
Ernst Jünger
und die >Konservative Revolution<. Überlegungen aus Anlaß der Edition seiner
politischen Schriften
- Ernst Jünger: Politische Publizistik 1919 bis 1933.
Herausgegeben, kommentiert und mit einem Nachwort von Sven Olaf
Berggötz.
Stuttgart: Klett-Cotta 2001. 898 S.
Ln. € 50,-
ISBN 3-608-93550-9.
Das Bild Jüngers nach 1945
Ein gutes Jahr nach der nationalsozialistischen
Machtübernahme, im Mai 1934, schrieb Ernst Jünger im Vorwort zu
seiner Aufsatzsammlung Blätter und Steine, es seien "nur
solche Arbeiten aufgenommen, denen über einen zeitlichen Ansatz hinaus
die Eigenschaft der Dauer innewohnt. [...] Aus dem zu Grunde liegenden
Material wurden somit die rein politischen Schriften ausgeschieden; – es
verhält sich mit solchen Schriften wie mit den Zeitungen, die
spätestens einen Tag nach dem Erscheinen und frühestens in hundert
Jahren wieder lesbar sind." 1
Drei Jahre nach seinem Tod sind Jüngers politische
Schriften nun zum erstenmal wieder zugänglich. Das Bild, das wir heute
von Jünger haben, wäre ein anderes, wenn Jüngers Haltung jener
Jahre aus diesen Texten bekannt gewesen wäre. Wo Jünger in der
Weimarer Republik politisch stand, war bislang nur in Umrissen erkennbar.
Karl Otto Paetel, der von Jüngers
regimekritischer Haltung überzeugen wollte, schrieb 1943 in der
Emigrantenzeitschrift Deutsche Blätter, "dass sich Ernst
Jünger um die Tagespolitik wirklich nie gekümmert" 2 habe. Paetel hätte es besser wissen
müssen: Er kannte Jüngers politische Arbeit gut.
Zu Beginn der 30er Jahre war Paetel Hauptschriftleiter der Zeitschrift
Die Kommenden, deren Mitherausgeber Jünger war. 3
Als Paetel den Jünger der Marmorklippen (1939) in
seiner inneren Emigration vorstellte, hatten Emigranten verschiedener
Richtungen Jünger seinen Beitrag zur Zerstörung der Weimarer
Republik längst zuerkannt. Siegfried Marck 4 , Hermann Rauschning 5 , Golo
Mann 6 und Karl Löwith 7 sahen in Jünger einen Wegbereiter der deutschen
Katastrophe. Vermutlich wußten sie von Jüngers tagespolitischem
Geschäft in den Jahren 1925 bis 1930. In ihren Analysen waren sie jedoch
nicht darauf eingegangen.
Selbst Armin Mohler hatte Jünger zu Lebzeiten nicht
überzeugen können, seine politische Publizistik neu zu edieren.
Zwei Gesamtausgaben erschienen ohne sie. Unbekannt war sie freilich nicht: In
den Bibliographien Jüngers ist sie nahezu vollständig erfaßt.
Dennoch sind die zum großen Teil schwer zugänglichen Texte
weitgehend unbekannt geblieben.
Künftige Biographen mögen nun entscheiden, ob
Jünger sein Denken und Handeln ehrlich oder selbstgerecht verarbeitete.
Kurz nach dem Krieg war Jünger vorgeworfen worden, er
wolle wie viele bloß Seismograph und Barometer, nicht aber Aktivist
gewesen sein. 8 Ein anderer Zugang ist jedoch
wichtiger. Die Bedeutung von Jüngers politischer Publizistik liegt
weniger in ihrer Teilhabe am Gesamtwerk Jüngers, sondern in ihrem
exemplarischen Charakter. Jünger spricht hier als Exemplar seiner
Generation – einer Generation, die entscheidende lebensprägende Impulse
nicht im Studium, sondern in den Erfahrungen an der Front und in den Wirren
der gescheiterten Revolution sowie der katastrophalen wirtschaftlichen Lage
bis zur Währungsreform im Dezember 1923 empfing.
Es ist oft betont worden, wie offen in der Spätphase der
Weimarer Republik vielen Zeitgenossen die Zukunft schien. Zunächst
bietet es sich daher an, Jüngers politische Publizistik zu lesen unter
Einklammerung des Wissens um die weitere Entwicklung der deutschen
Verhältnisse. Natürlich ist dies nur hypothetisch möglich und
hat seine Grenzen. Die Perspektive des Zeitgenossen ist uns verschlossen.
Wenn dieses Verfahren hier empfohlen wird, dann aus folgendem Grund: In den
Diskussionen des Feuilleton wird der Blick auf Autoren wie Jünger in der
Regel auf zwei Perspektiven verengt: Stellung zum Nationalsozialismus und zum
Antisemitismus. Selbstverständlich sind dies Fragen, die immer wieder
neu gestellt werden müssen. Nur: Jüngers Denken und seine Stellung
in den Ideenzirkeln der intellektuellen Rechten wird so im Dunkeln bleiben.
Die Kritik, die nur diese Maßstäbe kennt, und die Apologeten vom
Schlage Paetels bewirken gemeinsam, daß die Komplexität der
Weimarer Rechten, wie sie in so unterschiedlichen Werken wie denjenigen Armin
Mohlers und Stefan Breuers erkannt wurde, aus dem Blick gerät.
Überblick
Der nun vorliegende Band Politische Publizistik 1919-1933
versammelt nicht nur die politische Publizistik jener Jahre, sondern
auch eine Fülle anderer Texte, die diesem Genre nicht zugeordnet werden
können. Insgesamt sind es 144 Texte. Die Vorworte zu verschiedenen
Auflagen von In Stahlgewittern, von Der Kampf als inneres Erlebnis
, von Feuer und Blut und Das Wäldchen 125, die alle
nicht in die Werkausgaben aufgenommen wurden, kommen ebenso zum Abdruck wie
einige Rezensionen, die zwischen 1929 und 1933 entstanden.
Man könnte einwenden, daß der Band insgesamt ein
heterogenes Sammelsurium von Texten der Jahre 1920–33 sei, und so gesehen der
Titel der Ausgabe in die Irre führe. Auf der anderen Seite: Die Grenze
zwischen politischen und unpolitischen Arbeiten ist bei einem Autor wie
Jünger schwer zu ziehen. Und: die nun vorliegende Ausgabe hat einen
eminenten Vorzug. Jüngers mitunter äußerst
schwer zugängliche Arbeiten aus der Zeit der Weimarer Republik liegen
nun – soweit sie bekannt sind – zum erstenmal vollständig vor. 9
Eingeleitet wird der Band von einigen kleineren Arbeiten, die
ebenfalls nicht im strengen Sinn politisch zu nennen sind. Zwischen 1920 –
dem Jahr, in dem In Stahlgewittern erschien – und 1923 schrieb
Jünger einige kürzere Aufsätze, die Fragen der modernen
Kriegsführung behandeln, im Militär-Wochenblatt. Zeitschrift
für die deutsche Wehrmacht.
Am 31. August 1923 – in der Hochphase der Inflation – schied
Jünger aus der Reichswehr aus. Im Wintersemester immatrikulierte er sich
in Leipzig als stud. rer. nat. Jünger war damals 28 Jahre alt. In einer
Lebensphase, in der wesentliche Prägungen bereits abgeschlossen sind,
begann er zu studieren. Jünger hörte Zoologie bei dem Philosophen
und Biologen Hans Driesch, dem führenden Sprecher des Neovitalismus, und
Philosophie bei Felix Krüger und dessen Assistenten Hugo Fischer. Auch
dürfte er Hans Freyer, der seit 1925 in Leipzig Professor war, an der
Universität kennengelernt haben.
Seine erste politische Arbeit schrieb Jünger kurz nach
seinem Ausscheiden aus der Reichswehr für den Völkischen Beobachter
– einer von zwei Beiträgen in dieser Zeitung, der zweite erschien 1927.
Im September 1923, knapp zwei Monate vor Hitlers Münchner Putschversuch,
erscheint der Aufsatz mit dem Titel Revolution und Idee. Schon hier
finden sich Motive, die sich durch Jüngers politisches Argumentieren der
folgenden Jahre ziehen werden: die Bedeutung der Idee und die
Unaufhaltsamkeit einer künftigen Revolution. Die gescheiterte Revolution
von 1918, schrieb Jünger, "kein Schauspiel der Wiedergeburt,
sondern das eines Schwarmes von Schmeißfliegen, der sich auf einen
Leichnam stürzte, um von ihm zu zehren", war nicht in der Lage eine
Idee zu verwirklichen. Sie mußte daher notwendig scheitern:
"Für diese Tatsachen, die späteren Geschlechtern unglaublich
vorkommen werden, gibt es nur eine Erklärung: der alte Staat hatte jenen
rücksichtslosen Willen zum Leben verloren, der in solchen Zeiten
unbedingt notwendig ist" (35). Es gilt daher einzusehen, daß die
versäumte Revolution nachgeholt werden muß:
Die echte Revolution hat noch gar nicht
stattgefunden, sie marschiert unaufhaltsam heran. Sie ist keine Reaktion,
sondern eine wirkliche Revolution mit all ihren Kennzeichen und
Äußerungen, ihre Idee ist die völkische, zu bisher nicht
gekannter Schärfe geschliffen, ihr Banner ist das Hakenkreuz, ihre
Ausdrucksform die Konzentration des Willens in einem einzigen Punkt – die
Diktatur! Sie wird ersetzen das Wort durch die Tat, die Tinte durch das Blut,
die Phrase durch das Opfer, die Feder durch das Schwert. (36)
1922 erscheint Der Kampf als inneres Erlebnis und die
zweite Auflage von In Stahlgewittern, 1923 im Hannoverschen Kurier
in 16 Folgen die Erzählung Sturm, 1924 und 1925 Das
Wäldchen 125. Eine Chronik aus den Grabenkämpfen und Feuer
und Blut. Ein kleiner Ausschnitt aus einer großen Schlacht. Die
erste Phase seines Werkes, in dem Jünger seine Fronterlebnisse
verarbeitete, ist damit abgeschlossen. Das Jahr 1925 bedeutet für
Jünger in vielerlei Hinsicht eine Zäsur. Zehn Jahre lang – bis zu
den Afrikanischen Spielen von 1936 – wird Jünger keine
Erzählungen und Romane veröffentlichen.
