Aus dem Zeitungsarchiv
Online Ausgabe, Kultur, 2000-01-23
Das Buch im Busch
Bis nach Australien
musste der heimische Verleger Gerald Ganglbauer, um zu einer neuen
“gang”-Art zu finden. Mit ihm sprach Gisela Bartens
Eines Tages vor rund zehn Jahren hatte Horst Gerald Ganglbauer
genug vom leidigen Herumkrebsen im eigenen Grazer “gangan” Verlag.
Keine Herausforderung mehr sah er für sich in Österreich.
Nur noch weit weg wollte er, um etwas abenteuerlich Neues zu beginnen.
Also besorgte er sich ein Ticket nach Australien ...
Hatten Sie da schon vor, am fünften Kontinent Fuß
zu fassen?
GANGLBAUER: Zunächst
kam ich als Besucher dort hin. Walkabout war angesagt. Also bin
ich als “Tour-Operator” für eine Art Adventure-Tours gefahren.
Off-Road durch den Busch. Von daher kenne ich Australien wie meine
Westentasche. Heute habe ich die Doppelstaatsbürgerschaft.
Haben Sie Verbindungen zu anderen ausgewanderten Österreichern?
GANGLBAUER: Nicht sehr
viele. Im “Österreich-Club” in Sydney wird ja nur Schuh geplattelt
und Volksmusik gesungen ... Einen wirklichen Freund habe ich in
Rudi Krausmann – einem alten Bekannten von Thomas Bernhard und Justus
Neumann, der sich übrigens in Australien ein Häusl gebaut
hat – ebenso gefunden wie einen Herausgeber.
Sie haben also doch wieder einen Verlag gegründet?
GANGLBAUER: “gangan”
ist der erste Verlag aus dem deutschen Sprachraum, der sich in Australien
niedergelassen hat. Australische Literatur ist ja bis auf einige
Bestseller wie “Dornenvögel” nichts als ein weißer Fleck
für unseren Kulturraum. Erfolgreicher konnten sich die australische
experimentelle Musikszene und die Filmindustrie etablieren.
Wie ist der Verlag organisiert?
GANGLBAUER: Der Verlag
bin ich.
War es schwierig ihn zu gründen?
GANGLBAUER: Um tausend
Prozent einfacher als in Österreich. Ich meldete die Firma
an, bekam einen Computerausdruck und das war es schon. Eigentlich
sind es ja zwei Firmen – “gangan books australia” und “Gangaroo”
als australische Reihe für die “OZlit-Collection” speziell
für Anthologien und Monographien.
Wie rentabel ist das?
GANGLBAUER: Der Verlag
ist meine Leidenschaft. Auch wenn ich mit ihm immer nur rote Zahlen
schreibe. Deshalb habe ich mit “gangART Graphic Design” noch ein
drittes Standbein installiert. So wurde das Entwerfen von grafischem
Design für Firmen meine Geschäftsseite, über die
ich als Website Developer das Geld hereinbringe, das ich auf der
Verlagsseite ausgebe.
Und wie funktioniert Ihre künstlerische Seite heute?
GANGLBAUER: Ich bin 1996
einfach mit den Büchern ins Netz gegangen, seither mache ich
keine Papierbücher mehr. Jedes wie etwa “Air Mail From Down
Under. Zeitgenössische Literatur Australiens” mit Short Stories
oder die Gedichte-Auswahl “Made in Australia. Die Poesie des fünften
Kontinents” hat mich 30.000 australische Dollar gekostet, aber nur
5.000 eingespielt. Jetzt ist die Hauptadresse des Verlags: www.gangan.com
Was ist da abzurufen?
GANGLBAUER: Contemporary
Literature from Austria. E-Books also in Deutsch und Englisch. Es
gibt ein Message Board wie auch ein Gesprächsforum für
den (Autoren-) Chat. Und dann noch das Online-Literaturmagazin “gangway”.
1989 ist “gangan” von Graz ausgezogen, um 1995 über das World
Wide Web www.gangway.net wiederzukehren.
Auf welche Literatur, welche Autoren hat man da Zugriff?
GANGLBAUER: Der eigentliche
Unterschied zwischen elektronischer Literatur und der Langgewohnten
ist nur, dass sich Hyperlinks, diverse Ebenen, multimediale Elemente
einbinden lassen. Ich also bin der eher experimentellen Literatur,
meinen Autoren wie Marc Adrian oder Reinhold Aumeier, treu geblieben.
“Ein heißer Tipp” ist dessen jüngstes Online-Buch. Zu
empfehlen auch Alexander Curtis’ Autobiographie “Bacchus” oder Peter
Giacomuzzis “mannfrau”. In “gangway #13” gibt es dann eine Schnuppervorschau
auf Anant Kumars “Modern Times”. |