Daddy issues, sagt L., die auf meinem Sofa einschläft.
Vorher habe ich eine Hornisse in meiner Wohnung erschlagen. Eine Hornisse! Im ausgehenden September! In Berlin! In meiner Wohnung! Shit. Schwankte lange zwischen Selbstbewunderung und kindlichen Ängsten.
Und ich weiß schon: Soll man nicht. Sind schützenswert. Tun auch nichts. Usw. Aber erstens habe ich eine Insektenphobie, zweitens: überall, nur nicht in meiner Wohnung, bitte.
Die Jahre des Wahnsinns/ genau vermessen
Kleine Fahnen in der Nähe des Hermannplatzes. Umgeben von Polizei. Eine kleine Demonstration zum Gedenken der Proteste im Gezi Park. In der nächsten Seitenstraße warten noch einmal sechs Wannen. Absurdes Verhältnis. Was soll passieren?
Denke über neue Geschichte nach, Wirtschaftsumfeld. Reine Männerwelt. Die zwei Konkurrenten, die nichts von einander wissen. Hochhauswelt, Hotelzimmer, Foyers, Lobbys. Gibt es Nutten? Gibt es Koks? Dialoge. Titel: “Die Auslosung meines Lebens”.
Bruchstückstadt, die Leere in der Mitte, die Leeren, die unmittelbar vom Weltkrieg herrühren. Trauerflächen aus Asphalt, Psychologen rätseln.
Was gibt es zu essen? Ich werde mich von der Imbissbude meiner Wahl überraschen lassen. Ich vergesse einen Geburtstag. Am Abend Besuch einer Lesung in unmittelbarer Nähe.
Absagesätze. “Schaum für immer”, Nachwort:
Ich erinnere mich an die Frage der Lektorin: Und was ich denn gedenke, für das Buch zu tun? Ich hatte Ischiasbeschwerden wegen des Buchs, ich hatte mindestens ein Jahr Magenschmerzen wegen des Buchs, aber die richtige Antwort fiel mir natürlich erst später ein: Ich habe es geschrieben! Das habe ich für das Buch getan!
Mir hätte es klar sein sollen, es war mir wie so oft ja auch klar gewesen, von Anfang an. Man sollte doch öfter auf sein sogenanntes Bauchgefühl hören. Das Konzept des Verlegers war dermaßen überzogen, die Erwartungen seitens der beiden Kleinverleger viel zu hoch für mein armes, kleines, aber gutes Buch. Die Covergestaltungsvorschläge waren hanebüchen. Schlichtweg grundhässlich. Aber das waren die vorigen Cover der Reihe ja fast durchgehend gewesen. Der Versuch, dagegen zu reden, wurde mit dem Totschlagargument: “Die Vertreter finden es gut so/anders nicht so gut” niedergebügelt. Die “Vertreter”! Nie auch nur einen von diesen Schwachköpfen gesehen. Es war alles so fürchterlich uncool. Die Covergestaltung, der Klappentext: uncool und gelogen, völlig am Buch vorbei. Die Verlagsvorschauen, wie überhaupt die meisten Vorschauen: schlimm. Zum Fremdschämen.
Aber das war mein Romandebüt, damals 2007. Ich wollte unbedingt belohnt werden, ich wollte unbedingt, dass mein Manuskript zum Buch wird. (Und es hatte ja schon einen Leidensweg hinter sich – ein Großverlag, der zuerst Interesse bis hin zu erster Lektoratsarbeit angezeigt hatte, entschied sich dann doch gegen das Buch; ein Agent tourte danach mehr als ein Jahr lang vergeblich durch die Vorzimmer der Verlage.) Erfahrungen mit dem Literaturbetrieb: Damals gab es immerhin noch manches, was den Schlamassel einigermaßen ausgleichen konnte: Das Senatsstipendium, die Lesungen, der Vorabdruck in Volltext.
Die meisten Besprechungen waren allerdings katastrophal – die einen hatten das Buch nicht verstanden, vermutlich weil sie vom Klappentext auf den Holzweg gesetzt worden waren. Die anderen hatten es allerhöchstens angelesen. Ich weiß, das ist der übliche Vorwurf von Kritik gekränkter Autoren. Aber ich glaube, ich kenne die Schwächen meiner Schreibe – und auch die Schwächen meines Romans. Die Besprechung in der FAZ (immerhin!) war daher eher trostlos, die in der Basler Zeitung leider völlig daneben.
Am Schluss blieb etwas Stolz und sehr viel Ärger, neben ganz schön viel Ernüchterung und Enttäuschung. Auch die sogenannte Szene, in der ich mich zu befinden dachte, scherte sich einen Dreck um das Buch. (Das hat mich vielleicht sogar am meisten gekränkt.)
P.S. Konsequenterweise musste der Verlag ein Buch später Insolvenz anmelden – zu dem Zeitpunkt schuldete er mir immer noch Geld. Futsch für immer.