In den zehn für das Schicksal Deutschlands
entscheidenden Jahren von 1925–1935 schreibt Jünger Weltanschauungsprosa
als politischer Publizist in einer Vielzahl meist rechtsstehender Organe, als
Herausgeber verschiedener Sammelbände und als Essayist in den
Büchern Das Abenteuerliche Herz (1929) und Der Arbeiter
(1932). Aber das Jahr 1925 ist noch in anderer Hinsicht eine Zäsur:
Jünger bricht das Studium ab und tritt in den bürgerlichen Stand
der Ehe.
Dem im September 1923 im Völkischen Beobachter
veröffentlichten Artikel folgt fast zwei Jahre lang keine im strengen
Sinne politische Stellungnahme. Die regelmäßige politische
Publizistik Jüngers beginnt am 31. August 1925 mit einem Aufsatz in der
Zeitschrift Gewissen, dem Organ der sich um Arthur Moeller van den
Bruck scharenden jungkonservativen >Ring-Bewegung<. Moderater im Ton als
im Völkischen Beobachter finden sich die gleichen Forderungen wie
zwei Jahre zuvor: Einsicht in die Bedeutung einer Idee und Notwendigkeit
einer Revolution. Bemerkenswert ist der Publikationsort. Zwar lassen sich
zwischen Jünger und dem Kreis um Moeller auch Gemeinsamkeiten
nachweisen, aber in wesentlichen Punkten bestehen Differenzen – von ihnen
wird später noch die Rede sein.
Jünger veröffentlichte seine
politischen Traktate in einer Vielzahl auch Kennern der
Zeitschriftenlandschaft der Weimarer Republik eher unbekannten Organen. 10 Man kann hier unterscheiden zwischen
Zeitschriften, in denen Jünger als Gast schrieb – in der Regel gab es
dann nur ein oder zwei Beiträge –, und solchen, in denen er
regelmäßig zur Feder griff. Bei den meisten Zeitschriften, in
denen Jünger regelmäßig schrieb, trat er auch als
Mitherausgeber auf.
Jünger als Aktivist des Neuen Nationalismus in der
Stahlhelm–Beilage Die Standarte (1925 / 26)
Die erste Zeitschrift, für die Jünger
regelmäßig arbeitete, war das von ihm mitherausgegebene Blatt
Die Standarte. Beiträge zur geistigen Vertiefung des Frontgedankens
. Es erschien zum erstenmal im September als Sonderbeilage des
Stahlhelm. Wochenschrift des Bundes der Frontsoldaten.
Mit dem Erscheinen dieser Beilage begann eine zunehmende
Politisierung des Stahlhelm. Der im Dezember 1918
gegründete republikfeindlich eingestellte Bund der Frontsoldaten war
schon aufgrund seiner hohen Mitgliederzahlen eine geeignete Zielgruppe
für politische Agitation. 11 Bis zum
Dezember schrieb Jünger für jede Nummer der wöchentlich
erscheinenden Beilage. Diese insgesamt 17 Beiträge stehen in engem
Zusammenhang, der letzte Beitrag erscheint als Schluß.
Von allen politischen Zeitschriftenarbeiten Jüngers
dürften diejenigen in der Stahlhelm–Beilage Die Standarte die
größte Wirkung gehabt haben. Die Wochenschrift des Stahlhelm hatte
eine Auflage von 170 000 – eine Zahl, an die sämtliche anderen
Zeitschriften, in denen Jünger veröffentlichte, nicht
annähernd herankamen. Weil Jünger mit diesen Beiträgen
vermutlich die größte Wirkung entfaltete, aber auch, weil sie
für eine bestimmte Etappe in seinem politischem Schaffen stehen, sollen
sie etwas ausführlicher behandelt werden.
Das Programm, das Jünger in der Stahlhelm–Beilage Die
Standarte entwickelt, ist getragen von leidenschaftlicher Parteinahme
für eine nationalistische Revolution. Auf einen Punkt von Jüngers
Physiognomie der Gegenwart sind alle weiteren Überlegungen bezogen.
Jünger lebt im Glauben, daß der große Krieg noch gar kein
Ende gefunden habe, noch nicht endgültig verloren sei. Politik ist ihm
daher eine Form des Krieges mit anderen Mitteln (S. 63f.). Die Generation der
vom Krieg geprägten Frontsoldaten soll diesen Krieg fortsetzen.
Jünger will nicht zurückschauen, sondern die Zukunft gestalten. Die
Gruppe der Frontsoldaten, der sich Jünger zurechnet, muß daher
versuchen, die Jugend zu gewinnen (S. 77).
Jüngers Programm nennt sich>Nationalismus<: "Ja
wir sind nationalistisch, wir können gar nicht nationalistisch genug
sein, und wir werden uns rastlos bemühen, die schärfsten Methoden
zu finden, um diesem Nationalismus Gewalt und Nachdruck zu verleihen"
(S. 163). Das nationalistische Programm soll auf vier Grundpfeilern basieren:
Der kommende Staat muß national, sozial, wehrhaft und autoritativ
gegliedert sein (S. 173, S. 179, S. 197, S. 218). Die "Staatsform ist
uns nebensächlich, wenn nur ihre Verfassung eine scharf nationale ist"
(S. 151). "Der Tag, an dem der parlamentarische Staat unter unserem
Zugriff zusammenstürzt, und an dem wir die nationale Diktatur ausrufen,
wird unser höchster Festtag sein" (S. 152). Mit dem Schlagwort
Nationalismus ist wenig gesagt. Was ist es, das den Nationalismus des
Frontsoldaten auszeichnet?
Durch den Krieg, so Jünger, wurde der von der
wilhelminischen Epoche geprägte Frontsoldat in ganz andere Bahnen
gerissen: "Er betrat eine neue, unbekannte Welt, und dieses Erlebnis
rief in vielen jene völlige Veränderung des Wesens hervor, die sich
am besten mit der religiösen Erscheinung der >Gnade< vergleichen
läßt, durch welche der Mensch plötzlich und von Grund auf
verwandelt wird" (S. 79).
Mit dem Ende des Kaiserreichs verbindet Jünger die
Überwindung einer materialistischen Naturanschauung, der
individualistischen Idee allgemeiner Menschenrechte und des bloßen
Strebens nach materiellem Wohlstand. Dagegen behauptet er
die Bedeutung der >Nachtseite< des Lebens. 12 Gegen das rationalistische, mechanistische,
materialistische Denken des Verstandes setzt er das Gefühl und den
organischen Zusammenhang mit dem Ganzen: "Für uns ist das
Wichtigste nicht eine Revolution der staatlichen Form, sondern eine seelische
Revolution, die aus dem Chaos neue, erdwüchsige Formen schafft."
(S. 114)
Die Weltanschauung, die Jünger seiner Generation der
Frontsoldaten empfiehlt, hat ihre Wurzeln in der Romantik und der
Lebensphilosophie Nietzsches. Jünger betont die Bedeutung des
Gefühls der Gemeinschaft, der Verbindung mit dem Ganzen, denn das
Gefühl stehe am Anfang jeder großen Tat. Wachstum ist für
Jünger das natürliche Recht alles Lebendigen (S. 82), das keines
Beweises zu seiner Rechtfertigung bedarf (S. 186):
Alles Leben unterscheidet sich und ist schon
deshalb kriegerisch gegeneinander gestellt. Im Verhältnis des Menschen
zu Pflanzen und Tieren tritt das ohne weiteres hervor, jeder Mittagstisch
liefert den unwiderleglichen Beweis. Das Leben äußert sich jedoch
nicht nur im Kampfe der Arten untereinander, sondern auch im Kampfe innerhalb
der Arten selbst. (S. 133) 13
Jünger hat den soziologischen Blick, der dem
Konservatismus seit der Romantik eigen ist. Deutlich zeigt sich seine
Aufnahme romantischen Geschichtsdenkens in der Betonung des Besonderen gegen
das Allgemeine, seiner Betonung der Abhängigkeit "von unserer Zeit
und unserem Raum" (S. 158). Er fordert, mit "dem unheilvollen
Streben nach Objektivität, die nur zur relativistischen Aufhebung der
Kräfte führt, aufzuräumen" und sich zu bewußter
Einseitigkeit zu bekennen, "die auf Wertung und nicht auf
>Verständnis< beruht" (S. 79f.).
Ein wichtiges Moment in Jüngers Geschichtsdenken ist das
Verhältnis von soziologischer Diagnose und zukünftiger Aufgabe.
Wenn Jünger bestimmte historische Entwicklungen untersucht, bemüht
er häufig die Kategorie der Notwendigkeit. Ereignisse treten mit
Notwendigkeit ein. In der gescheiterten Revolution "lag auch eine
Notwendigkeit" (S. 110). Über die Entwicklung der Technik urteilt
er: "Zwangsläufige Bewegungen lassen sich nicht aufhalten" (S.
160).
