
(Ein Traumbild)
“Du wärst ein Hacker, mit einem IQ von 140.” “Und du wärst eine Milliarden-Erbin.” “Von einem Chemie-Konzern.” Er lachte. “Du wärest aber schon längst ausgestiegen und hättest mit den Pflanzenvernichtungsmitteln nichts mehr zu tun.” “Nur noch mit den chemischen Massenvernichtungswaffen, oder wie?” Ich stöhnte. “Wie immer hast du den besseren Part.” “Ach nee, ich wäre doch vollkommen abhängig von deinem Geld, um…”
Es kostete uns eine Milliarde. Locker los gemacht. Eine einsame Farm in West Virginia (Mountain Mamma) (“Mit einem unterirdischen, weitverzweigten Bunkersystem”. “Hoch- effektive Server.” “Spiegelung auf Hawai.” “Und Island”) als Hauptquartier. Neben dran eine weiße Holzkirche. Wie man sie kennt. Aus Filmen über kleine Farmen, bewaffnete Familienoberhäupter und hochmoralische Lehrerinnen mit Dutt. Ein Jahr dauerte die Vorbereitung. Wie im Film verwenden wir hierfür Zeitraffer. So genau müssen wir das im Traum nicht wissen, wie das im Einzelnen funktioniert. In grauen Büros arbeiten unentwegt schlanke, androgyne, junge Männer und Frauen in Slim Jeans und T-Shirts mit sonderbaren Aufdrucken vor hochauflösenden Bildschirmen. Webseiten, Konten, Server werden identifiziert und infiltriert. Ha, wie das rauscht.
Wir sind ok. Die Ok-Guys. Demokratisch, Praktisch. Gut. Wir variieren vielfältige Identitäten, probieren sexuelle Praktiken und Orientierungen aus und achten auf Diversität. In unserem Bunker geht es bunt und nett zu, deshalb tragen auch alle gedeckte Farben, ohne Unterschied. Religion, ethnische Herkunft und Einkommensklasse der Eltern dürfen bei uns nicht die Entwicklungschancen beeinflussen. Alle sind Mittelschicht, aber hochintelligent, stellt sich hinterher raus. Wir müssen halt doch Anforderungen ans Profil stellen: Programmierkenntnisse, postmoderne und dekonstruktivistische Analysekompetenz, Teamfähigkeit in multikulturellen Arrangements, Hass-Resistenz (vulgo: Selbstbeherrschung). Na dann. Das kann nicht jede/r. (Hamas-Anhänger müssen leider draußen bleiben. Vor der Tür. Evangelikale auch. Und Profi-”Betroffene”. Weiße Männer ohne Abitur.) Ein Tor drum, dem´s seltsam vorkommt, wie wir unter uns bleiben. (Du fühlst dich jetzt nicht mitgemeint in diesem “Wir”, ich weiß. Und zu Recht. Denn du bist nicht freundlich genug, magst kein Fladenbrot zum Käse und schüttest übermäßig viel Rotwein in dich hinein, wenn Krisen zu meistern sind. Also dauernd. Und hörst zu laut Heavy Metal.) (Ich höre dich lachen. Nicht lustig.)
Der Tag kommt. X-Day. Der Tag, der alles ändert. Wie wir hoffen. Woran wir glauben. (Jeder Glaube ist ein Affront gegen die Realität. Aber die Realität ist ja auch wirklich das Letzte. “In your face.”) Wir zwei stehen am Shenandoah River. Ich will Romantik. Jetzt. Bevor es los geht. Sehen wir uns ganz tief in die Augen. Home, sweet home. Wo immer du bist. Es wird noch alles gut. (Noch besser. Die Wirklichkeit kann ja nichts dafür.) Ha, jetzt. Ein Gewaltakt. Denn alle, alle, alle wollen Frieden. Auch der Opa mit dem Urinbehälter am Rollator, der sich von keinem “Neger” den Arsch wischen lassen will, aber seinem Enkel immerzu zuflüstert: “Nie wieder Krieg. Ich lag vor Stalingrad.” Madonna. Denn: Wir wollen Weltfrieden, ewige Gesundheit für unsere Liebsten und lebenslang freie Burger im nächstgelegenen Burger Joint. Außerdem: einen Audi A 8. Und noch mehr Weltfrieden, Toleranz, Liebe, Gewerbefreiheit. Spiel und Spaß. Eine Tarnkappe. Und Dich. Noch mehr Liebe. Sex für alle. Rechte. Ohne Pflichten. Drück den Knopf. JETZT.
Mein Traum: Überall, auf allen Webseiten, wo wahre Religion, reine Seele, guter Wille, feine Gebote und Verbote gepredigt worden sind (+Twitter-Accounts frommer Segensprüchemacher aller drei monotheistischen Weltreligionen) erscheint am bewussten Tage um 8:30 mitteleuropäischer Zeit eine Leuchtschrift (Alles andere ist restlos gelöscht. WIR sind nicht tolerant, erst recht nicht akzeptierend. WIR sind vernichtend. Und das ist gut so.):
GOTT WEISS ES AUCH NICHT.
Auch auf Arabisch. Portugiesisch. Aserbaidschanisch. Georgisch. Spanisch. Katalanisch. Türkisch. etc.ppp. WIR sind Weltbürger. Denn: Wohin ich in Wahrheit gehöre. Läuft durch die Schrift. Für immer und ewig. Sonst nichts.
“Du bist so verdammt kindisch.” “Und dann der Hass.” “Stell dir mal den Hass vor.” “Mein Traum ist auch eine Wirklichkeit.” “Deine Träume spenden dir Trost.” “Auf allen Wegen. Begegnen mir Angehörige. Hihi. ” Younger than the Mountains. “Du solltest dich was schämen. So albern ist das.” “Eine Milliarde Dollar.” “Wär dir das wert, solange du die nicht hast.” Take me home to the place where I belong. “Wir gehören nirgendwo hin.” Wir? “Ich bin überall zuhause, wo du bist.” (Dein Lachen klingt jetzt zynisch. Menno.)