N.W.A.: “Express Yourself”: Warum wir krank werden, wenn wir nicht kommunizieren. Warum wir krank werden, wenn wir nicht gestalten. Warum Ihr krank seid, wenn und da Ihr mir nicht antwortet. – Brief und Predigt eines “Nigga With Attitude”.
✩✩✩✩✩ N.W.A.: “Express Yourself” – Die HipHop-Crew N.W.A. (feat. Dr. Dre & Ice Cube) ist durch den ⇒ “Straight outta Compton”-Film gerade wieder in aller Ohren und Munde. Die Merchandizing Industrie sorgt auf für meine Begriffe fragwürdige Weise dafür, dass T-Shirts und Sportmode zb bei Snipes (einem hervorragenden Kölner Unternehmen) jetzt mit “N.W.A.” und “Compton”-Motiven bedruckt sind: “Kaufen, um sich zu identifizieren”, “Kaufen, um sich auszudrücken”: Darum geht es in meiner neuen Predigt. Aber, back to the Roots: Das Akronym ⇒ “N. W. A.” steht für eine Basic Cathegory des HipHop, nämlich für die Formel: “Nigga With Attitude”. Speziell im New Yorker Old Skool HipHop findet sich die Formel Anfang der 80er Jahre, kehrt ende der 80er bis Mitte der 90er Jahre im “Gansta”- und Westcoast HipHop wieder. Was heisst das, “Nigga With Attitude”? – Es bedeutet schlicht dies: “Haltung haben”, “Haltung beweisen”, “Haltung leben”. - Es heisst: “Egal aus welchen dreckigen Verhältnissen Du kommst (hier: meine Plattenbau-Vergangenheit, meine Armutsgeschichte in der neureichen Emporkömmlingswelt meiner Stiefeltern, meine Hunger-Geschichte und mein ständig von Neidern Verleumdet-Werden): Bewahre Haltung und jammere nicht.” Es heisst: “Trage das, was Du nicht ändern kannst, mit Würde und mit HALTUNG (Johanna Kläui, meine Wahlgrossmutter, Riehen, CH).” Aber es heisst nicht: “Ertrage das Unrecht, das Dir geschieht, ohne Widerrede”. Es heisst nicht: “Lass Dir auch noch auf die rechte Wange schlagen.” Es heisst: “Mach was aus Dir und sei stolz auf das, was Du aus Dir gemacht hast, ganz allein, ohne Protektion und ohne Geld und ohne andere Morgengaben als die Deines Fleisses, Deiner Konsequenz, Deines Mutes, Deiner Kraft und Deiner Unbestechlichkeit.” Ja, ich stolz darauf, in diesem miesen österreichischen Klima des Jammerns, der Protektion, der Feindlichkeit gegenüber Hochbegabten wie mich überlebt zu haben und etwas aus mir gemacht zu haben. Ein Blick in die Kunstberichte von Land und Stadt machen mich – da ich dort nur die ewigen Sitzungshocker, Jammerer und 1-Buch-Autoren als ständige Subventions- = Grundgehalts-Bezieher finde – sicher, dass ich anders bin. Ihr hieltet mich für eine “entsprungene Gräfin” (Hans von der Zentralbuchhandlung): Nein, ich bin ein “Nigga With Attitude” aus gröbsten Verhältnissen, dafür aber mit sehr viel Fleiss und jetzt auch: mit Stolz. Und weil ich – seihe Lyrics – dies bin, benötige ich keine Drogen – keine Upper, keine Downer, keine Benzos und keine Psychoanalytiker und keinen Alk – , um meine Freude zu leben, um meine Kraft zu leben, um mich zu bewegen oder um mich auf andere Menschen zuzubewegen: Das ist die Message, die ich den Kidz in den Clubs nicht nur verbal mitteile, sondern ihnen im Tanzen und im Clapping und mit meiner Freude an der Musik zeige.
Hier die schöne Extended Version: Voller im Klang, runderer Bassraum, schwingender im Beat. – Hier wird die ⇒ Herkunft des HipHop aus dem Jazz und aus dem Swing (dazu an anderer Stelle) schon sehr ahnbar: Nämlich wie der laute Heart-Beat von Bassdrum, Kick & Snare auf einem federnden Becken- und Highhead-Gewebe schwingt oder quasi “auf-liegt”. - Ich habe den Eindruck – auf meiner Trommel jedenfalls bestätigt sich dies – , dasss auch der gut rap-bare Dubstep auf einem solchen Swing beruht: Sonst, by the way, könnte man wohl nicht so gut Step-Tanzen nach Fred Astaire zu Dubstep! - Tja, Fred Astaire: Neben Miles Davis und neben Robert de Niro wohl wirklich mein grösstes Vorbild, meine Heimat, meine Identifikation. – Dazu an anderer Stelle.