Hinter der Überzeugung, daß bestimmte Ereignisse
mit Notwendigkeit eintreten, steht die Vorstellung einer
überpersönlichen Idee, die sich in der Geschichte zu verwirklichen
sucht: Im Krieg gibt es Augenblicke, in denen "die kriegerische Idee
sich rein, vornehm und mit einer prächtigen Romantik offenbart. Dort
werden Heldentaten verrichtet, in denen kaum noch der Mensch, sondern die
kristall-klare Idee selbst am Werke scheint" (S. 109).
Über den geschichtsphilosophischen Schwung der Jahre, in
denen diese Aufsätze entstanden sind, schrieb Jünger am 20. April
1943 rückblickend in seinem zweiten Pariser Tagebuch:
Es ist die Geschichte dieser Jahre mit ihren
Denkern, ihren Tätern, Märtyrern und Statisten noch nicht
geschrieben; wir lebten damals im Eie des Leviathans. [...] Die Mitspieler
sind ermordet, emigriert, enttäuscht oder bekleiden hohe Posten in der
Armee, der Abwehr, der Partei. Doch immer werden diejenigen, die noch auf
Erden weilen, gern von jenen Zeiten sprechen; man lebte damals stark von der
Idee. So stelle ich mir Robespierre in den Arras vor. 14
Für den Jünger der zwanziger Jahre gilt: Der Mensch
ist nichts ohne eine Idee. Scheitert die Verwirklichung einer Idee, wie in
der Novemberrevolution, so scheitert sie notwendig, weil sie noch nicht stark
genug war. Die Zeit war dann noch nicht reif genug. Aufgabe des einzelnen ist
es, sich in den Dienst der Idee zu stellen: Die großen geschichtlichen
Leistungen besitzen die Eigenschaft, daß der "Mensch nur als
Werkzeug einer höheren Vernunft" (S. 93)
tätig ist. 15
Auch hier zeigt sich: Jüngers Geschichtsdenken kommt aus
dem 19. Jahrhundert und zeigt den für die Ideenlehre der historischen
Schule typischen Hang zur geschichtsphilosophischen Spekulation. Karl Löwith, der Jünger in der Folge Nietzsches
sah, hat darauf hingewiesen, daß "Jünger selbst noch der
bürgerlichen Epoche entstammt" und daher in der problematischen
Lage sei, daß das Alte nicht mehr und das Neue noch nicht gilt. 16 Dies gilt weniger für die Inhalte,
umsomehr aber für die Formen von Jüngers Denken.
Durch den Einfluß von Nietzsches vitalistischer
Teleologie werden Jüngers geschichtsphilosophische Spekulationen auch
biologisch fundiert: "Aber je mehr man beobachtet, desto mehr kommt man
dazu, an die große geheimnisvolle Steuerung durch eine große
biologische Vernunft zu glauben" (S. 171). 17 Und auch sein Begriff der Zeit zeigt
Jünger, dem die Arbeiten Bergsons vertraut waren, in der Tradition des
organologisch-lebensphilosophischen Denkens des 19. Jahrhunderts: Zeit ist
ihm nichts Zufälliges, "sondern ein geheimnisvoller und
bedeutungsvoller Strom, der jedes durchfließt und sein Inneres richtet,
wie ein elektrischer Strom die Atome eines metallischen Körpers richtet
und regiert" (S. 182).
>Konservative Revolution<
Die Hinweise auf die Wurzeln von Jüngers Denken erfolgen
nicht in der Absicht, Jüngers Originalität zu schmälern oder
der bekannten Linie das Wort zu reden, nach der die Lebensphilosophie in den
Faschismus mündet. Vielmehr geht es darum, Jüngers Geschichtsdenken
in Beziehung zu setzen zur sogenannten >Konservativen Revolution<. Es soll
untersucht werden, ob Jüngers Denken als konservative Revolution im
Sinne der als >Konservative Revolution< etikettierten Geistesrichtung
der Weimarer Republik begriffen werden kann.
Jüngers revolutionäre Einstellung ist offenkundig.
Weniger deutlich ist, inwiefern sein Denken >konservativ<genannt werden
kann. Das wichtigste >konservative< Moment in Jüngers Denken liegt
in der Bedeutung der Gemeinschaft.
Das Gefühl der >Gemeinschaft in einem großen
Schicksal<, das am Beginn des Krieges stand, das Bewußtsein der Idee
der Nation und die gemeinsame >Unterwerfung unter eine Idee< sind
für Jünger Zeichen einer grundsätzlichen Kurskorrektur:
"Wir erblicken darin die erste Anknüpfung einer verloren gegangenen
Verbindung, die Offenbarung einer höheren Sicherheit, die sich im
Persönlichen als Instinkt äußert" (S. 86).
Jünger bejaht die Revolution, aber er schränkt ihre
Bedeutung zugleich ein, indem er sie als Methode und nicht als Ziel begreift.
Sie kann nur Methode sein, denn der "Frontsoldat besitzt Tradition und
weiß, daß alle Größe und Macht organisch gewachsen
sein muß, und nicht aus der reinen Verneinung, aus dem leeren Dunst
herausgegriffen werden kann. Wie er den Krieg nicht verleugnet, sondern aus
ihm als einer stolzen Erinnerung heraus die Kraft zu neuen Aufgaben zu
schöpfen sucht, so fühlt er sich auch nicht berufen, das zu
verachten, was die Väter geleistet haben, sondern er sieht darin die
beste und sicherste Grundlage für das neue größere
Reich." (S. 124f.; vgl. S. 128f.)
Die Denkfigur einer >Konservativen Revolution< zielt auf den
Versuch, einen organischen Zusammenhang wiederherzustellen. Das Eintreten
für eine >Konservative Revolution< lebt also wesentlich von der
Entscheidung, an welche gewachsenen Traditionen wieder angeschlossen werden
soll. Jüngers Forderung nach einer Revolution, die an die Tradition
anschließt, bestimmt sich aber im wesentlichen ex negativo. Die
Verbindung, die Jünger zwischen seiner historistischen Lebensphilosophie
und seinem Nationalismus herstellen will, bleibt so rein
äußerlicher Natur. Es fehlt ihr der Nachweis eines inneren
Zusammenhanges.
Ein Argument für diesen Zusammenhang bleibt nur der
Versuch, das Individuum auf der Ebene des Gefühls an die organisch
gewachsene Nation zu binden. Die Bildung der Nation müßte aber
nicht zwingend auf Jüngers Fassung eines autoritativen Nationalismus
hinauslaufen. Lediglich die Opposition zu bestimmten Weltanschauungen ist
durch den Willen, das Individuum organisch einzubinden, notwendig. Für
die Krise des entwurzelten Individuums ist diesem Willen gemäß der
Liberalismus und mit ihm die Idee der parlamentarischen Demokratie
verantwortlich.
Die großen Gefahren sieht Jünger daher "nicht
im marxistischen Bollwerk" (S. 148, S. 151), sondern in allem, was mit
dem Liberalismus zusammenhängt: Die "Frage des Eigentums
gehört nicht zu den wesentlichen, die uns vom Kommunismus trennen.
Sicher steht uns der Kommunismus als Kampfbewegung näher als die
Demokratie, und sicher wird irgendein Ausgleich, sei er friedlicher oder
bewaffneter Natur erfolgen müssen"(S. 117).
Nach der Trennung vom Stahlhelm
Schon die 19 Aufsätze in der Beilage Die Standarte
zwischen September 1925 und März 1926 würden ausreichen, um
das Urteil zu korrigieren, Jünger sei im Grunde ein unpolitischer
Einzelgänger gewesen. Unabhängig von den politischen Bekenntnissen,
die Jünger abgibt, wird dies schon durch seine leidenschaftliche
Parteinahme deutlich. Aber auch später spricht Jünger von dem
kleinen Kreis, dem er angehöre (S. 197), und greift immer wieder auf die
Wir-Form zurück: "Wir Nationalisten" (S. 207). Ein Aufsatz
beginnt mit der Anrede: "Nationalisten! Frontsoldaten und Arbeiter!" (S.
250) Und in einem anderen heißt es: "ich spreche im Namen von
hunderttausend Frontsoldaten" (S. 267).
Um so erstaunlicher ist es, daß der Herausgeber Sven
Berggötz in seinem Nachwort schreibt, Jünger hätte zwar
durchaus einen beachtlichen Leserkreis erreicht, aber dieser hätte
"sich weitgehend auf Leser mit einem ähnlichen
Erfahrungshintergrund beschränkt". So habe er zwar auf die
Meinungsbildung eingewirkt, aber "mit Sicherheit nicht in signifikanter
Weise Einfluß auf die öffentliche Meinung genommen" (S. 867).
Weshalb 170 000 den Stahlhelm lesende ehemalige Frontsoldaten
nicht zur öffentlichen Meinung zählen, bleibt Berggötz'
Geheimnis – oder wollte Berggötz bloß sagen, die Stahlhelmer
dachten ohnehin schon, was Jünger formulierte? Von welchem Autor
ließe sich dann nicht behaupten, er artikuliere nur, was andere denken?
Noch unverständlicher ist aber sein abschließendes Urteil:
"Letztlich war Jünger schon damals ein im Grunde unpolitischer
Mensch, der im wesentlichen utopische Vorstellungen vertrat." (S. 868) Als ob Utopie und Politik einen Gegensatz darstellten.
18
Der Stahlhelm–Beilage Die Standarte war keine lange
Lebenszeit beschieden. Schon nach sieben Monaten erschien Die Standarte
im März 1926 nach Unstimmigkeiten mit der Bundesleitung des
Stahlhelm zum letzten Mal. Nachfolgeorgan war die fast gleichnamige
Standarte. Wochenschrift des neuen Nationalismus, die nun
selbständig erschien – herausgegeben von Ernst Jünger, Helmuth
Franke, Franz Schauwecker und Wilhelm Kleinau. Ihre Auflage von vermutlich
wenigen Tausend Exemplaren reichte nicht annähernd an Die Standarte
heran.
