Die
Sommersonne schrie laut vom Himmel auf die schwitzenden Dächer
des Bergdorfes hernieder. Alles roch nach normaler Normalität und
nichts war wie es noch nie war, denn alles war wie immer. Bis gleich
jedenfalls.
Eigentlich
gab es ja auch gar keinen mächtigen Berg, welcher die Straßen
und Grundstücke im Ort über sich aufwölben hätte
können, um jedoch das eher häufige Geficke innerhalb der Familien
zu rechtfertigen, ob der zivilisatorischen Aussätzigkeit und der
dorfeigenen Trunksucht, wurde die kleine Siedlung eben einfach Bergdorf
genannt.
Doch jäh
wurde die Inzestidylle beschnitten: Der 27-jährige Sohn der lokalen
Fußballplatzhure war verschwunden. Spurlos noch dazu.
Tränen
streichelten schmerzhaft die Eiterkrusten ihres geschlechtsbekrankten
Körpers, und ihre kebabförmigen Oberschenkel versuchten verzweifelt
aber chancenlos aus der engen Hose zu fliehen, als sie im Takt mit ihrem
Pulsschlag den Verlust des Sohnes beschluchzte. Sie war traurig, halbalt
und nun auch noch ohne Sohn. Vor allem aber war sie die Nachbarin von
Dorfdetektiv Bordo Stokkkholm. Und der war sogleich zur Stelle...
Das
ist ein äußerst offensichtlicher Moment, murmelte der
junge Bordo in seinen Mehrtagesbart und sein investigatives Herz blühte
vor Freude über seinen ersten Fall ever auf.
Schnell
zum Fleischer! Der hat die meisten Messer. Und sein Beruf sei der Mord,
sagt man. Stokkkholm glasierte seinen Leib in einen Second-Hand
Detektiv-Anzug und hievte seinen großen schwarzen Zylinder auf
sein Haupt. Seine einzige Waffe war sein Verstand, aber die war ständig
geladen.
Ich
bekomme einmal 2 Semmeln mit ohne dieser Wurst hier und dann noch 2
Kilo nicht diesen Schinken da. Bin nämlich Vegetarier. Kann Tiere
nicht ausstehen. Der alte Fleischer packte das Gewünschte
ein. Sonst noch was? Ja. Haben sie den jungen
Hurensohn ermordet, respektive entführt?, Bordo Stokkkholms
Unterkiefer trat vor das obere und er bließ sich seine fettigen
Haare vom und dem kopfschüttelnden Fleischer seine Alkoholfahne
ins Gesicht. Nein Gut. Das wars
auch schon wieder. Der Fall schien schwieriger zu sein als angenommen.
Die Nacht fraß bereits den Tag auf, und Bordo beschloss, dass
er für heute genug detektivte und widmete sich der Schnapsflasche
in seinem Lederrucksack.
Am
nächsten Morgen zierte ein tadelloser roter Ausschlag den dürren
Anti-Adoniskörper des restalkoholisierten Detektivs. Seine Neoleichenallergie
ein wahrhaftiger Segen für jemanden in seiner teilmorbiden
Branche machte wieder einmal auf sich aufmerksam.
Irgendwo
in diesem Dorf reiht sich gerade ein erst vor kurzem abgelebter Körper
vorbildlich in die faire Nahrungskette ein., und also funktionalisierte
Stokkkholm seinen Körper in eine Art auf Leichnam geeichten Geigerzähler
um, und streifte langsam durch die engen Gassen des Dorfes. Er starrte
auf die Veränderungen seiner Haut und kam je nach Allergieintensität
dem Wohnort der Leiche näher und näher.
Sie
verbergen tote Menschen. Meine Haut sagts mir. Bordo
Stokkkholm schob den zwischen dem Türstock stehenden Beschuldigten
zur Seite, und drang in dessen Wohnung ein, während Bordos Ausschlag
rhythmisch pulsierte und seine Haut glühte.
