luftwesen

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sierra : 0.14 — Kurz nach Mit­ter­nacht. Fol­gen­des: Eine Drohne in der Gestalt eines Koli­bris sta­tio­niert seit weni­gen Minu­ten in einem Abstand von 1.5 Metern vor mir in der Luft. Sie scheint zu beob­ach­ten, wie ich gerade über sie notiere. Kurz zuvor war das kleine Wesen in mei­nem Zim­mer her­um­ge­flo­gen, hatte mei­nen Kak­te­en­tisch unter­sucht, meine Bücher, das Later­nen­si­gnal­licht, wel­ches ich vom Groß­va­ter erbte, auch meine Papiere, Foto­gra­fien, Schreib­werk­zeuge. Ruck­ar­tig ver­la­gerte das Luft­tier seine Posi­tion von Gegen­stand zu Gegen­stand. Ich glaube, in den Momen­ten des Still­stan­des wur­den Auf­nah­men gefer­tigt, genau in der Art und Weise wie in die­sem Moment eine Auf­nahme von mir selbst, indem ich auf dem Arbeits­sofa sitze und so tue als ginge mich das alles gar nichts an. Von der Drohne, die ich ver­sucht bin, tat­säch­lich für einen Koli­bri­vo­gel zu hal­ten, war zunächst nichts zu hören gewe­sen, kei­ner­lei Geräusch, aber nun, seit ein oder zwei Minu­ten, meine ich einen leise pfei­fen­den Luft­zug zu ver­neh­men, der von den nicht sicht­ba­ren Flü­geln des Luft­we­sens aus­zu­ge­hen scheint. Diese Flü­gel bewe­gen sich so schnell, dass sie nur als eine Unschärfe der Luft wahr­zu­neh­men sind. Ein wei­te­res, ein hel­les fei­nes Geräusch ist zu hören, ein Wis­pern. Die­ses Wis­pern scheint von dem Schna­bel des Koli­bris her zu kom­men. Ich habe die­sen Schna­bel zunächst für eine Attrappe gehal­ten, jetzt aber halte ich für mög­lich, dass der Droh­nen­vo­gel doch mit die­sem Schna­bel spricht, also viel­leicht mit mir, der ich auf dem Sofa sitze und so tue, als ginge mich das alles gar nichts an. Ich kann natür­lich nicht sagen, was er mit­tei­len möchte. Es ist denk­bar, dass viel­leicht eine ent­fernte Stimme aus dem Schna­bel zu mir spricht, ja, das ist denk­bar. Nun war­ten wir ein­mal ab, ob der kleine spre­chende Vogel sich mir nähern und viel­leicht in eines mei­ner Ohren spre­chen wird. — stop

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