Das Selbstverständnis der Herausgeber wird in einem
programmatischen Beitrag Helmut Frankes für die erste Nummer der neuen
Standarte deutlich: "Wir Standarten-Leute kommen aus allen
Lagern: Vom konservativen bis zum jungsozialistischen. Die faschistische
Schicht hat kein Programm. Sie wächst und handelt.
" 19
Auch die Standarte erschien nicht lange. Im August
1926 wurde die Zeitschrift vorübergehend verboten, weil in dem Artikel
Nationalistische Märtyrer die Morde an Walther Rathenau und
Matthias Erzberger legitimiert worden waren. Im November 1926 gründete
Jünger mit Helmut Franke und Wilhelm Weiss die nächste Zeitschrift:
Arminius. Kampfschrift für deutsche Nationalisten (teilweise mit
dem Nebentitel: Neue Standarte), die bis September 1927 existierte. Im
Oktober 1927 gründete Jünger mit Werner Lass die Zeitschrift
Vormarsch. Blätter der nationalistischen Jugend, die bis 1929
erschien. Die nächste Zeitschrift war ebenfalls ein Gemeinschaftsprojekt
von Jünger und Werner Lass. Von Januar 1930 bis Juli 1931 gaben sie die
Zeitschrift Die Kommenden. Überbündische Wochenschrift der
deutschen Jugend heraus.
Zwischen 1926 und 1930 war Jünger also nahezu
ununterbrochen in die Herausgabe von Zeitschriften involviert. Neben einer
Vielzahl von Beiträgen, die er für seine Zeitschriften schrieb,
veröffentlichte Jünger auch in einigen anderen Organen, z. B. in
Wilhelm Stapels Deutschem Volkstum.
Einzelne Beiträge erschienen auch in Zeitschriften der
demokratischen Linken, in Willy Haas' Literarischer Welt und in
Leopold Schwarzschilds Das Tagebuch. Hier stellte Jünger seinen
Nationalismus vor. Eine größere Zahl von Beiträgen plazierte
Jünger in Ernst Niekischs Widerstand. Zeitschrift für
nationalrevolutionäre Politik. Nach 1931 schrieb er fast nur noch in
diesem Blatt. Die Hauptphase seiner politischen Arbeiten endet 1930.
Jünger und die Jungkonservativen
Nachdem die Stahlhelmleitung im Oktober 1926 die Parole
>Hinein in den Staat< ausgegeben hatte, ging Jünger scharf auf
Distanz. Im November 1926 äußerte er seine Befremdung ob der
Ereignisse im Stahlhelm und reagierte: Der Wille müsse frei gemacht
werden von "organisatorischen Verbindungen, die sich als Fessel"
erwiesen haben (S. 258): "Reine Bewegung, aber nicht Bindung fordern
wir" (S. 259, vgl. S. 256). Im Februar 1927 wiederholte er im
Arminius seinen Angriff: Der Stahlhelm ist "bürgerlicher und
damit liberalistischer Natur" (S. 305).
Hinter dem Bekenntnis zum Staat, das die Stahlhelmleitung
verkündet hatte, vermutete Jünger bestimmte Interessengruppen: Man
"bemühe sich mit Hilfe zur Verstärkung herbeigerufener
Routiniers, die sich durch jahrelange Tätigkeit an jenen esoterischen
Debattierklubs in Berlin W. ein Höchstmaß an politischer
Balancierkunst erworben haben, die Hineinparole so zu verklausulieren,
daß sie ebensogut sie selbst wie ihr Gegenteil sein kann" (S.
305).
Nachdem Jünger und seine Mitstreiter
aus dem Stahlhelm zurückgedrängt worden waren, gewannen Mitglieder
des Juniklubs zunehmend Einfluß. 20
Neben Heinz Brauweiler, dem Theoretiker des
Ständestaats, tat sich vor allem der >Antibolschewist< Eduard
Stadtler hervor. 21 Stadtler war vor dem
Krieg Sekretär der Jugendbewegung der Zentrumspartei. Nach dem Krieg
wurde er durch die Gründung der Antibolschewistischen Liga
bekannt. Stadtler gehörte zu den ersten, die eine
Verbindung von Konservatismus und Revolution als Programm expressis verbis
formulierten. 22 Anfang der zwanziger Jahre
war er eine der führenden Figuren des Juniklubs.
Versteht man unter >Konservativer Revolution< eine
politische Richtung, den Zusammenhang verschiedener Personen und Gruppen, die
ein gemeinsames politisches Ziel haben, so ist zu klären, in welchem
Verhältnis diese Personen zueinander standen, wo und wie sie sich
organisierten.
Im August 1926 hatte Jünger geschrieben: "Dieser
Nationalismus ist ein großstädtisches Gefühl" (S. 234).
Im Juni 1927 zog er mit seiner jungen Familie von Leipzig nach Berlin um.
Zunächst wohnte er in der Nollendorfstraße in Schöneberg,
also in unmittelbarer Nähe der Motzstraße, wo die
Jungkonservativen im Schutzbundhaus in der Nr. 22 ihre Zusammenkünfte
abhielten. Jünger blieb nicht lange in West-Berlin.
Bereits nach einem Jahr siedelte er um in den Ostteil der Stadt, in die
Stralauer Allee, wo vornehmlich Arbeiter wohnten. 23 1931 zog Jünger in die Dortmunder Straße,
nähe Bellevue, 1932 in das ruhige, bürgerliche Steglitz.
Natürlich kann man aus dem Wechsel der Wohnorte nicht
einfach auf die Entwicklung eines Denkens schließen. Aber es wird kein
bloßer Zufall gewesen sein, daß Jünger zunächst in so
unmittelbarer Nähe der Motzstraße wohnte, daß er den
Arbeiter schrieb und in einem Arbeiterviertel wohnte, daß sein
allmählicher Rückzug aus der politischen Agitation mit dem Umzug
nach Steglitz zusammenfiel.
Über die Kontakte Jüngers zu den Jungkonservativen
ist wenig bekannt. Hans-Joachim Schwierskott hat seiner
Biographie Moellers eine Mitgliederliste der Jungkonservativen beigegeben, in
der sich auch der Name Jüngers findet. 24
Aber das Verhältnis zwischen Jünger und den Jungkonservativen
war gespannt. In seinen politischen Arbeiten erwähnt Jünger Moeller
gelegentlich, aber neben einer Anspielung auf Edgar Julius Jungs Buch Die
Herrschaft der Minderwertigen (S. 432) gibt es kaum explizite Hinweise
auf eine Auseinandersetzung mit den Jungkonservativen.
Der erwähnte Angriff auf die "esoterischen
Debattierclubs in Berlin-West" deutet darauf hin, daß Jünger
in für ihn wesentlichen Punkten Differenzen zwischen sich und
Jungkonservativen wie Eduard Stadtler, Max Hildebert Boehm oder Edgar Julius
Jung sah. Vermutlich waren sie ihm zu bürgerlich, zu liberal, zu
christlich, zu sehr im Staat. Den Gedanken einer hierarchisch geprägten
Stände-Gesellschaft lehnte Jünger vehement ab: "Aufgrund des
Blutes und des Charakters wollen wir uns in Gemeinschaften und immer
größere Gemeinschaften binden, ohne Rücksicht auf Wissen,
Stand und Besitz, und uns klar trennen und scheiden von allem, was nicht in
diese Gemeinschaften gehört" (S. 212).
Aus den Reihen der sich um den 1925 verstorbenen Moeller van
den Bruck gruppierenden Jungkonservativen sollte Jünger später
heftig attackiert werden. Seine konsequenten Angriffe auf
alles Bürgerliche – ein Grundmotiv der politischen Publizistik, das er
im Arbeiter besonders radikal vertrat – brachte Jünger eine
heftige Replik seitens Max Hildebert Boehms ein. 25 Aber Jünger hat von Seiten der Jungkonservativen auch
Zuspruch gefunden. Der Philosoph Albert Dietrich, ein
Schüler Ernst Troeltschs und Mitglied des Juniklubs seit der
ersten Stunde, überwarf sich mit Boehm über dessen Angriff auf
Jünger. 26 Auch
hatte Jünger gute Kontakte zu einem anderen Flügel der
Jungkonservativen Bewegung‚ zum sogenannten >Tatkreis< um Hans Zehrer,
Giselher Wirsing und Ferdinand Fried. 27
Deutungsmöglichkeiten
Ob die Zuordnung Jüngers zur >Konservativen
Revolution< gerechtfertigt ist, kann nicht pauschal entschieden werden.
Zumindest drei Unterscheidungen bieten sich an.
Es sind erstens die personellen Verbindungen zu betrachten.
Sie können Zeichen sein für ein gemeinsames Arbeiten an gemeinsamen
Zielen, auch wenn in letzter Instanz die Ziele nicht die gleichen sind.
Zweitens sind die konkreten politischen Positionen zu untersuchen und zu
vergleichen. Und drittens ist nach Gemeinsamkeiten der Denkstile, der
Denkfiguren, der Mentalität zu suchen.
Über die erste Möglichkeit einer Zuordnung sind
bereits einige Anmerkungen gemacht worden. Ihre Bearbeitung erfordert die
umfangreiche Sichtung der Nachlässe, um anhand von Briefzeugnissen und
anderen persönlichen Dokumenten bekannte und unbekannte Verbindungen zu
rekonstruieren.
Die zweite Möglichkeit ist durch die Arbeiten Stefan
Breuers sehr erhellt worden. Breuer hat in einem Vergleich der konkreten
politischen Positionen einer großen Gruppe von Autoren und
Strömungen, die Armin Mohler und einige andere als >Konservative
Revolution< bezeichnet haben, eindrucksvoll gezeigt, daß sich
insgesamt betrachtet eine im einzelnen auch noch unterschiedlich weit gehende
Liberalismuskritik als einziger gemeinsamer Nenner ausmachen läßt.