N.W.A.: “Express Yourself” – Thanks to genius.com! [Intro - Als Dialog] Dr. Dre: Yo, man, it’s a lot of brothers out there flakin’ and perpetratin’ but scared to kick reality Ice Cube: Man, you’ve been doin’ all this dope producing, but you ain’t had a chance to show ‘em what time it is Dr. Dre: So what you want me to do? … (Express yourself) [Verse 1: Dr. Dre] I’m expressing with my full capabilities And now I’m living in correctional facilities Cause some don’t agree with how I do this I get straight, meditate like a Buddhist I’m dropping flavor, my behavior is hereditary But my technique is very necessary Blame it on Ice Cube, because he says it gets funky When you got a subject and a predicate Add it on a dope beat and that’ll make you think Some suckers just tickle me pink To my stomach, cause they don’t flow like this one You know what? I won’t hesitate to dis one Or two before I’m through, so don’t try to sing this Some drop science, well I’m dropping English Even if Yella makes it a cappella I still express, yo I don’t smoke weed or sess Cause it’s known to give a brother brain damage And brain damage on the mic don’t manage nothing But making a sucker and you equal, don’t be another sequel [Hook] Express yourself Come on and do it [Verse 2: Dr. Dre] Now, getting back to the PG That’s program, and it’s easy Dre is back, new jacks are made hollow Expressing ain’t their subject because they like to follow The words, the style, the trend, the records I spin Again and again and again, yo, you on the other end Watch a brother saying dope rhymes with no help There’s no fessing and guessing while I’m expressing myself It’s crazy to see people be What society wants them to be, but not me Ruthless is the way to go, they know Others say rhymes that fail to be original Or they kill where the hip-hop starts Forget about the ghetto and rap for the pop charts Some musicians curse at home But scared to use profanity when up on the microphone Yeah, they want reality but you won’t hear none They rather exaggerate a little fiction Some say no to drugs and take a stand But after the show they go looking for the dopeman Or they ban my group from the radio, hear N.W.A and say “Hell no!” But you know it ain’t all about wealth as long as you make a note to… [Hook] Express yourself Come on and do it [Verse 3: Dr. Dre] From the heart cause if you wanna start to move up the chart Then expression is a big part of it You ain’t efficient when you flow You ain’t swift, moving like a tortoise, full of rigor mortis There’s a little bit more to show I got rhymes in my mind, embedded like an embryo Or a lesson, all of ‘em expression And if you start fessing, I got a Smith and Wesson for you I might ignore your record because it has no bottom I get loose in the summer, winter, spring and autumn It’s Dre on the mic, getting physical Doing the job, N.W.A is the lynch mob Yes, I’m macabre but you know you need this And the knowledge is growing, just like a fetus Or a tumor but here’s the rumor Dre is in the neighborhood and he’s up to no good When I start expressing myself, Yella slam it Cause If I stay funky like this, I’m doing damage Or I’mma be too hyped and need a straight jacket I got knowledge and other suckers lack it So, when you see Dre, a DJ on the mic Ask what it’s like, it’s like we getting hype tonight Cause if I strike, it ain’t for your good health But I won’t strike if you just [Hook] Express yourself Come on and do it ✩✩✩✩✩ Lieber N,
Dein Entwurf einer Schablone für das Gerd-Arntz-Motiv des “Red Dog” sieht gut aus! – Aber ich merke, dass ich beim Thema “Vektorgrafik” eventuell noch logisch stolpere:
Braucht es, damit das aktive “Verkleinerungs-” bzw. “Vergrösserungs”-Potenzial der Vorlage in Kraft bleibt, nicht ein anderes Dateiformat, nicht einen anderen Suffix? (.svg oder so?)
Pardon, wenn ich kurz gebellt habe: Aber ich gebe zu, meine so weit offen liegende Geschichte – ich kann keine wahrere Wahrheit finden – macht mir mitunter ein bisschen Angst: ich muss mich selbst dran gewöhnen. ✩✩✩✩✩
Die an Slapstick grenzenden Panikreaktionen der bürgerlichen Stuben-Psycho-Typen (deren sozio-psycho-logische Koordinaten ich langsam erkenne) auf meine Geschichte lassen mich natürlich nicht kalt: Na klar, sind sie harte Kost nicht gewöhnt und eher an die Probleme von Wechseljahr-Frauen aus dem Kunstbetrieb gewöhnt. – Aber derart irre reagieren? – Frau Dr. C habe ich ihre schrille Honorarnote über 360.- kommentarlos zurückgeschickt.
