Mit dem Warten im deutschen Olympia-Team auf das erste Gold ist es nach dem Triumph der Vielseitigkeitsreiter vorbei. Nun erhofft sich die Mannschaft eine Signalwirkung. Chef de Mission Michael Vesper kündigte bereits an: „Der Knoten ist jetzt durchgeschlagen“.
Als Michael Jung mit Sam das letzte Hindernis überwunden hatte, kannte bei den deutschen Vielseitigkeitsreitern der Jubel keine Grenzen mehr. Vor den Augen der britischen Königsfamilie bestieg die deutsche Equipe am Dienstag wie schon 2008 in Hongkong den Olympia-Thron. Souverän und überlegen ließ das schwarz-rot-goldene Team die Konkurrenz hinter sich und behielt auch im abschließenden Springen die Nerven. Und diese erste deutsche Goldmedaille ist nach Überzeugung von Chef de Mission Michael Vesper für die Olympia-Mannschaft eine Initialzündung. „Der Knoten ist jetzt durchgeschlagen“, sagte er am Dienstag. „Silber für Britta Heidemann war gestern die Zündkerze. Jetzt mit Gold springen wir auch in der Wertung nach oben“, meinte der Funktionär.
Vesper war am vierten Wettkampftag im Greenwich Park dabei, als Michael Jung (Horb) mit Sam, Sandra Auffarth (Ganderkesee) mit Opgun Louvo, Dirk Schrade (Sprockhövel) mit King Artus, Ingrid Klimke (Münster) mit Abraxxas und Peter Thomsen (Lindewitt) mit Barny im abschließenden Springen ihre Führung nach der Dressur und dem Geländeritt erfolgreich verteidigten. „Das ist ein wunderbares Team. Das spürt man“, sagte Vesper. Schon in Hongkong 2008 hatten die deutschen Vielseitigkeitsreiter Team-Gold gewonnen.
Mit seinem Null-Fehler-Ritt im Greenwich Park machte Welt- und Europameister Jung an seinem 30. Geburtstag den Olympiasieg vorzeitig perfekt und sicherte der deutschen Olympia-Mannschaft die erste Goldmedaille in London. Schlussreiterin Ingrid Klimke aus Münster mit Abraxxas konnte sich ganz auf die Einzelwertung konzentrieren. Am Nachmittag hatten die Deutschen noch weitere Medaillenchancen.
Denn außer Jung waren auch Sandra Auffarth (Ganderkesee) mit Opgun Louvo und Dirk Schrade (Sprockhövel) mit King Artus jeweils ohne Abwürfe geblieben. Nur bei Peter Thomsen (Lindewitt) mit Barny fielen zwei Stangen. „Diese drei Nullfehlerritte waren super für uns“, sagte Bundestrainer Hans Melzer. „Das ist supergut. Das ist schön mit ganz vielen „ös“„, erklärte Schrade.
„Die Anspannung war schon groß“
Melzer hatte Jung vor dessen Ritt nicht gesagt, dass er schon die Goldmedaille sichern könnte. Deshalb wusste der Ausnahmereiter aus Horb zunächst auch nicht, was seine Glanzvorstellung bedeutete. „Ich musste erst noch einmal nachfragen“, sagte er. „Das ist fantastisch. Die Anspannung war schon groß.“
Die große Stärke der deutschen Vielseitigkeitsreiter ist der Zusammenhalt. „Wir sind einfach ein Super-Team“, schwärmte Ingrid Klimke, die auch 2008 schon dabei war. Die Equipe hat seit mehreren Jahren einige feste Rituale, die sie schon beim WM-Sieg 2006 und beim Olympiasieg 2008 gepflegt haben. „Wir haben jedes Mal eine Musik-CD aufgenommen, auf der jeder Reiter zwei Lieblingslieder drauf hat“, berichtete die 44-Jährige. Das Lied „I am what I am“ gehöre jedes Mal zum Repertoire: „Und natürlich We are the champions, das darf nie fehlen.“
Zu den Besonderheiten des deutschen Teams gehört auch die Lockerheit. Nach jedem Wettkampf-Tag trafen sich die Reiter und ihre mitgereisten Angehörigen in einem Pub um die Ecke zu einem kleinen Umtrunk. Später am Abend gab es im olympischen Dorf noch ein letztes Bier. „Der Teamchef hat irgendwo im Keller etwas versteckt und stellt dann ein Sixpack auf den Tisch“, verriet Klimke: „Mehr als eins für jeden gibt es aber nicht.“
Sprüche von den Olympischen Spielen in London