Dies ist nach Breuer zu wenig, um von einem einheitlichen
Gebilde zu sprechen, da eine vehemente Kritik des Liberalismus auch von
anderer Seite geübt wurde. Die Rede von der
>Konservativen Revolution<, so Breuer, sei daher aufzugeben, da es sich um
einen im wesentlichen auf Mohler zurückgehenden Mythos der Forschung
handle. 28
Die Suche nach einheitsstiftenden Momenten der
>Konservativen Revolution< kann auch jenseits konkreter politischer
Programme auf der Ebene der Denkstile und der Mentalität ansetzen.
Für Mohler ist diese dritte Möglichkeit die entscheidende.
Nach Mohler ist das entscheidende Leitbild die "ewige Wiederkehr des
Gleichen" Er versteht dieses Bild als den Versuch, die christliche
Auffassung der Geschichte zu sprengen. Das Bild "der ewigen Wiederkehr
des Gleichen" biete ein Gegenstück zum linearen Modell der Zeit, an
welches die Idee des Fortschritts gekoppelt sei.
Zwar meint Mohler, daß es nicht für alle, die er
der >Konservativen Revolution< zurechnet, "in gleichem Maße
verpflichtend" sei, aber ihre wesentliche Denkfigur sieht er in den
Gedanken Nietzsches vorgebildet. Er folgt Nietzsche in
dem Dreischritt: Diagnose des Wertezerfalls, Affirmation dieses Prozesses
(Nihilismus) bis zur Vollendung der Zerstörung der alten (christlichen)
Werte, damit die Zerstörung in Schöpfung umschlagen kann. 29
Auch Breuer findet auf der Ebene der Mentalität eine
Gemeinsamkeit der >Konservativen Revolution<.
Während er in den konkreten politischen Positionen keine
hinreichende Übereinstimmung findet, die es nahelegen würde, von
der >Konservativen Revolution< zu sprechen, sieht er bei allen
Autoren eine "Kombination von Apokalyptik, Gewaltbereitschaft und
Männerbündlertum" 30 . Diese
Bestimmung ist jedoch, wie Breuer selbst bemerkt, zu weit und unbestimmt, und
daher ebenso unbefriedigend wie die Bestimmung über die gemeinsame
Kritik am Liberalismus.
Mohlers Bestimmung hingegen ist zu eng.
Die Unterstellung, der >Konservativen Revolution< sei eine
antichristliche Stoßrichtung genuin inhärent, ist denn auch
unmittelbar nach Erscheinen der ersten Auflage seines Buches stark kritisiert
worden. 31
In der Linie dieser Kritik kann man gegen Mohler einwenden,
einseitig einen eher unorganischen Begriff des Konservatismus in den
Mittelpunkt gestellt zu haben. Wenn Mohler, die
Formulierung Albrecht Erich Günthers aufgreifend, das Konservative
versteht "nicht als ein Hängen an dem, was gestern war, sondern an
dem was immer gilt", so betont er nur ein Moment des Konservatismus. 32 Denn der deutsche Konservatismus ist seit
seinen Ursprüngen in der Romantik weitgehend organologisch und
historistisch, d. h. mehr dem Gedanken organischer Entwicklung und einer sich
entwickelnden und unterschiedlich ausgestaltenden Wahrheit als dem
überzeitlicher Geltung verpflichtet.
In Mohlers Bestimmung des Konservativen
ist die Tradition des romantischen Konservatismus – also gerade die
Tradition, der die meisten Jungkonservativen verpflichtet sind – zu sehr in
den Hintergrund gerückt. 33 So ergibt sich ein schiefes Bild: Diejenige Gruppe, die die
Parole >Konservative Revolution< populär gemacht hat, ist in Mohlers
Fassung der >Konservativen Revolution< eine Randgruppe, der eine
"nur sehr bedingte revolutionäre Haltung" attestiert wird. 34
Nur folgerichtig ist daher Mohlers Vermutung, daß bei
der Verbindung von jungkonservativem Christentum und seinem Leitbild
der >Konservativen Revolution< eines von beidem Schaden leide.
Zu den Merkmalen organologischen Denkens im deutschen
Konservatismus sind im wesentlichen zwei Momente zu zählen: Zum einen
die Annahme einer Eingebundenheit des Einzelnen in die Gemeinschaft, zum
anderen ein Bild der Geschichte, nach dem eines aus dem anderen wachsen soll.
Konservativ sein, bedeutet seit Edmund Burkes Kritik der Französischen
Revolution eine kritische Haltung gegenüber jeder radikalen
gesellschaftlichen Veränderung. Nicht Veränderung überhaupt,
sondern jede Veränderung, die sich nicht in einer Gemeinschaft organisch
entwickelt, wird vom konservativen Standpunkt abgelehnt.
Indem der Konservatismus seine Wurzeln in
der Kritik der französischen Revolution hat, ist ihm von Beginn an die
aporetische Struktur einer >Konservativen Revolution< eigen. 35 Ist der organische Zusammenhang einmal
aufgebrochen, muß sich der Konservative eines Mittels bedienen, das er
eigentlich ablehnt. Er muß durch einen radikalen Schritt wieder
versuchen, gemeinschaftliche Bindung zu gewinnen. Kein Konservatismus kann
seine Werte erst neu schaffen.
Aber je tiefer die in der Vergangenheit liegenden Werte
verschüttet sind, desto schwieriger wird der Versuch, wieder einen
Anschluß zu gewinnen. Nach dem ersten Weltkrieg ist der Konservatismus
in Deutschland in einer Verfassung, in der über den Gehalt der Werte der
Gemeinschaft – wie die Untersuchungen Breuers zeigen – keine Einigkeit mehr
besteht.
Der Schluß, den Breuer aus diesem Ergebnis zieht,
daß man besser nicht mehr von der >Konservativen
Revolution< sprechen sollte, könnte dennoch verfrüht sein. Denn
es könnte ja entweder sein, daß die Formel >Konservative
Revolution< eine gemeinsame Denkfigur verschiedener Gruppen benennt, oder
aber, daß zwar sinnvoll von der >Konservativen Revolution<
gesprochen werden kann, die Gruppe derer, die ihr angehören, jedoch
enger gezogen werden muß, als in den Arbeiten Mohlers und seiner
Nachfolger.
Konservativ ?
In eigener Sache hat Jünger das Bild einer
>Konservativen Revolution< nicht verwendet. Schon der Begriff
>konservativ< für sich genommen bezeichnet für Jünger in
der Regel etwas ihm Fremdes (218). In Sgrafitti
blickte er 1960 mit Distanz auf die Idee einer >Konservativen
Revolution< zurück. 36
Er selbst zählte sich ganz offensichtlich nicht zur
>Konservativen Revolution<. Alfred Andersch gegenüber bekannte er im
Juni 1977: "Sie rechnen mich nicht den Konservativ-Nationalen, sondern
den Nationalisten zu. Rückblickend stimme ich dem zu.
" 37
Daß sich bei Jünger die Formulierung
>Konservative Revolution< nicht in eigener Sache findet, muß
nicht bedeuten, daß sich nicht wesentliche ihrer Momente bei ihm
aufweisen lassen. Jünger glaubte ja, nur auf dem Weg einer Revolution
könne eine Überwindung der mißlichen Gegenwart gelingen.
Die Frage bleibt nur, inwiefern die erstrebten
Veränderungen als konservativ aufgefaßt werden können. In den
Aufsätzen der Jahre 1925 und 1926 fanden sich einige für das Denken
des Konservativen typische Momente: die Bedeutung der Gemeinschaft und die
Bedeutung der Tradition.
Etwa ab dem Frühjahr 1926 – in einer Phase, die
politisch zu den stabilsten der Weimarer Republik gehörte – wird
Jünger in seinen Positionen jedoch immer radikaler. Von einer Bedeutung
der Tradition ist nicht mehr die Rede.
Bei oberflächlicher Betrachtung ist eine
Veränderung seines Denkens nicht zu erkennen, denn noch im September
1929 bestimmt er den Charakter des Nationalismus wie ehedem durch Angabe der
genannten vier Punkte: Der Nationalismus strebe den national, sozial,
wehrhaft und autoritativ gegliederten Staat aller Deutschen an (S. 504).
Immer wieder kehren die Motive, daß das Sterben der Soldaten im
großen Krieg einen Sinn gehabt habe (S. 239), daß alles
Wesentliche nur erfühlt und nicht begriffen werden könne (S. 288).
Bestimmend bleibt auch die Bedeutung der Idee: "Nach
neuen Zielen verlangt unser Blut, es fordert Ideen, an denen es sich
berauschen, Bewegungen, in denen es sich erschöpfen und Opfer, durch die
es sich selbst verleugnen kann" (S. 196).
