An
dem Tag, als er Magda kennenlernte, trug
sie einen Kleiderbügel im Haar.
Es war ein leichter
metallener Bügel von der Art, wie man sie erhielt, wenn man seine
Kleider aus der Reinigung abholte. Dünn, biegsam und vielfältig
verwendbar.
Er trohnte in ihren
schwarzen, zerzausten Haaren wie ein umgekehrtes Dreieck und sah von
weitem aus wie das Modell einer neumodischen Hutkollektion.
Ihr schmales spitzes
Gesicht und ihre lange Nase verlängerten sich zu einem mehrdimensionalen
Gebilde.
Er stand vor ihr,
studierte sie wie ein Bild, betrachtete die Verlängerung der metallenen
Linien, die Stimmigkeit ihrer Formen.
All die anderen
schienen in ihre Stimme vertieft, die in einem lauten Schreien durch
den abgedunkelten Raum hallte.
Ihr Gesicht wäre
ihm nicht aufgefallen ohne jenen Kleiderbügel, dessen war er sicher.
Als er sie später zufällig einmal wieder traf wirkte es seltsam
formlos und blass.
Aber der Kleiderbügel
machte ihn aus einem Grund, den er nicht zu nennen vermochte, betroffen
und er blieb bis das Konzert vorüber war.
Die Formen ihres
Kopfes – in der Verlängerung des Kleiderbügels – erinnerten
ihn an die schlichten Linien Mondrianis. Genau das sagte er, als er
sich nach dem Konzert zu ihr an die Bar durchgedrängelt hatte.
Sie sah ihn an,
das Gesicht ausdruckslos, die Augen gleichgültig auf ihm ruhend.
Den Künstler,
mein ich.
Wortlos drehte
sie sich von ihm fort an die Bar.
Für einen
Schwätzer habe sie ihn gehalten, sagte sie ihm später, für
einen von diesen Intellektuellen, denen zu allem ein Zitat, eine Metapher
oder so etwas einfiele.
Dabei hatte er
sie bloss beeindrucken wollen, allerdings mit ihren eigenen Waffen,
wie er später feststellte.
Er hielt sich den
ganzen Abend über an ihrer Seite, tat als gehöre er dazu und
fiel nicht weiter auf.
Alle schienen jenes
Ding auf ihrem Kopf anzustarren. Sein Gesicht dahinter, umgeben vom
schmalen Draht des Kleiderbügels, ging in der grotesken Anordnung
des scheinbaren Hutes unter.
Tage später
noch dachte er an jenen Abend zurück.
Tage, nachdem Magda
ihm eine falsche Telefonnummer gegeben, er abends vergeblich in jener
Bar auf sie gewartet hatte, nachts die Haight Street auf und ab gelaufen
war.
Er hatte sie nie
wieder so gesehen. Nie wieder so, wie in jenem Moment, als er sie das
erste Mal auf der Bühne erblickt hatte.
So klar herausgelöst
aus allem, was sie umgab.
Ihren Namen hatte
er gewusst, weil er jemand anderen gefragt hatte. Ab dann wurde Magda
das Studienobjekt langer Abende und schlafloser Nächte.
Dann gab es Magda
die Traurige, die Unbeherrschte, die Gleichgültige zu viele
Namen, die sie komplex machten. Schwierig.
Namen, die den
Kleiderbügel in Vergessenheit geraten liessen.
Auszug
aus dem Roman Abstand, AAVAA Verlag.