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Komm! Ins Offene haus für poesie
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Kritik

Alles möglich: Klaus Schikowski über Comics

Hamburg

Comics – der Begriff umfaßt eine Reihe von Genres, Subgenres und Hybridgenres, wie er auch andere als die ihm angestammten Medien berührt, es geht hier also um ein „Multigenre” – sind in ihrer Eigenart kaum zu definieren, doch prägen sie unsere Kultur aufs Vielfältigste, als Kommunikatoren von Mainstream-Ansichten, aber auch als deren Dekonstruktion, in Bildern, Ikonischem und vielem mehr: „Die Geschichte der Comics hat gezeigt, dass alles möglich ist”, schreibt Schikowski.

Er unternimmt den ehrenwerten und über weite Strecken sehr gelungenen Versuch, in all diese Wirrnis Licht zu bringen; sie nicht aufzudröseln, denn die Spannungen gehören zu dieser Form, Bild und Text „zu verschränken”, Universen zu Multiversen zu verketten und – gnadenlos zu plagiieren: Künstlerrechte und Klagen wie jene von DC, da man Superman in Wonderman wiedererkannte, wie auch in Captain Marvel, wobei die Klage hier scheiterte.

Gewürdigt werden Sprachleistungen wie jene Erika Fuchs’, die allerdings auch Bedenkliches bot, „Fahrtenlieder” inklusive. Wie Panel und Gutter die Bilder im Zusammenspiel prägen, und sei’s als „Leerstellen”; wie Texte Bildteile werden. Das Zusammenspiel von Photographie und Zeichnung, von Narrativ und Reportage wird analysiert. Geschildert werden auch Probleme wie das des Tod des Helden (gibt es ihn letztlich?1 ...wird er durch Multiversen relativiert?), und jenes seines Alterns. Sind Comics das Genre der Helden oder ihrer Dekonstruktion? Sie als „imaginary story” deklarierend führt immerhin Alan Moore, dessen Watchmen nicht selten als beste graphic novel angeführt wird, in eine seiner Geschichten ein: „»This is an imaginary story ... Aren’t they all?«”

Und als Pendant der Dekonstruktion werden die, die gar keine Helden sind, vorgestellt, so Gaston Lagaffe, worin sich die „Lust an der Katastrophe” – oder vielleicht doch der Dysfunktion im Zeitalter der Effizienzideologien? – in André Franquins „dynamisch-nervösen Zeichnungen” spiegle.

So werden an Einzelfällen die Möglichkeiten des Genres gezeigt, das eben dies nicht ist; und umgekehrt aus den Spannungen dieser Zeichnungen und Texte, die so hartnäckig Lessings Laokoon zu Bild und Text ignorieren und widerlegen (daß dieser Schlüsseltext im Buch nicht erwähnt wird, ist eine kleine Unterlassungssünde), die Einzelfälle beleuchtet.

Alles in allem also eine kompetente, liebevolle Einführung. Huba!

  • 1. cf. Martin A. Hainz: Wie Helden sich entgehen. Der Tod als Schrecknis, Impuls und Erlösung, von Batman zum Sensenmann und retour… In: Quarber Merkur 114 · 2013, S.32-55, passim.
Klaus Schikowski
Der Comic
Geschichte, Stile, Künstler
55 Abb.
Reclam
2014 · 293 Seiten · 22,95 Euro
ISBN:
978-3-15-010839-0

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