Etwa seit Mitte 1926 zeigen sich deutliche
Akzentverschiebungen. Immer stärker hebt Jünger nun die
Notwendigkeit reiner Bewegung, reiner Dynamik hervor: Die Stärke einer
Aktion besteht darin, "daß sie zu hundert Prozent Bewegung
bleibt" (S. 256, vgl. auch S. 267). 38 Jüngers eigene Einschätzung gibt eine
interessante Beschreibung der kollektiven Psyche seiner Generation: "Wir
sind Dreißigjährige, früh durch eine harte Schule gegangen,
und was sich in uns nicht gefestigt hat, das wird nicht mehr zu festigen
sein." (S. 206)
Der Bruch mit dem Stahlhelm war mehr als ein tagespolitisches
Ereignis. Er markiert den Beginn eines neuen Angriffs. Jünger fordert
weiter, aber forcierter als bisher, die Revolution und den Bruch mit der
Demokratie. Mit dem Ehrentitel Nationalisten wollen sich er und die seinen –
"Männer, die gefährlich sind, weil es ihnen eine Lust ist,
gefährlich zu sein" – vom "friedlichen Bürger"
abwenden, schreibt er im Mai 1926 (S. 213). Der Nationalist habe
die heilige Pflicht, Deutschland die erste
wirkliche, das heißt von sich rücksichtslos bahnbrechenden Ideen
getriebene Revolution zu schenken. Revolution, Revolution! Das ist es, was
unaufhörlich gepredigt werden muß, gehässig, systematisch,
unerbittlich, und sollte dieses Predigen zehn Jahre lang dauern. [...] Die
nationalistische Revolution braucht keine Prediger von Ruhe und Ordnung, sie
braucht Verkünder des Satzes: >Der Herr wird über Euch kommen
mit der Härte des Schwerts!< Sie soll den Namen Revolution von jener
Lächerlichkeit befreien, mit der er in Deutschland seit fast hundert
Jahren behaftet ist. Im großen Kriege hat sich ein neuer
gefährlicher Menschenschlag entwickelt, bringen wir diesen Schlag zur
Aktion! (S. 215)
Seine grundsätzliche Ablehnung der Demokratie brachte
Jünger in einem Punkt immer wieder in Distanz zum Nationalsozialismus.
Vor den Wahlen schrieb er im August 1926: "es bedeutet einen
verhängnisvollen Zwiespalt, eine Einrichtung als theoretisch unsittlich
zu erklären und gleichzeitig praktisch an ihr teilzunehmen. [...] Was
gefordert werden muß, ist ein allgemeines striktes Verbot, an einer
Wahl teilzunehmen" (S. 243ff.).
Schon früher hatte Jünger deutlich gemacht,
daß er keinen unüberwindbaren Gegensatz zwischen Sozialismus und
Nationalismus entdecken könne. Im Dezember 1926 bekannte er sich offen
zur bolschewistischen Wirtschaftspolitik: "Wir suchen die
Wirtschaftsführer davon zu überzeugen, daß unser Weg auf
geradester Linie zu jener staatlich geordneten Zentralisation führt, die
uns allein konkurrenzfähig erhalten kann." (S. 269)
Historismus
Mit der Liberalismuskritik der Romantik, mit den >Ideen
von 1914<, teilt Jünger weiter wesentliche Überzeugungen: Es gebe
kein moralisches Gesetz an sich, jedes Gesetz werde durch den Charakter
bestimmt. Denn Charaktere "sind nicht den Gesetzen des Fortschrittes,
sondern denen der Entwicklung unterworfen. Wie in der Eichel schon der
Eichbaum vorausbestimmt ist, so liegt im Charakter des Kindes schon der des
Erwachsenen" (S. 210). Allgemeine Wahrheiten, eine allgemeine Moral
läßt Jüngers Historismus nicht gelten:
Wir glauben vielmehr an ein schärfstes
Bedingtsein von Wahrheit, Recht, Moral durch Zeit, Raum und Blut. Wir glauben
an den Wert des Besonderen. [...] Aber ob man an das Allgemeine oder das
Besondere glaubt, das ist nicht das Wesentliche, wie am Glauben
überhaupt nicht die Inhalte das Wesentliche sind, sondern seine Glut und
seine absolute Kraft. (S. 280)
Jünger nimmt hier – im Januar 1927 – ein zentrales Motiv
des Abenteuerlichen Herzens vorweg: "Ein Recht ist nicht, sondern
wird gesetzt, und zwar nicht vom Allgemeinen, sondern vom Besonderen"
(S. 283). Im Abenteuerlichen Herz heißt es noch
eindrücklicher: "Daher kommt es, daß diese Zeit eine Tugend
vor allen anderen verlangt: die der Entschiedenheit. Es kommt darauf an,
wollen und glauben zu können, ganz abgesehen von den Inhalten, die sich
dieses Wollen und Glauben gibt." 39
Wenn die Einsicht in die historische Gewordenheit die
Absolutheit jeder Weltanschauung in Frage stellt, kann dies dazu führen,
daß keine wahrer und damit verbindlicher scheint als die andere. In so
einer Zeit mag es durchaus sinnvoll sein, für die Bedeutung der
Entscheidung, ja für die Notwendigkeit der Entscheidung einzutreten.
Wenn aber das >wofür< der Entscheidung beliebig wird, man sich
nicht für eine Position entscheidet, für die man zwar keine
rationalen Gründe, aber immer noch Gründe anzuführen vermag,
dann handelt es sich, wie Jünger ja auch selbst gesehen hat, um reinen
Nihilismus. Ob man diesen Nihilismus als Stadium des Übergangs begreift
oder nicht, mit einer konservativen Haltung ist diese Position nicht mehr in
Einklang zu bringen.
Antihistorismus
Im September 1929 erschien in dem von Leopold Schwarzschild
herausgegebenen linksliberalen Tagebuch ein Aufsatz Jüngers, in
dem seine Stellung zum Konservatismus besonders deutlich wird. Jünger
war von Schwarzschild aufgefordert worden, seine Position darzustellen.
Unmittelbarer Anlaß waren die Attentate der Landvolkbewegung, die in
der Presse heftig diskutiert wurden.
Jünger wurde vorgestellt als "unbestrittener
geistiger Führer" des jungen Nationalismus, für den
"sogar Hugenberg, Hitler und die Kommunisten reaktionäre
Spießbürger" (S. 788) sind. Jünger stellte klar,
daß sein Nationalismus mit dem "Konservativismus" nicht
"das mindeste zu schaffen" habe (S. 504, vgl. S.
218). 40 Seine Kritik an der
parlamentarischen Demokratie trifft jeden, der sich nicht außerhalb der
Ordnung des bestehenden Systems stellt. Letztlich sind ihm alle
revolutionären Kräfte innerhalb eines Staates unsichtbare
Verbündete (S. 506). Zerstörung sei daher das einzig angemessene
Mittel: "Weil wir die echten, wahren und unerbittlichen Feinde des
Bürgers sind, macht uns seine Verwesung Spaß" (S. 507). 41
Der Aufsatz im Tagebuch löste eine rege
Diskussion um Jüngers Standort aus. Wenige Monate später, im Januar
1930, nahm Jünger in Niekischs Widerstand dazu Stellung (
Schlußwort zu einem Aufsatze): Die "Wendung zur
Anarchie" habe sich "endgültig im Jahr 1927" vollzogen,
zunächst sei sie jedoch nur "im kleinsten Kreis" zur Sprache
gekommen.
Vor mir liegen meine Briefbände aus diesem
Jahr, die mit Ausführungen gespickt sind über das, was wir damals
den Nihilismus nannten, und dem wir morgen vielleicht wieder einen anderen
Namen geben werden - vielleicht sogar den des Konservativismus, wenn es uns
Vergnügen macht. Denn Chaos und Ordnung besitzen eine engere
Verwandtschaft als mancher Glauben mag. (S. 541) 42
In einem der Briefe, aus denen Jünger zwei längere
Passagen zitiert, heißt es, "wir" seien "als Glieder
einer Generation vorläufig nur echt", "als wir durch den
Nihilismus hindurchgehen und unseren Glauben noch nicht formulieren" (S.
542f.). Jünger kommentiert: Diesen Gedankengängen liege das
Bestreben zu Grunde, "das Sein von allen Gewordenen Gebilden zu
lösen, um es tieferen und furchtbareren Gewalten anzuvertrauen –
solchen, die nicht das Opfer, sondern die Triebkräfte der Katastrophe
sind" (S. 543).
Was Jünger und seinem Kreis vorschwebte war also ein
radikaler Bruch mit der geschichtlichen Überlieferung überhaupt.
Aus der Sicht des deutschen Konservatismus kann man nicht antikonservativer
eingestellt sein. Jünger war sich dieses Antikonservatismus vollends
bewußt, indem er ihm einen anderen Konservatismus
gegenüberstellte:
Die Ursprünglichkeit des Konservativen
zeichnet sich dadurch aus, daß sie sehr alt, die des
Revolutionärs, daß sie sehr jung sein muß. Die Konservativen
von heute sind aber fast ohne Ausnahme erst hundert Jahre alt. [...] Mit
anderen Worten: Der Bannkreis des Liberalismus hat größere
Reichweite, als man im allgemeinen glaubt, und fast jede Auseinandersetzung
vollzieht sich innerhalb seines Umkreises. (S. 589)
In den Aufsätzen des Jahres 1930
manifestierte sich der antihistoristische Affekt weiter. 43 Im Mai 1930 schrieb Jünger:
Unser Gesellschaftsgefühl ist anarchisch.
[...] Überall offenbart sich das Streben nach neuer Ordnung, nach
Schaffung neuer, im besten Sinne männlicher Werte. Eine Evolution aber
ist unmöglich! Nur die kommende, die mit zwingender Gewalt kommende
Revolution kann Besserung bringen. [...] Erst aus den Tiefpunkten
kulturpolitischer Falschwirtschaft wird sich – gemäß des ehernen
Gesetzes der Weltgeschichte – bei uns der Aufstieg vollziehen! (S. 583)
Bestimmt man die >Konservative Revolution< als den
radikalen Versuch, das, was traditionell in Deutschland Konservatismus
genannt wird, unter den Bedingungen einer antikonservativen Zeit wieder zu
beleben, so kann Jünger nach 1926 eigentlich nicht mehr zur
>Konservativen Revolution< gezählt werden.
