Notiz

Babelsprech

Von Rezensionsdeckchen und anderen Merkwürdigkeiten

Eine eigentümliche Rezension präsentiert Fabian Thomas zu Lyrik von Jetzt 3 Babelsprech. Mit Recht stellt er den Bezug her zur ersten Anthologie 2003 und fragt danach, was sich alles seitdem für junge Schreibende geändert habe. Es ist für ihn der Austausch mit seinen neuen Rahmenbedingungen. Er spricht von Blogs, Kollektiven, Schreibwerkstätten, Lesereihen, die produktiv seien wie nie. So schön, so gut. Dann bemängelt er, dass sich dies nicht in der Buchform von Babelsprech bemerkbar mache. Die Anthologie sei ein Museum. Auch darin hat Fabian Thomas in gewisser Weise Recht, wenn man einmal davon absieht, dass sich die Rahmenbedingungen ja für alle Autoren geändert haben, egal, wie alt oder jung sie sind. Gleichwohl enttäuscht die Rezension. Jedenfalls so ziemlich. Sie folgt nämlich in der Art und Weise, wie er rezensiert, der anthologischen Vorgabe. Auch die Rezension von Fabian Thomas ist schlicht Museum. Nicht mehr und nicht weniger. Der Anthologie unter vielen, so seine Kritik, folgt mit seinem Beitrag eine Rezension unter vielen. Er wird also dem selbst gesteckten Anspruch nicht gerecht. Das ist schade! Oder ist das Museum vielleicht gar nicht so museal, wie es auf den ersten Blick erscheint? Sind die neuen Medien vielleicht gar nicht so neu, wie sie sich immer wieder in der Werbung geben? Dass sie zwar dem Austausch neue Möglichkeiten eröffnen, sich aber letztlich doch weitgehend mit dem Herkömmlichen begnügen? Dann würde sich vielleicht doch eher die Frage nach einer Werbepause stellen, oder?

Damit ich nicht falsch verstanden werde: Die Kritik von Fabian Thomas hat ihre Berechtigung. Aber das Unfertige im Blog kann doch wahrlich kein Kriterium dafür sein, wie man eine Anthologie beurteilt! Die Frage ist doch wohl eher, wie „fertig“ die Gedichte in Babelsprech eigentlich sind, wenn sie „fertig“ sind! Es geht um ihre Richtung. Inhaltlich. Sprachlich. Formal. Das ist etwas völlig anderes. Fabian Thomas musealisiert. Nicht etwa, weil die Anthologie ist, wie sie ist, sondern weil er als Rezensent sein Museumsdeckchen häkelt! Und das wird weder dem Lyrikband, noch seinem Anspruch gerecht.

Immerhin kommt Fabian Thomas am Ende seiner Rezension wenigstens ansatzweise einmal auf das zu sprechen, um was es eigentlich geht, auf die Gedichte. Aber warum nimmt er seine Frage nicht ernst? Sollte man Lyrikern nicht vielleicht tatsächlich mal verbieten, in den Himmel zu schauen und den Vögeln beim Zwitschern zuzuhören? Warum beantwortet er diese Frage nicht, wenn sie ihm so wichtig ist? Sie offen raunend in den Raum zu stellen, ist mir da zu wenig. Die Antworten der Lyriker in Babelsprech liegen nämlich vor. Aber ist es vielleicht ja gerade für Rezensenten modern (oder doch eher postmodern?), darauf nicht zu reagieren!? Das führt jedoch nicht weiter.

So, jetzt habe ich genug an meinem eigenen Rezensionsdeckchen oder so herumgehäkelt. Sonst wird daraus gar noch ein richtig "fertiger" Pullover. Ganz brav und ganz museal. =D

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