Lustig, die Szene, in der diese sehr kurz gewachsene, vermeintlich reife Frau wie ein Kleinkind trotzig aufstampft und mich ankeift, ob ich denn wisse, wer sie sei … Szene, Person und Interaktion reproduzieren exakt meine Beziehung zu NN (Studium, WG, ORF Wien und Moskau). Jene hatte mich in ihrem hohen Drang nach Anerkannt-Werden (verständlich, bei DEM familiären, ländlichen Frühpensionisten-Alkoholiker-Hintergrund, den ich ja auch sah) sehr oft sehr in die Defensive gedrängt. Ich reagierte mit passiver Resistenz, bis es zu einem ziemlichen Ausbruch ihrerseits kam. Allerdings mochte ich sie ja dann doch sehr als tolle, starke und originelle Frau, die auch auf komplizierte Weise ihren Weg suchte und wohl auch fand.
Allerdings bin ich mir meiner eigenen Eigenschaft – durch meine Sprache, jetzt auch: durch meinen Tanz, meine endlich gefundene Physikalität (immerhin wachse ich schon gut in Herrengrösse M hinein, Füsse gehen in Richtung Grösse 42) und durch meinen Blick – manche Menschen in die Defensive zu drängen, sehr bewusst.
So ahne ich, dass ich auch Dich womöglich in die Defensive dränge und Du womöglich deshalb wenig antwortest. - (Da ist irgendetwas mit meinem Blick, der offenbar nicht nur ein verschleierter “Silberblick” ist: Das haben mir schon viele gesagt. Noch mehr aber – die versuchen, sich wegzuducken – zeigen mir dies.) Ich meine, sorry: Wenn ich selbst meine Geschichte ertragen und überlebt habe, dann kann ich das wohl von Euch auch erwarten. Oder was? ✩✩✩✩✩
Daraus allerdings für mich den Schluss oder die Konsequenz zu ziehen, nichts mehr zu sagen, mich in meiner Spontaneität abzuschnüren, wäre – wie ich jetzt sicher weiss – sehr falsch: Denn genau dies habe ich im Hinblick auf Z und K getan: Mir selbst das Maul und fortschreitend das kritische Denken und das laute Wider-Sprechen zu verbieten. – Ich hielt für “Liebe”, was eine immer schmerzhaftere Schonung des Gegenübers war, die im Laufe der Zeit in ein Mich-überhaupt-nicht-mehr-Äussern-Können führte.
Was, mit Freud – der sehr in physikalischen Metaphern dachte, ich folge ihm hierin exakt nach – eine fortschreitende Bildung von Stau-Situationen, Sperren und Verhagelungen führte: Das Unbehagen, das Du kommunikativ ausleiten solltest, staut sich an und vergiftet Dich. – Merks: Verdrängung bedeutet, a la longue, stets auch “Vergiftung”. Mit Freud: Krankmachendes bleibt krankmachend drinnen, statt hinaus zu fliessen. - ✩✩✩✩✩ Freud bleibt damit Physiker (faules Material) und Physiologe (schwärende Wunde, Infektion) der Psyche. Mit den Bildlichkeiten der Geologie und Archäologie (Verschüttung, Schichten, Tiefe – Oberfläche) weicht er in eine zu seiner Zeit sehr geläufige parallele Metaphern-Welt aus, die damals wie heute den Vorteil hat, ausserhalb pathologischer Assoziationen (Was heisst überhaupt “Krankheit”?, Toifl – Ist die Begrifflichkeit und Bewertung von “Krankheit” überhaupt ein konstruktiver Ansatz?) darstellen zu können.
Also weiss ich jetzt: Ich hätte mich der Familie Z gegenüber, der Stieffamilie gegenüber sowie in allen Lebenssituationen, in denen ich mich dezidiert unwohl und unglücklich fühlte, weil ich die ethisch-moralischen Standards nicht ertrug, weil ich die Unordnung nicht ertrug etc. (WGs, Frauen”freundschaften”, FWF-Projekt unter maximal schlechter Führung, schlechte Literaten) nicht so zurückhaltend, nicht so ertragend, nicht so passiv verhalten dürfen: Auch hier hielt ich für “Liebe” oder “Toleranz” oder für “Schonung”, was ich bewusst, aktiv, kritisch und initiativ hätte deutlicher gestalten sollen: Solcherart sammelte sich ungeheuer viel negatives Material an, das schliesslich meinen Èlan Vital, ja mein Denken fast gänzlich vernichtete. ✩✩✩✩✩
Stimmt: Gerade wenn man – wie ich als herumgeworfenes und stets fast besitzloses Waisenkind – ständig von mächtigeren Verhältnissen, lauteren Leuten und von Besitz- und Konsum-Prunken überrumpelt wird, braucht man sehr lange, um überhaupt eine Position zum Auffussen zu finden, einen Stand zum und für Widerstand. Auch brauchen die psychologischen und intellektuellen sowie die sprachlichen, künstlerischen und bei mir, wie ich jetzt weiss: körperlich expressiven Formulierungs- und Ausdrucksmittel oft sehr, sehr lange, bis sie “zum Gebrauch” zur Verfügung stehen:
Und ich denke, dass viele Menschen so unglücklich in sich selbst eingeschlossen, eingesperrt und gegen die Echtwelt verbunkert sind, weil sie nicht nur ständig von mächtigeren Faktoren überrumpelt sind (normaler Alltagsfrust + hypertrophes Über-Ich- = Soll-Denken + Überinformation in Konsumwelt und Medien), sondern weil sie keine Gelegenheit haben und dem auch keine Aufmerksamkeit schenken: Worin und wie kann ich mich ausdrücken? Was kann ich tun, um mich produktiv / kreativ / befriedigend in dieser Welt zu beheimaten? ✩✩✩✩✩
Wer singt, malt, bastelt, musiziert, sportelt, Kochrezepte ausprobiert, mit Räucherwerk experimentiert, das Schlafzimmer frisch tapeziert oder seine 7 Tomatensorten in vergleichender Beobachtung kultiviert, wird eine solche Spielweise zur Selbst-Beheimatung entwickeln. Und zwar eine von der Waren-, Werbungs-, Informations- und Konsumwelt unabhängige, spielerische Selbst-Beheimatung.