Für Mohler, der einen ungeschichtlichen, eher
anthropologischen Konservatismusbegriff zu Grunde legt, bietet Jüngers
Denken um 1929 jedoch beinahe den Idealtyp der >Konservativen Revolution<.
In einer Hinsicht bleibt jedoch eine Spannung. Die Absage an jede
geschichtliche Überlieferung bedeutet auch eine Absage an
Geschichtsphilosophie. Jünger bleibt jedoch durch
seinen Hang zur Idee dem geschichtsphilosophischen Denken in einem
wesentlichen Punkt verhaftet. 44
Die Edition
Zum Schluß noch einige Bemerkungen zu der von Sven
Berggötz besorgten Edition. Leider haben sich in die Texte Jüngers
einige Fehler eingeschlichen. Bei der Edition eines Klassikers ist dies
besonders ärgerlich.
An einigen Stellen störte sich Berggötz an
Jüngers Grammatik und griff in den Text ein. Einen Autor vom Format
Jüngers bei der Bildung eines Genitivs zu korrigieren, ist eigentlich
überflüssig.
Einige der Texteingriffe sind jedoch unbegreiflich. Sie
zeigen, wie fremd dem Herausgeber das Denken Jüngers geblieben ist.
Natürlich meint Jünger in der folgend angeführten Passage
"das Arbeiten der Idee" und nicht ein "Arbeiten an einer
Idee". Ideen sind für Jünger überpersönliche
Mächte: "Denn was jetzt in allen Völkern vor sich geht, ist
das Arbeiten [an] einer universalen Idee" (S. 262).
Weshalb es in der folgenden Passage "Tugend"
heißen soll, wie Berggötz in seinem Kommentar vermutet (S. 770),
ist ebenfalls nicht einzusehen: "Es bedürfte dieser Aufforderung
nicht, denn ich betrachte mich überall als Mitkämpfer, wo man mit
jener stillen Entschiedenheit, in der ich die für unsere Zeit
notwendigste Jugend [sic] erblicke, an der Rüstung ist" (S. 449f.).
Unverständlich ist auch, weshalb die wenigen Fußnoten Jüngers
sich nicht in den Texten Jüngers, sondern in den Kommentaren finden.
In den Kommentaren finden sich zwar viele interessante und
hilfreiche Erläuterungen, einige Kommentare provozieren jedoch Kritik.
In einem Kommentar zum "Fundamentalsatze des Descartes" (S. 503)
heißt es, das "ich denke, also bin ich" sei "der erste
absolut gewisse Grundsatz, mit dem Descartes die Wende der neuzeitlichen
Philosophie zum Sein begründete" (S. 710). Einmal ganz abgesehen
davon, daß ein Kommentar zu Descartes' "Fundamentalsatz"
vezichtbar wäre: Mit gleichem Recht könnte es auch heißen,
der Satz begründe die Wende zum Bewußtsein.
Ein anderes Beispiel: Eine Bemerkung Jüngers über
Keyserlings Reisetagebuch eines Philosophen (S. 160) kommentiert
Berggötz mit dem Hinweis, Thomas Mann hätte das Buch für die
Frankfurter Zeitung rezensieren sollen. Nun weiß der Leser, daß
sich Berggötz auch für Thomas Mann interessiert. Für das
Verständnis von Jüngers Text ist dieser Kommentar unerheblich.
Viele eindeutige Anspielungen und Zitate blieben hingegen
unkommentiert. Nicht wo sich Goethes Wendung "alles Vergängliche
ist nur ein Gleichnis" findet, sondern wo Rathenau gesagt hat, daß
die Weltgeschichte ihren Sinn verloren hätte, "wenn die
Repräsentanten des Reiches als Sieger durch das Brandenburger Tor in die
Hauptstadt eingezogen wären" (S. 575), möchte man gerne
erfahren.
Matthias Schloßberger, M.A.
Universität Potsdam
Institut für Philosophie
Praktische Philosophie / Philosophische Anthropologie
Am Neuen Palais, Haus 11
D - 14469 Potsdam
Homepage
E-Mail mit vordefiniertem Nachrichtentext senden:
Ins Netz gestellt am 18.09.2002

Copyright © by the author. All rights reserved.
This work may be copied for non-profit educational use if proper credit is
given to the author and IASLonline.
For other permission, please contact IASLonline.
Diese Rezension wurde betreut von unserem Fachreferenten PD Dr. Alf Christophersen. Sie
finden den Text auch angezeigt im Portal Lirez –
Literaturwissenschaftliche Rezensionen.
Weitere Rezensionen stehen auf der Liste
neuer Rezensionen und geordnet nach
zur Verfügung.
Möchten Sie zu dieser Rezension Stellung nehmen?
Oder selbst für IASLonline rezensieren? Bitte
informieren
Sie sich hier!
[ Home | Anfang |
zurück ]
Anmerkungen
1 Ernst Jünger: Blätter und Steine.
Hamburg: Hanseatische Verlagsanstalt 1934, S. 7. zurück
2 Karl O. Paetel: Ernst und Friedrich Georg
Jüngers Politische Wandlung. In: Deutsche Blätter, Band 1 (1943),
Heft 10, S. 22–27, hier S. 23. zurück
3 Wie wirkungsmächtig dieser Aufsatz
Paetels war, zeigt der Hinweis Carl Zuckmayers in seinem 1943 / 44
entstandenen Geheimreport für den amerikanischen "Geheimdienst Office
of strategic services (OSS)". Zuckmayers positive Beurteilung Jüngers
stützt sich, wie er selbst bekennt, wesentlich auf den Aufsatz Paetels.
Über seine Kenntnis der Brüder Jünger schreibt Zuckmayer: "Zur
Charakteristik dieser beiden deutschen Autoren, die ich nicht persönlich
kenne und von deren privaten Umständen ich nichts weiss, verweise ich
auf Heft 10, 1943, der Deutschen Blätter, Santiago de Chile, das einen
ausgezeichneten Aufsatz über Arbeiten Auffassungen und Entwicklungen der
beiden enthält" (Carl Zuckmayer: Geheimreport. Göttingen: Wallstein
Verlag 2002, S. 102). zurück
4 Siegfried Marck: Der Neuhumanismus als
politische Philosophie. Zürich: Verlag der Aufbruch 1938. Vgl. v. a. das
1. Kapitel: Der Faschismus als Sophistik der konservativen Revolution, S.
9–70, hier v. a. S. 46ff. zurück
5 Hermann Rauschning: Die Revolution des
Nihilismus. Kulisse und Wirklichkeit im dritten Reich. Zürich, New York:
Europa-Verlag 1938. Vgl. v. a. den Abschnitt Die zweite Phase der
Revolution, S. 100–114. zurück
6 Golo Mann: Ernst Jünger. Ein Philosoph
des neuen Deutschland. In: Die Sammlung, Heft 1 (1934), S. 249–259.
zurück
7 Karl Löwith: Von Hegel bis Nietzsche.
Zürich, New York: Europa Verlag 1941. zurück
8 Alfred von Martin: Der heroische Nihilismus
und seine Überwindung. Ernst Jüngers Weg durch die Krise. Krefeld:
Scherpe-Verlag 1948, S. 10. Vielleicht trifft der Vorwurf von Martins mehr
auf Jüngers Verteidiger wie Paetel zu, denn auf Jünger selbst.
Bekenntnisse a lá Bronnen dürften bei Jünger nicht zu finden
sein. zurück
9 Im folgenden verweisen die im Haupttext in
Klammern genannten Seitenzahlen auf die angezeigte Ausgabe. zurück
10 Einen Überblick über einen Teil
der Zeitschriften – mit aufschlußreichen Bildern der Titelseiten –
bietet Karl O. Paetel: Versuchung oder Chance? Zur Geschichte des deutschen
Nationalbolschewismus. Göttingen: Musterschmidt-Verlag 1965.
zurück
11 Vgl. allgemein: Karl Dietrich Bracher:
Die Auflösung der Weimarer Republik. Eine Studie zum Problem des
Machtverfalls in der Demokratie. Stuttgart und Düsseldorf: Ring Verlag
1955, S. 134–137; zur Gründung der Sonderbeilage vgl. Alois
Klotzbücher: Der politische Weg des Stahlhelm, Bund der Frontsoldaten,
in der Weimarer Republik. Ein Beitrag zur Geschichte der "Nationalen
Opposition" 1918–1933. Phil. Diss. Tübingen: [1965], S. 74ff.
zurück
12 Das durch Fechner populär gewordene
Bild von der >Tagseite< und der >Nachtseite< des Lebens verwendet Jünger
im Abenteuerlichen Herzen. In der Politischen Publizistik finden sich die
damit verbunden Gedanken nur der Sache nach. Vgl. Ernst Jünger: Das
Abenteuerliche Herz. Aufzeichnungen bei Tag und bei Nacht. Berlin:
Frundsberg-Verlag 1929, S. 69. zurück
13 Das Zitat stammt aus dem Aufsatz Der
Pazifismus vom 15. November 1925. Die Welt am Sonntag, druckte diesen
Aufsatz am 7. Oktober 2001 (Nr. 40, S. 37f.) als wieder aktuelle
Stellungnahme zur weltpolitischen Situation nach dem 11. September.
