Vom Preisen mit Preisen
Preise scheinen eine eigene Literaturgattung zu sein. Mittlerweile gibt es allein im deutschsprachigen Raum einige Tausend Preise, die mehr oder weniger regelmäßig vergeben werden. Preise haben vor allem zwei Nutznießer: die Juroren, die eine wie immer geartete Kompetenz herausstreichen dürfen und dabei noch eine Jause oder ein kleines Honorar kriegen, und die Preisträger, die durch den Preis zu etwas Geld und einer Zeile für den Grabstein kommen. Dem Publikum ist der Preis ziemlich egal, die Dichter sollen dichten und nicht herum preisen!
Thomas Bernhard hat in den sechziger Jahren so allerhand Preise bekommen. Voller Süffisanz und Ekel schreibt er über diese heiligen Kühe die da heißen: Grillparzer-Preis, Franz-Theodor-Csokor-Preis, Literaturpreis der Wirtschaftskammer, Büchner-Preis.
Die Erfahrungen sind immer die gleichen: Ekel, dass man diesen Preis entgegennehmen muss, völlig debiles Ambiente bei der Preisübergabe und anschließend Scheck, mit dem sich ein Stück Leben bewältigen lässt.
Thomas Bernhard erzählt voller Schalk, was er sich mit den Preisgeldern jeweils gekauft hat, einmal eine Ruine, die er später zu einem Bauernhof ausgebaut hat, einmal ein Sportauto, mit dem er in Jugoslawien prompt einen Totalschaden gebaut hat. Und der Preis für diesen Preis war immer der Höchste: Anzug kaufen, Rede vorbereiten. Beides hat der Autor immer am letzten Abdruck erledigt, auf dem Weg zur Preisverleihung schlüpfte er noch schnell in einen unpassenden Anzug, während er bei der Rede oft nur einen Satz wusste und ein paar Notizen vorlas.
Natürlich sind die Erzählungen über die Preise höchste Literatur, die gerade wegen der schlichten Übertreibung genau auf die Preis-Realität abzielt.
„Wenn mich die Leute fragten, wer denn diesen sogenannten Großen Staatspreis schon bekommen habe, sagte ich jedesmal, lauter Arschlöcher und wenn sie mich fragten, wie denn diese Arschlöcher hießen, so nannte ich ihnen eine Reihe von Arschlöchern, die ihnen alle unbekannt waren, nur mir waren diese Arschlöcher bekannt.“ (S.71)
In dieser Tonart werden die Preise abgehandelt und beim Leser entsteht die größte Fröhlichkeit. Was man schon längst vermutet hat, ist hier wirklich schwarz auf weiß aufgeschrieben.
Uns Leser ermuntert dieses orgiastische Anti-Preis-Buch, denn es ist nicht einzusehen, warum gerade die Schriftsteller von einem Preis zum andern hecheln müssen und dabei die letzte Glaubwürdigkeit verlieren. Man stelle sich vor, die Lokführer wären so preisgeil. Du stehst am Bahnhof und willst wissen, wo der Zug hinfährt, stattdessen geben sie über Lautsprecher durch, was der Lokführer alles gewonnen hat. Das wäre zum Kotzen. In der Literatur ist das aber die Wirklichkeit.
Thomas Bernhard, geb. am 9. Februar 1931, starb am 12. Februar 1989.
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