Frau Lehmann

Freakshow

Pause. Alina, die ukrainische Kollegin von Frau Lehmann rollt ihre Leggings hoch. Sie schwitzt im Dampf der Döner Bude. Im Fernseher laufen Nachrichten aus Kiew. Putin, sagt sie. Am liebsten wäre ich jetzt zu Hause in Donezk und würde ihm die Stange halten! Diesem Prachtkerl!  Putin, zischt Kinga verächtlich und spuckt auf den Boden. Warum du mit deinen fetten Beinen immer Leggings trägst, hast du keine Strumpfhosen!  Mona und Ursel ziehen sich die Lippen nach. Zeichnen einen schwarzen Strich an den Rändern und malen blutrot aus. Kussmund. Botox wäre eine ausfüllende Maßnahme, ich spar da jetzt drauf, seufzt Mona. Sie zünden sich eine Kippe an. Es ist weit nach Mitternacht, die Frauen  sind müde.  Und du,  Lehmännchen, fragt Kinga. Wie geht’s dir?  Kinga lacht, so als wüsste sie, wie es ihr geht. Als sei es jetzt Zeit, mal was zu lachen zu bekommen. Ich verschiebe die Grenzen, sagt Frau Lehmann mit fester Stimme. Die Frauen sehen sie verständnislos an. Ihr könnt euch noch so anstrengen, so klein wie ich werdet ihr nie! Ich bin ein Freak. Frau Lehmann wirft die Kippe auf den Boden, springt salopp vom Barhocker und geht. Sie dreht sich nicht mehr um.

Fixpoetry 2014
Alle Rechte vorbehalten
Vervielfältigung nur mit Genehmigung von Fixpoetry.com und der Urheber
Dieser Artikel ist ausschließlich für den privaten Gebrauch bestimmt. Sie dürfen den Artikel jedoch gerne verlinken. Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.

Letzte Feuilleton-Beiträge