Kolumne
Mubarbarak und seine Scheinheiligenscheine / drei / teleta
Deutschland war für mich wie ein kompliziertes Gerät, für das es keine Gebrauchsanweisung gab.
(Hamed Abdel Samad)
Seit Tagen ist der Kölnhimmel blank und pfirsichschön. Und die Luft schmeckt nach Porzellaneis. Seit gestern ist der Himmel über Kairo schwarz und weich wie eine alte verfilzte Decke. Die Luft schmeckt nicht, wie immer. Und seit gestern ist Blanka Beiruts Herz ein Gerät, das sie nicht mehr versteht. Seine Geräusche erinnern an das Plumpsen von Tränen in eine Kaffeetasse. Oder an einen Reisekoffer, der mit einer Plastikplane bedeckt ist. Auf Blankas Koffer steht Kairo, denn dahin wollte sie.
Das geht nicht, keift der Nymphensittich. Da kannst du jetzt nicht hinfliegen. Und recht hat er gehabt.
Aber erst einmal geht’s, meint zumindest Hansa Luft, die pikierte erste Dame der deutschen Luftfahrt. Sie müssen fliegen, trotz der Toten, trotz der fehlenden Netzverbindung, sagt sie, sonst ist ihr Geld weg. Das leuchtet ein. Also wird weiter gepackt. Und das Herz wird zurecht gewiesen. Zwischendurch öffnet sie ihren Wortsschrank, da fallen aber nur Humpeltiere heraus, auf schweren Buchstabenbeinen und mit verbrannten Augen. Denn in der Nacht brennt halb Kairo, und der Diktator zeigt giftig Sack und macht seine Militärhunde scharf. Über seinen Augen schwingen schwarze Scheinheiligenscheine wie halbe Autoreifen. Und was ihm Lider hängen lässt: Lügenlicht und ältlicher Tritonus. Müllbarack, Mubarkack, reimt Blankas Handtaschengeselle wieder prophetisch.
Also noch ein Telefonat mit dieser eingebildeten Hansa Luft, die nun kleine runde Schokotönchen spuckt. Ah, das was wenige Stunden zuvor ging, geht nun nicht mehr, wie der Nymphensittich vorhergesagt hat. Blanka darf kostenlos in Deutschland bleiben.
Inzwischen vermeldet auch das auswärtige Amt viele Sorgen. Zuallererst die um die neuen Flüchtlingsströme! Und man ziert sich mit der Reisewarnung wie ne Tortenspitze. Lasst doch die armen Deutschen tauchen!
Beide Geräte sind zu kompliziert, Deutschlandgerät und Mubarakgerät, konstatiert Blanka vor lichtarmer Kofferlandschaft. Am Fuße schlummert friedlich die Hoffnung für die abgeschnittenen Freunde in Kairo.