene ein.

Nachts wird Blanka von einem komplizierten Geräusch wach: Eine Gabel fällt in einen großen Schmuckkasten. Denkt sie wenigstens. Aber nur das Mondlicht wütet über den Fußboden aus dem Fenster hinaus. Darauf muss der Engel heim gefahren sein, in seine Himmelsstadt zurück. Erst am Morgen merkt Blanka Beirut, die Nichtmutter, dass ihr viel wärmer ist als sonst.