„Sieben Tage und fertig!“
Michael Mittermeier hat in etwa die Dezenz Jim Carreys, wenn er auf der Bühne agiert. Das kann man mögen, muß man aber nicht. Insofern wird man beim vorliegenden Buch entweder bedauern, ihn dazu nicht turnen und grimassieren zu sehen – oder erleichtert sein, nun mal ungestört die Pointen zu genießen.
Deren erste, tragende ist gut erzählt, aber nicht neu: Wir alle sind Anfänger, auch Gott schuf, als er schuf, zum ersten Male, ohne Bauamt, weshalb er nur sieben Tage brauchte, das Bauamt gestattete er sich später als Scherz. Alles aber etwas „amateurhaft“ darum. Und wie schlimm ist es erst, wenn man Mittermeier ergänzend sagte, daß es ja doch die Schöpfung 2.0 ist: Man vergesse nicht die Sintflut, es sind die Nachfahren der weniger Sündigen unter den Prototypen, die heute Genozide verschulden … aber dies, daß die Bibel an Blasphemie alles überbietet, ist ja längst bekannt, nicht ohne Grund wurden Katechismen geschrieben, nicht als Kommentar, sondern als Ersatz derselben für Nicht-Theologen, die solche Ungehörigkeiten nicht lesen sollen.1
In dieser Welt nun bewegt man sich, „als kleiner kritischer Grübler“, wobei man Mittermeier diese Bescheidenheit nie und nirgends abkauft, und erlebt dabei so einiges, etwa das, wovon der Comedian berichtet. Er ist am Palmsonntag geboren, das verbindet ihn mit – ja, mit wem? Und er ist Widder. Daraus ergibt sich, was einem bekannt vorkommt, es ist fast das Gespräch Mandys mit den drei Weisen, ob das Kind der Messias und Steinbock sei…
Ganz neu ist mit anderen Worten dieses Spiel nicht. Aber er erlebt ja nicht nur dies. Und er überbietet dabei freilich, was man erlebt, ich werde nun nicht erzählen, was ich bei der Einschulung tragen dürfen mußte, aber in der Tat: „Ein roter Cordsamtanzug ist schwer zu toppen“…
So erfährt man allerlei vom Fußballspiel, vom Zeugwart, der, wenn er Kondome verteilt, ein „Zeugenschutzprogramm“ leite, haha, die Geschichten wären vermutlich besser, käme nicht auf jeder zweiten Zeile ein ungebetener Kalauer Mittermeier und seinem Leser in die Quere. Und es sind ja teilweise Kalauer, von denen man, Sprung zurück, gar nicht weiß, wie sie die Sintflut überlebten, neu ist der Witz, daß die Zeugen Jehovas Jehovas zeugen, nun wirklich nicht, zudem funktioniert mancher Kalauer mündlich besser als schriftlich, das hätte das Lektorat dem Verfasser vielleicht sagen sollen. Eingeflochtene Philosophen-Zitate retten das nicht.
Schlecht ist der Text darum nicht, bloß zu selten unterhaltsam, gegenseitiges Pickelausdrücken als mildes Teenager-S/M ist herrlich widerlich, wenn es dann aber heißt, das sei „50 Shades of Pimple“, so ist das schon darum gut, weil damit die ganze Infantilität und Kleinbürgerlichkeit dieses Buchs, das ich bis heute nur angelesen habe, da, nun ja, bei all den Kalauern Mittelmeiers ist's schon egal: ausgedrückt ist. Aber dazwischen Kalauer; oder die Beteuerung, er habe hier und da und dort etwas erlebt: „Feinstes Comedy-Material“ sei das gewesen! Himmel, warum bringt er's dann nicht? Oder war es das dann auch schon??? Biene Maja und ihr Freund Willi als Porno-Show – und dann gibt es eine Schilderung, die brav ist, aber die Beteuerung, „Expressionismus pur“ sei das gewesen. Schön für Mittermeier, daß er beim Recherchieren Freude hatte. So muß man selbst nach St. Pauli und ins Safari – und hoffen (oder doch fürchten), daß es die Show so noch gibt.
Das Fazit ergibt sich aus einer Klo-Szene des Buchs; eine Kakerlake läuft auf Mittermeier zu, er vernimmt seine innere Stimme:
„»Michl, du bist verdammt, und Gott schickt dir eine Kakerlake, um dir die Ausweglosigkeit deiner Situation zu verdeutlichen«.“
Verdammt, dieses Buch zu schreiben; und der Rezensent verdammt, es zu lesen, manchmal erheitert, oft nicht ganz so sehr.
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