Es beginnt mit einem tiefen Fall. John Difool, Privatdetektiv Klasse R, stürzt von der Selbstmordallee in Richtung Säuresee. Von der Robopolizei wird er aus den Händen seiner Peiniger gerettet. Als eine Alien-Rasse seiner habhaft werden will, überschlagen sich die Ereignisse: Er wird zum Präsidenten beordert, kann fliehen und wird vom Techno-Papst festgesetzt.
Dieses 1981 erstmals erschienene Comicalbum (ebenso wie die fünf Nachfolgebände dieses Zyklus) funktioniert auf mehreren Ebenen.
Es ist ein spannend zu lesendes Science Fiction-Abenteuer von epischen Ausmaßen. Der Held John Difool ist ein klassischer Anti-Held, der nur widerwillig seine "Heldentaten" vollbringt. Die soziale Struktur der Welt ist überaus komplex. Die Bevölkerung ist durch Fernseh- und Drogenkonsum degeneriert. Um die Macht kämpfen ein aristokratisches System, eine Technik verehrende Quasi-Religion und unbekannte galaktische Mächte.
Der Zeichner Moebius ist heute eine Ikone der Comic-Kunst. John Difool wurde für den 1938 geborenen Franzosen ein durchschlagender Erfolg. Es ist - neben dem Westernhelden Blueberry als Jean Giraud - sein bekanntestes Werk - mit großem Einfluß auf die Comic-, aber auch Film- und Pop-Kultur.
Interessanterweise finden sich im "Incal-Zyklus" auch viele Elemente seines, leider nie realisierten, Filmprojekts "Dune" wieder.
In den fünf Nachfolgebänden wird das Universum durch viele andere Planeten erweitert. Neben Terra 21 verlagert sich die Handlung beispielsweise auf den Goldenen Planeten (den Sitz des Imperiums)
oder Aquaend (einen Gefängnisplaneten).
Natürlich ist John Difool auch eine Kriminalgeschichte (schließlich ist der Protagonist Privatdetektiv), die aber zunehmend mystische Elemente enthält, wie sie für Jodorowsky und Moebius typisch sind. Durch die vielen Gegner, unglaublichen Wendungen und zahlreichen skurillen Einfälle bleibt diese Comic-Reihe hochgradig spannend.
Der tiefe Fall ist auch ein typisches Traumelement, ebenso wie Monster und Sexualität. Und so könnte John Difool auch als gezeichneter Traum interpretiert werden.
Gerade diese vielen Deutungsmöglichkeiten zeichnen dieses Comic-Kunstwerk aus, weil die Interpretationsmöglichkeiten so vielfältig sind und normale Action- oder Abenteuergeschichten um ein Vielfaches übersteigen.
Moebius und Jodorowsky erschufen ein so vielschichtiges Universum, mit überbordenden Einfällen und interessanten Figurenzeichnungen, dass diese Comic-Reihe auch nach über 30 Jahren (!) nichts von Ihrer Anziehungskraft verloren hat. Ablesbar ist dies auch an den zahlreichen Nachfolgereihen, die sich aus diesem Klassiker ableiten, man denke hier zum Beispiel an den "Meta-Baron".
Der SPLITTER Verlag bringt diese Neuauflage erstmals mit schönem Hardcover-Einband auf 64 Seiten heraus. Die Farbgebung ist etwas dezenter als in der früheren Auflage des CARLSEN Verlag. Auch die Größen der Sprechblasen wurden angepasst und fügen sich nun besser ein.
Das Album ist in folgende Kapitel unterteilt:
- Die Nächte des roten Rings
- Der Tanz um den Incal
- Seine absolute Orphidität
- Techno-Technik
- Der Meta-Baron
Als Bonus wurde zudem noch das erste Kapitel "Die Geburt des Incal"aus dem Sonderband Die Geheimnisse des Incal (1981) angehängt (dort noch als "Der Traum des Incal" bezeichnet). Als außergewöhnlich schönes Extra liegt dem Band ein in Kunststoffecken eingehängter Kunstdruck bei. Das Motiv ist eine Coverillustration.
Fazit: Der erste Band des Incal-Zyklus ist mittlerweile ein zeitloser Klassiker. SPLITTER präsentiert ihn in excellenter Aufmachung und mit viel Bonusmaterial. Ein toller Comic von Meistern ihres Faches - für Science Fiction-Fans Pflicht!
Harald Kloth
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© 2011 Harald Kloth