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ostra-gehege Zeitschrift für Literatur und Kunst
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ostra-gehege Zeitschrift für Literatur und Kunst
Kritik

Die Engel sind die Huren des Himmelreichs

Hamburg

Als ich Adolf Holls Wie gründe ich eine Religion vor einiger Zeit fürs wespennest – natürlich unter dem Titel dieses übrigens sehr spannendes Buches – besprach 1, war das ein Thema, als ich kurz darauf den Fehler beging, Lehrer an einer katholischen Privatschule zu werden; weil ich diesen Fehler so wohl nicht wiederholen werde, leiste ich’s mir, Angelaki-Rookes Band nun quasi justament unter eben dessen Titel zu rezensieren: Die Engel sind die Huren des Himmelreichs.

Damit zu dem Band; es ist ein schmaler Band, er hat Gewicht, er ist ein Rückblick auf das bisherige Werk der 1939 geborenen Dichterin. Das Gedicht ist bei Angelaki-Rooke eine Wunde, oder: eine Reaktion auf diese:

            „Damit ein Gedicht entstehen kann,
            muss es eine Wunde geben.”

Leidenschaft? – Ein „erstarrter Herv, hart”, die Hoffnung und die Erfahrung im Widerstreit, wie es das Gedicht zueinander zu stellen vermag. Es verflicht alles,

            „ein Spinnenetz,
            das unter der Schädeldecke
            schwebt.”

Darin verfängt sich manches, daraus aber lebt manches, wie die erwähnten „Engel” – „die Huren des Himmelreichs” – das Beste am Himmel sein mögen, einfach ist hier nichts...

Einige Texte sind im Original geboten – zurecht, die Übersetzer wissen, wo es fast unübersetzbar wird, etwa, wenn „das Sein an der Natur befestigt” sein soll, worin im Griechischen noch vernehmlicher eine Antithese schwelt, und zwar zwischen dem Festen des Befestigens („stereotheí”) und der Natur, die im Griechischen ja ein Wachsen/Wuchs ist: „physe”.

Diese Lieder, die das lyrische Ich „zu heulen – oder zu singen, wie die Welt meint –” sich anschickt, halten viel bereit, auch den Irrealis, getreulich: „Wenn ich wenigstens an Gott glaubte”, so hätte „ich [...] einen Himmel wie Rilkes Himmel mit Engeln”, assoziiert er sich bekanntlich auch mit dem Schrecklichen.

Alles in allem wunderbare Gedichte, einfühlsam übertragen. Zu empfehlen..!

Katerina Aggelaki-Rooke
Die Engel sind die Huren des Himmelreichs
Übersetzung: Dirk Uwe Hansen, Jorgos Kartakis
Reinecke & Voß
2016 · 82 Seiten · 10,00 Euro
ISBN:
978-3-942901-25-3

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