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Adrian Hyland: Tod im Outback
Suhrkamp Verlag Adrian Hyland, Outback Bastard (übersetzt von Peter Torberg), 366 Seiten, Suhrkamp Verlag, 8,95 Euro
  • FOCUS-Online-Autorin

Wenn irgendwo im australischen Outback weitab von der nächsten Stadt ein Aborigine stirbt – interessiert das jemanden? Emily Tempest schon. Und sie macht mächtig Wind, um den Mörder zu finden.

Emily Tempest weiß nicht, wo sie hingehört. Sie hat ihr ganzes junges Leben zwischen zwei Welten verbracht. Die früh verstorbene Mutter eine Aborigine, ihr Vater ein Weißer. Bis sie vierzehn war, lebte sie in Moonlight Dawns im tiefsten Outback. Doch ihre Neugier und ihr Unwillen, sich an bestimmte Regeln zu halten, brachte Unruhe in die Aborigines-Gemeinschaft. Es folgten über zehn Jahre in der Welt der Weißen. Schule, Studium, die Welt bereisen. Und jetzt will Emily zurück nach Moonlight Dawns, weil sie immer noch nicht weiß, wo sie hingehört – Rassismus gibt es auf beiden Seiten.

Kaum ist sie wieder in Moonlight Dawns, wird der Vater ihrer einst besten Freundin ermordet. Und der verrückte Medizinmann scheint der Mörder zu sein. Davon ist Emily felsenfest überzeugt. Klarer Fall auch für die Polizei, die nun alles dransetzt, um den Flüchtigen zu finden. Doch dann regen sich erste Zweifel, und nach und nach wird deutlich, dass hinter dem Mord sehr viel mehr steckt. Geld und Besitz nämlich. Dinge, mit denen die Lebenswirklichkeit der Aborigines herzlich wenig zu tun hat.

Vielschichtig und überraschend


Doch die Krimihandlung ist eigentlich gar nicht das, was an diesem Romanerstling von Adrian Hyland so sehr fasziniert. Es ist das Bild, das er als Weißer von einer Aborigines-Gesellschaft zeichnet. Die Probleme der australischen Ureinwohner – Alkohol, Kriminalität, Gewalt – verklärt er nicht, relativiert sie nicht einmal. Aber er geht weiter, lässt sie nicht einfach ein trauriges, museumsreifes Überbleibsel sein, das am schlechten Gewissen der Weißen nagt. Er zeigt sie als liebenswerte und interessante Charaktere. So vielschichtig und überraschend, wie man es sich nur wünschen kann. Menschen mit erstaunlichen Fähigkeiten, mit großem Herzen und viel Humor und natürlich Stolz. Menschen mit Problemen und Wut und Hass. Hyland schickt Emily auch weiter zwischen den Welten herum. Und nie lässt sich sagen, wo Gut und Böse ist. Zum Glück ist selten etwas im Leben einfach nur schwarz oder weiß.

Energie für brennenden Hass


Sich literarisch mit einer Gesellschaft zu befassen, die man nur von außen kennt, ist nicht neu. Eher gerade mal wieder im Trend. Da denkt man an Alexander McCall Smith, oder an Colin Cotterill. Aber die Aborigines waren – eben aufgrund des schlechten Gesellschaftsgewissens – lange tabu. Was konnte man schon über sie schreiben, ohne entweder lang und breit zu jammern oder gnadenlos zu romantisieren? Hyland arbeitete viele Jahre mit Aborigines zusammen als Koordinator einer Versorgungsstation im Outback. Er hat die Menschen dort auf eine Weise kennengelernt, die es ihm ermöglicht, eine zerrissene und doch liebenswerte Figur wie Emily Tempest zu erfinden.

Eine junge Frau, die sich vor vielem fürchtet und doch schrecklich mutig ist. Die so viel Liebe in sich trägt, dass jederzeit genug Energie für brennenden Hass bleibt. Sie ist als Serienfigur angelegt, und es wird eine Freude sein, mehr von ihr zu lesen. Denn Hyland schreibt rasant und witzig und hat dabei immer die Poesie der – oft genug kaputten – Landschaft im Blick. Er eröffnet dem Leser ein neues, unbekanntes Australien, und es fühlt sich bei allem Dreck, allem Elend und aller Gewalt doch irgendwie richtig an, was er schreibt.

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