Die Idee
Zwei ganz unterschiedliche Verlagsteile unter einem Dach, Literaturverlag und Fachverlag für Zeitschriften und Bücher – das war die Geschäftsidee von Carl Hanser, als er seinen Verlag 1928 in München-Bogenhausen gründete, wo er noch immer ansässig ist. Unabhängigkeit durch Vielseitigkeit war sein Konzept. Dass Hanser bis heute zu den wenigen Verlagen dieser Größenordnung zählt, die gegen alle Konzentrationstendenzen in Familienbesitz geblieben sind, beweist die Weitsicht des damals gerade einmal Siebenundzwanzigjährigen.
Dieses Konzept rettete dem Verlag 1933 vielleicht das Überleben, denn mit Beginn der nationalsozialistischen Diktatur veröffentlichte Hanser vorerst keine literarischen Neuerscheinungen mehr, sondern ausschließlich Bücher und Zeitschriften des ideologisch ungefährdeten Fachverlags. Nach der Befreiung zählte er 1946 deshalb zu den ersten Verlegern, denen die amerikanische Besatzungsbehörde wieder eine Lizenz verlieh.
Nach 1945
Jetzt konnte der Literaturverlag ein wirkliches Profil entwickeln. Eine Hauptrolle spielten die Klassikerausgaben der deutschen Literatur von Goethe bis Fontane, an deren Seite inzwischen die überaus erfolgreichen Neuübersetzungen von Melville über Tolstoi bis Flaubert getreten sind. In der zeitgenössischen Literatur positionierte sich Hanser zunächst eher konservativ, doch schon die 1953 von Walter Höllerer und Hans Bender gegründete und bis heute erscheinende Literaturzeitschrift Akzente öffnete den Verlag auch für jüngere Autoren und für fremdsprachige Literatur.
Deutschsprachige Literatur
Wie die deutsche Literatur in der Öffentlichkeit heute eine immer größere Rolle spielt, so ist ihre Bedeutung auch bei Hanser stark gewachsen: Botho Strauß, Arno Geiger, Wilhelm Genazino, Martin Mosebach, Michael Köhlmeier, Sibylle Berg, Alex Capus, Navid Kermani und viele andere stehen für die vielfältigen Möglichkeiten, die Gegenwart zu erzählen. Annika Reich, Olga Grjasnowa, Karen Köhler sind Beispiele für aufsehenerregende Schreibweisen der neuesten Generation.
Ein Verlag der Nobelpreisträger
Bei Hanser finden sich mehr Nobelpreisträger als in jedem anderen deutschen Verlag. Mit Ivo Andric erhielt 1961 zum ersten Mal ein Hausautor den weltweit wichtigsten Literaturpreis, 1981 folgte mit Elias Canetti der erste deutschsprachige Hausautor. Im vergangenen Jahrzehnt konnte der Verlag Orhan Pamuk (2006), J.-M.G. Le Clézio (2008), Herta Müller (2009), Tomas Tranströmer (2011), Mo Yan (2012) und Patrick Modiano (2014) feiern. Internationale Namen wie Philip Roth, Susan Sontag, Milan Kundera, Julien Green sind schon heute fast Klassiker, T.C. Boyle, Yasmina Reza, Per Petterson und viele andere führen das Programm in die Gegenwart. Mit Umberto Ecos Der Name der Rose platzierte sich der Verlag 1981 erstmals auf der deutschen Bestsellerliste, wo seine Bücher bis heute regelmäßig und in großer Zahl zu finden sind.
Sachbücher für eine breite Leserschaft
Seit den sechziger Jahren entstand ein ebenso aktuelles wie fundiertes Sachbuchprogramm. Der Schwerpunkt liegt bei den Geistes- und Sozialwissenschaften, wobei die Bücher sich nicht einfach nur an Spezialisten richten, sondern häufig die Neugierde einer großen Leserschaft wecken. Das gelingt mit den berühmten Biographien von Rüdiger Safranski und den politischen Analysen von Timothy Garton Ash, den historischen Darstellungen von Philip Blom und den philosophischen Überlegungen von Peter Bieri, den musikalischen Improvisationen von Alfred Brendel und den opulenten Bildbänden von Umberto Eco. Geschichte, Politik, Gesellschaft, Kulturwissenschaften, Natur und Wissen, Länder, Städte und Reisen, das sind die großen Schwerpunkte des Hanser-Sachbuchs.
Weg in die Zukunft
Seine Unverwechselbarkeit kann der Literaturverlag nur bewahren, wenn er sich auf seine Stärken konzentriert. Das bedeutet auch, dass das Haus überschaubar bleibt. Um trotzdem in möglichst vielen Segmenten des Marktes agieren zu können, hat der Verlag im Lauf der Jahre ein Netzwerk aus Beteiligungen und Tochterverlagen aufgebaut. Hanser gehörte schon 1960 zu den Gründungsgesellschaftern des Deutschen Taschenbuchverlags (dtv), 1993 war der Verlag bei der Gründung des Hörverlags dabei. Wenige Jahre später übernahm Hanser den Schweizer Geschenkbuchverlag Sanssouci, dann den Wiener Zsolnay Verlag, den Schweizer Verlag Nagel & Kimche und zuletzt den ebenfalls in Wien ansässigen Deuticke Verlag. Mit Hanser Berlin, gegründet 2012, und der Hanser Box, 2014, baut der Verlag sein Programm zukunftsweisend aus.