Man schweigt so wenig – Gerhardt zu Glauben und Wissen
„»Wovon man nicht sprechen kann, darüber muß man schweigen.« Zum Glück hielt er sich nicht daran”,
so Franz Schuh (mit Wittgenstein, natürlich) in seiner Besprechung von Volker Gerhardts Glauben und Wissen.
Der aber sieht es durchaus anders, das verordnete Schweigen „löst einen nicht abreißenden Redeschwall aus”, den man nicht nur gut finden müsse… Jedenfalls schweigt man nicht. „Man schweigt so wenig, wie man den angeblich toten Gott in Ruhe lässt.” Und beides hängt zusammen. Wir reden, weil es nichts zu sagen geben mag, aber auch, weil es, wenn wir reden, auch etwas zu reden gibt, performativ stiftet das Sprechen das, ohne das wir vielleicht nicht sein können: jedenfalls nicht als Menschen…
Und außerdem gäbe es etwas zu sagen, bloß für uns vielleicht nicht, zuweilen – das „Absolute […] lässt sich angemessen weder durch einen Begriff noch durch eine sachhaltige Aussage erfassen”, ein Problem der Sprache, womöglich. Was aber eben noch das „Sprechverbot” affiziert – allzu rasch „dogmatisch”… Dogmatisch etwa just in der Aufklärung: Es komme „niemand ohne den guten Glauben an die Unverzichtbarkeit des Wissens aus. Das ist das Minimum des Glaubens”… Nicht ohne Grund seien bis in die Grammatik Glaubens- und Wissensaussagen einander verdächtig ähnlich, so Gerhardt.
In diesem Gebiet bewegt sich Gerhardt, steckt Gebiete neu ab, befragt Grenzen und Permeabilitäten und irritiert die, die sich zu genau auskennen, falls sie sich auf die Lektüre dennoch einlassen. Ein Buch, das dann überaus wichtig sein könnte … und jedenfalls sein müßte.
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