Überschrieben: "Mit den Terrorangriffen auf die USA wurden auch die
Hoffnungen auf eine dauerhaft friedliche Welt zerschlagen. In einem
vergessenen und jetzt neu edierten Essay der 20er Jahre entlarvt der Autor
von In Stahlgewittern die pazifistische Idee als Wunschdenken."
zurück
14 Ernst Jünger: Strahlungen.
Tübingen: Heliopolis-Verlag 1949, S. 308 f. (Das zweite Pariser
Tagebuch) zurück
15 Aus dem Vorwort zur zweiten Auflage von
Der Kampf als inneres Erlebnis (Berlin: Mittler & Sohn 1926).
zurück
16 Karl Löwith: Von Hegel bis
Nietzsche. Zürich, New York: Europa Verlag 1941, S. 352. zurück
17 Aus Der Neue Typ des Deutschen Menschen
In: Stahlhelm-Jahrbuch 1926. Magdeburg: Stahlhelm-Verlag 1925. zurück
18 Vgl. hierzu das Urteil Markus Josef
Kleins: "Jüngers Rolle bei der Koordination der Berliner
Nationalistenkreise kann wohl gar nicht überschätzt werden." Markus
Josef Klein: Ernst von Salomon. Eine politische Biographie. Limburg an der
Lahn: San Casciano Verlag 1994, S. 152. zurück
19 Helmut Franke: Sterbender Kriegerverein.
In: Standarte. Wochenschrift des neuen Nationalismus, 1. April 1926, Nr. 1,
hier zitiert nach Karl O. Paetel: Versuchung oder Chance? Zur Geschichte des
deutschen Nationalbolschewismus. Göttingen: Musterschmidt-Verlag 1965,
S. 63. zurück
20 Vgl. Alois Klotzbücher: Der
politische Weg des Stahlhelm, Bund der Frontsoldaten, in der Weimarer
Republik. Ein Beitrag zur Geschichte der "Nationalen Opposition" 1918–1933.
Phil. Diss. Tübingen: [1965], S. 113. zurück
21 Zur Rolle Eduard Stadtlers im Stahlhelm
vgl. Ferdinand Muralt: Der >Stahlhelm< und die große Politik. In:
Hochland, 30. Jg., Okt. 1932-März 1933, Band 1, S. 193–204; sowie Eduard
Stadtler: Seldte – Hitler – Hugenberg! Die Front der Freiheitsbewegung.
Berlin: "Das großdeutsche Reich" 1930. zurück
22 Eduard Stadtler: Diktatur der sozialen
Revolution. Leipzig: K. F. Koehler 1920, S. 143: "Ich bin mir dessen wohl
bewußt, daß diese Forderung als solche ebenso konservativ und
revolutionär zugleich ist, wie etwa der Inhalt der von mir verlangten
Politik." zurück
23 Horst Mühleisen: Ernst Jünger
in Berlin. Frankfurt an der Oder: Förderkreis Kleistmuseum 1998.
zurück
24 Vgl. Hans-Joachim Schwierskott: Arthur
Moeller van den Bruck und der revolutionäre Nationalismus in der
Weimarer Republik. Göttingen: Musterschmidt-Verlag 1962. Anhang B, II.
Mitarbeiter, Mitglieder der Jungkonservativen Vereinigung und
Einzelverbindungen, S. 176–179, hier S. 177. Leider gibt Schwierskott keinen
Hinweis, aus welchen Quellen sich die Zuordnung zu dieser Liste speist. Nach
Mitteilung Fayes soll Jünger erstaunt gewesen sein, in dieser Liste
seinen Namen zu finden. Jean Pierre Faye: Totalitäre Sprachen, Band 1,
Berlin: Ullstein 1977, S. 104. zurück
25 Vgl. Boehms Kritik des Arbeiters. Max
Hildebert Boehm: Der Bürger im Kreuzfeuer. Göttingen: Vandenhock
& Ruprecht 1933. zurück
26 Dem Briefwechsel Dietrichs und Boehms,
der im Nachlaß Jüngers liegt, ist zu entnehmen, daß
Jünger und Dietrich enger befreundet waren. Vgl. die Briefe von Max
Hildebert Boehm an Albert Dietrich und vice versa vom März / April 1933,
DLA Marbach. zurück
27 Über die Spannungen zwischen dem
Tatkreis und dem aus dem Juniklub hervorgegangenen Kreis um Moeller
van den Bruck und Heinrich von Gleichen vgl. Wilhelm Wunderlich [Pseudonym?]:
Die Spinne. In: Die Tat, 23. Jg., Heft 10, Januar 1932, S. 841–844.
zurück
28 Vgl. Stefan Breuer: Die konservative
Revolution – Kritik eines Mythos. In: Politische Vierteljahrsschrift, 31.
Jg., Heft 4 (1990), S. 585–607; ders.: Anatomie der Konservativen Revolution.
Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 1993, 1995². zurück
29 Armin Mohler: Die konservative Revolution
in Deutschland 1918–1932. Stuttgart: Vorwerk-Verlag 1950, 1972², S. 109. Die
zweite leicht überarbeitete Auflage brachte eine beträchtliche
Erweiterung des Quellenteils (Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft
1972), die dritte einen Ergänzungsband und Korrigenda (Darmstadt:
Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 1989). zurück
30 Stefan Breuer: Anatomie der Konservativen
Revolution. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 1993, 1995², S.
47. zurück
31 Vgl. z. B. Wilhelm Stapel: Kann ein
Konservativer Gegner des Christentums sein? In: Deutsches Pfarrerblatt 51
(1951), S. 323–325. zurück
32 Armin Mohler: Die Konservative Revolution
in Deutschland 1918–1932, Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft
1972², S. 116. Auch Sontheimer betont zu stark das >Ewige<. Vgl. Kurt
Sontheimer: Antidemokratisches Denken in der Weimarer Republik. München:
Nymphenburger Verlag 1962, S. 150. zurück
33 Die angedeutete Spannung von Entwicklung
und Geltung sind typisch für die Spannungen, in der sich das Denken der
Junkonservativen befand. Vgl. z. B. Gustav Steinbömer: Betrachtungen
über den Konservatismus. In: Deutsches Volkstum. Halbmonatsschrift
für das deutsche Geistesleben. Hrsg. von Wilhelm Stapel und Albrecht
Erich Günther. Hamburg: Hanseatische Verlagsanstalt 1. Halbjahr (1932),
S. 25–30, hier S. 26: "Der Konservatismus orientiert sich an der ewigen ordre
du coeur, nicht an den wechselnden Idealen der ratio. Er ist daher eine ewige
menschliche Haltung. [...] Die staatlichen und gesellschaftlichen Formen, in
denen sich eine solche Seinshaltung zu realisieren sucht, werden in Raum und
Zeit nach Blut und Boden sehr verschieden sein können." zurück
34 Armin Mohler: Die Konservative Revolution
in Deutschland 1918–1932. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft
1972², S. 141. zurück
35 Zu diesen Aporien vgl. Oscar H. Schmitz:
Radikale und konservative Einstellung. In: Europäische Revue. Hrsg. von
Karl Anton Rohan, Leipzig: Verlag der Neue Geist, Jg. 1, Heft 1, April 1925,
S. 38–44. zurück
36 Ernst Jünger: Sgraffiti. Stuttgart:
Klett 1960, S. 122: "Bereits das Wort konservativ war von bewußter
Erinnerung getragen, von einem Gefühl des Mangels, des Fehlenden. Schon
deshalb mußte jede konservative Revolution ins Leere stoßen und
nach dem Vorbild der Polignacschen Ordonanzen scheitern; das hatte sich immer
wiederholt. Dagegen trug jeder Einzelne diese Schicht tief in sich,
wenngleich sie nur mit dem Schlüssel des Bewußtseins
aufzuschließen war. Man konnte ihm die Jugend nicht wiedergeben, doch
die Erinnerung. Im Grunde wollte der Mensch auch nicht zurück. Er zog
Erkenntnis, Vergeistigung, auch unter Schmerzen, vor." zurück
37 Ernst Jünger: Siebzig verweht II.
Stuttgart: Klett 1981, S. 315. zurück
38 Vgl. Hermann Rauschning: Die Revolution
des Nihilismus. Zürich / New-York Europa Verlag 1938. Für
Rauschning ist der Gedanke der permanenten Revolution, der reinen Bewegung
das bestimmende Moment des Nationalsozialismus! zurück
39 Ernst Jünger: Das Abenteuerliche
Herz. Berlin: Frundsberg-Verlag 1929, S. 180. zurück
40 Im Abenteuerlichen Herzen, das etwa zur
gleichen Zeit erschien, sprach er mit distanziert soziologischem Blick von
"Revolutionären innerhalb konservativer Parteien" als einem Symptom der
Gegenwart. Ernst Jünger, Das Abenteuerliche Herz. Berlin:
Frundsberg-Verlag 1929, S. 155f. zurück
41 Vgl. das aktuelle Verlagsprogramm des
Hauses Klett-Cotta: "ein scharf kritisierender Publizist, der die
Mißstände in Politik und Gesellschaft während der Weimarer
Republik brillant seziert und radikale Alternativen entwickelt." In:
Gesamtverzeichnis 2002, Klett-Cotta, S. 20. zurück
42 Leider wird im Kommentar von
Berggötz nicht erwähnt, ob etwas über den Verbleib der Briefe
bekannt ist. zurück
43 Zu dem Phänomen des Antihistorismus
der radikalen Jugend – in diesem Fall dem italienischen Futurismus – vgl.
Benedetto Croce: Antihistorismus. In: Historische Zeitschrift, Band 143
(1931), S. 457–466. zurück
44 Die hier angedeutete Spannung zwischen
dem Denken Jüngers und dem der >Konservativen Revolution< der
Jungkonservativen dürfte sich auch bei Carl Schmitt – explizit in seiner
Kritik der Romantik – nachweisen lassen. Als Jünger 1930 Schmitts
Politische Romantik (Berlin: Duncker & Humblot 1919, 1925²) las, machte
sie großen Eindruck auf ihn. Vgl. den Brief Jüngers an Schmitt vom
2. August 1930. In: Ernst Jünger, Carl Schmitt, Briefe 1930–1983,
Stuttgart: Klett-Cotta 1999, S. 6. zurück
|