Ich war's
Eine Serie von Polemiken, Kritiken, Interviews, Reden, Kommentaren und Essays Gerhard Falkners aus den letzten 30 Jahren ist Anfang diesen Jahres gesammelt unter dem Titel Bekennerschreiben im bibliophilen Starfruit Publications Verlag erschienen. Stattliche 600 Seiten füllen die Umschlagklappen, die zugehörige Kunst ist eine Serie von Fotos eines die Elemente, Wasser, Berge und Wiesen peitschenden Wesens – ein Bild des Aufruhrs, das gut zu den aufgerufenen Texten und Themen passt. Falkner äußert sich zu allem (Literatur, Musik, Wandern etc.), hauptsächlich allerdings Dichtung, davon oft mehrfach ähnlich an verschiedener Stelle und eigentlich durchgehend aufrührerisch und angestachelt. Das macht den Reiz dieser Textsammlung aus, die für eine durchgehende Lektüre etwas lang und teilweise redundant an Material ist, doch das sei nicht unbedingt Zweck dieses Thesen- und Streitbuchs. Man greife an beliebiger Stelle hinein und sofort ist er da, dieser typische, enorm eloquente Falkner-Sprech voller steiler Thesen, Provokationen und Florettgefuchtel eines wie permanent zum Duell geforderten. Seine Sprache ist faszinierend, von fast sportlicher Präzision, witzig und immer wieder von sehr poetischen Formulierungen durchdrungen. Ob man mit allem konform geht, einiges vielleicht unbescheiden findet oder völlig anderer Meinung ist, ist diesem Buchprojekt selbstverständlich immanent und so scheint es auch gemeint. Falkner breitet viel von sich aus, gibt preis und lässt in seine Ideen und Themenwelt blicken. Von frühen Bachmannpreis-Streitschriften, über aktuellere Dispute mit Michael Braun, Ann Cotten u.a. zu freien Kritiken eines ungezügelt kapitalistischen Buchmarktes oder der Herrschaft der "superkurzen Einsatz- und Bereitschaftssprachen", Falkner spart nicht an scharfen Worten, lässt aber auch stets die ästhetische Verzückung zu, wenn er von Danielewski, Vogelarten im Wallis oder Londoner bibliophilem Buchhandel der späten 70er Jahre spricht. Bekennerschreiben ist auf jeden Fall zu empfehlen, besonders da Falkner sich in letzter Zeit zunehmend als Romancier neu erfindet und so inzwischen einen weiteren Kontrafokus in seinem breit gefächerten Werk aufgemacht hat. Prosa-Bekennerschreiben könnten folgen. (Falkners bisher bekannteste Streitschrift Über den Unwert des Gedichtes fehlt leider in vorliegendem Band, hätte ihn womöglich aber gesprengt.)
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