Wer
ist da, Poldi? Wer ist das?, krächzte es aus einem Rollstuhl
in der Zimmerecke. Dorfdetektiv Stokkkholm schritt Eleganz vortäuschend
mit höflich gekrümmter Wirbelsäule zwecks Begrüßungsformalitäten
gentlemännisch zur Großmutter des vermeintlichen Leichenversteckers.
Tag!
Für jemanden, der bereits in der Zielgerade seines Lebens ist,
sehen sie ja eh noch ganz plötzlich unterbrachen
ärger arge Schmerzen seinen Redefluss, denn Bordos Haut schälte
sich bereits fleißig von einem seiner Arme ab, die er der Alten
zum Gruße entgegenstreckte.
Aufklärung!
Aufklärung! Ich verlange extremste Aufklärung!, brüllte
Stokkkholm, während er vom Rollstuhl einige Meter weit weg hechtete.
Sie! Sohnsohn dieser ihrer Oma hier! Was geht da vor?
Der Verdächtige zog der rollstuhligen Frau die Decke von ihrem
Körper, und plötzlich wurde auch dem Dorfdetektiv so einiges
klar.
Seine
Allergie wies ihm nicht den Weg zum toten Vermissten, sondern zur alten
Frau im Rollstuhl, welche bereits halbtot war. Aus ihren Waden krochen
herrliche Würmer und bis zur Hüfte aufwärts war sie bereits
sehr gut abgestorben. Diesen Zustand so ausharren zu lassen, wäre
natürlich fahrlässig gewesen. Bis diese Frau eine vollständige
Leiche ist, kann es noch Monate dauern. Ich hingegen reagiere allergisch
auf frischen Leichnam, habe nur gering Zeit und darf nicht von Halbleichen
irritiert werden. Wollt grad sagen., pflichtete
der junge Mann dem Detektiv bei, da hatte Stokkkholm auch schon aus
sicherer Entfernung die alte Frau erschlagen.
Schon in
wenigen Tagen, wenn die Leiche das Anfangsstadium der Verwesung hinter
sich gelassen hat, würde sein Ausschlag nachlassen und er wird
die Suche nach dem Verschwundenen Sohn fortsetzen können. Der Enkel,
der nicht ganz unfroh über die Tat war, meinte, dass es so ohnehin
besser für Oma sei und bedankte sich anständig.
Auf dem Weg
nach Hause stellte Bordo fest, dass er bereits seit 4 Stunden nüchtern
war. Aber er wusste von Anfang an, dass dieser Fall ihm einiges abverlangen
würde.
Bordo
kam schließlich die auch nicht gerade schlechte Idee, dass er
vielleicht doch einmal die Wohn- und Arbeitsräume der Fußballplatzhure
nach Hinweisen absuchen könnte. Gesagt, getan:
Los,
lesen Sie mal vor Stokkkholm hielt der Sohnsuchenden ein
von ihr selbst beschriebenes Briefpapier hin. Ach, sie wissen
doch, ich kann ja nicht lesen, bloß schreiben. Der
Detektiv seufzte, quälte sich schließlich jedoch selbst durch
die schmierigen Zeilen und begann zu lachen.
Aber
das ist ja ein Abschiedsbrief, den Sie selbst ihrem Sohn geschrieben
haben., erzählte er der Hure, deren Gesicht vor Freude plötzlicht
leuchtete: Ach ja. Der ist ja zur Armee gegangen. Ich hatte glatt
vergessen, dass wir gerade im Krieg sind. Na, bei den vielen Kriegen
heutzutage kann man das schon mal vergessen. Meine
Red. Wir machen uns hier Sorgen, dass Ihrem Sohn was zugestoßen
ist, während er sich einstweilen im Krieg amüsiert und seinen
Spaß hat Bordo Stokkkholm verabschiedete sich, schnappte
sich als Lohn für seine Arbeit ein paar Flaschen aus der Bar, und
beschloss, zu Hause zu warten, bis endlich einmal ordentliche Kriminalität
im Dorf einzieht und er richtige Arbeit bekommt.