Verbrechen und Strafe

Roman

Autor:
Fjodor Dostojewski
Besprechung:
Hans-Jürgen Hilbig
 

Roman

Das Blut liegt auf der Straße - Reflexion zur Neuübersetzung von Dostojewskis Klassiker Schuld und Sühne

Natürlich gibt es Treppenstufen, es wird sie noch sehr lange geben, sie werden unter dem Ballast der Füße knirschen, knattern, sie werden knurren, aber was sie nie schaffen werden, sie werden niemals jenen Treppenstufen ähneln können die uns  Dostojewski. mit dem armen Studenten Rodion Romanowitsch Raskolnikow. (bitte, ich hab mir den Namen nicht gemerkt, ich habe ihn kopiert und eingefügt, so wie man es heute macht) hochsteigen lässt.
Der Herr Student hat einen Plan, er will die alte Pfänderin umbringen, er will sie töten, sie abmurksen, er hat ein Beil dabei, er hat es sich ausgeliehen, er hat nicht gefragt, ob er es sich ausleihen darf, er hat es einfach getan, wir waren dabei, wir die Leser und Dostojewskij zieht uns an der Schnur mit, wir wissen, er wird das Beil wieder zurückgeben, er darf es ja nicht behalten, es gehört doch nicht ihm.
Peter Esterhazy (bitte ich weiß ein Häkchen fehlt, es fehlt immer ein Häkchen, aber bei Peter Esterhazy fehlt ein ganz bestimmtes, man könnte den Namen eingeben, man könnte den Namen kopieren und einfügen, das macht doch jeder, was sagen sie Herr Esterhazy?)
hatte gesagt, auf die Frage, was ein Roman sei, (bitte ich zitiere nicht, ich gäbe nur etwas ungefähres wieder), was geschieht in Schuld und Sühne oder Verbrechen und Strafe, ein Mann bringt zwei Menschen um, das ist alles.
Dabei geschieht alles. Alles geschieht in diesem Roman und der Mittelpunkt ist der Leser und die Leserin, sie machen sich schuldig, sie sind es, ab ins Gefängnis mit ihnen.
Hören sie zu.
Wir gehen die Treppenstufen mit diesem armen Studenten, wir wissen, er hat dieses Beil genommen, er bringt es wieder zurück, aber rechtfertigt dass unser weiterlesen.
Warum lesen wir nicht lieber was Papa Schlumpf unter seiner Mütze versteckt hat, warum verfolgen wir einen Mann der eine Frau umbringen muss und eine andere ebenso, wenn auch nicht gerne, immerhin, ein Unterschied, die eine will er, die andere muss er.
Wir könnten abbrechen, die Treppenstufen runterlaufen, durch die Strassen Moskaus eilen, irgendwo muss eine Türe aufstehen, irgendwo noch eine, dort lag das Beil, jetzt war es nicht mehr dort. Wir könnten anklopfen, irgendwo wird schon einer herein rufen, wir würden alles sagen.
Aber was reden sie denn da, sagt man uns, wir bekommen ein Glas Wodka eingegossen, trinken, reden von dem Beil, als hätte es ein Eigenleben, als würde das Beil töten und der arme Student wäre nur sein armer Träger.
Aber nein, wir laufen nicht weg, wir bleiben stehen, wir lesen gebannt weiter, schon atmen wir auf, weil er endlich oben ist, dort wo sie wohnt, er klopft an.
Haben wir die Hoffnung dass sie nicht da ist, sie könnte doch mit Mischa auf ein Wodka weggegangen sein, sie könnte doch auf einer Beerdigung sein, sie könnte überall sein, sie könnte aber auch zuhause sein.
Oh dieses Buch, dieses verfluchte Buch, es packt uns zusammen mit dem Studenten in die Wohnung der Pfänderin.
Dostojewskij! Er lässt uns zuschauen wie er sie tötet, sie umbringt, sie killt, das Blut liegt auf der Strasse, der Himmel ist so fern.
Herr Esterhazy!
Niemand wird uns retten. Auch die Schwester der Pfänderin nicht. Er tötet sie, er muss, sie hat doch alles gesehen, wir doch auch, aber wir haben dafür bezahlt!

 

Originalbeitrag

Fjodor M. Dostojewsk: Verbrechen und Strafe. Roman in neuer Übersetzung von Swetlana Geier. Fischer Taschenbuchverlag, Frankfurt a.M. 2008.