Leider vergessen die Menschen dies heute sofort nach Beendigung ihrer Pflichtschulzeit und der damit verbundenen “bildnerischen Erziehung”: Das Gestalten, das Bilden, das Symbolisieren, die Organisation von Raum, Zeit, Material hierfür beschäftigt den ganzen Menschen mit seinen vielfältigen und komplexen Fähigkeiten. Der Mensch als gestaltendes und sinnliches und symbolfähiges Wesen braucht dieses kreative Spiel fundamental. Da viele Leute heute dies vergessen – sie wollen sich keine Mühe geben, nichts lernen, folgen dem Weg des geringsten Widerstands – gehen sie einkaufen, gehen essen, setzen sich vor bunt flimmernde TV, statt sich die Buntheit und die Sinnlichkeit der Welt selbst zu organisieren. ✩✩✩✩✩ Wie irre ist denn das: Kaufen, um “ganz ich” zu sein? Konsumieren, um “sich auszudrücken“? Sich im Restaurant und von der Kurpflegerin Bedienen-Lassen, um sich endlich mal als König zu fühlen? - Ich habe dies in der Mödlinger Welt der Emporkömmlinge, die den Bekanntenkreis meiner Stiefeltern darstellten, sehr oft beobachtet: Wie Ladenpersonal, Servierpersonal nach Strich und Faden und möglichst laut und vor möglichst vielen zustimmend nickenden Zeugen runtergemacht wurde. – Ich habe mich davon immer distanziert, weil die Welt, auf die ich mich beziehe, die Leute, die mich freiwillig adoptiert haben und weiterhin freiwillig adoptieren, eine fundamental andere war und ist: Diskrete, feine Leute aus dem wirklichen Bürgertum oder Adel. Oder die scheinbar einfachen Handwerker aller manuellen und künstlerischen Spielarten, deren gerade, ethische, sympathetische Denkungsart ähnlich ist wie die der wirklich feinen Leute: Da ich diese Leute kenne und da solche Leute mich – anders als die Emporkömmlinge – stets auch respektieren, erkenne ich diese rare Spezies sogar in Wien: Das Paar, kürzlich, im 9. Bezirk: Er ganz in sand, sie in sand, im fein untertreibenden Reh-Wildleder-Mantel und in nude-farbenen Pumps, beide um die 75, beide mit diesem fröhlich-wachen, klaren und klug-interessierten Blick, den nur Menschen von intellektueller und damit von Herzensbildung haben, mich und den Hund distanziert-interessiert-begrüssend anfunkelnd. - ✩✩✩✩✩ Merks: Nur Emporkömmlinge, nur die ewigen Sich-Benachteiligt-Fühlenden, nur die ewigen Knechte benötigen Konsum, Geldprunk und negativen Konsensus (die Abwertung Anderer), um in ihrer Selbstachtung kurz oben auf zu Schwimmen.
Auf diese konsumistische Weise wird noch mehr krank, wer krank gewesen ist, wird noch ärmer, wer arm sich fühlte.
Ich selbst konnte deshalb ohne viel Geld stets relativ glücklich sein, weil ich stets sang, malte, bastelte. Kriege ich diesen sehr menschlichen Drang nach: “Jetzt unbedingt etwas Neues Haben-Wollen, etwas Schönes, Buntes, Frisches in mein System importieren zu müssen“, vermag ich diesen Drang günstig mit ein paar bunten Gewürzen, einer fröhlichen Mütze, ein paar Tiegeln Farbe zu befrieden. Dies ist MEIN Luxus, wohlgemerkt. Im Hinblick auf Werkzeuge und vitale Gebrauchsgegenstände lange ich schon viel tiefer und schmerzhaft tief in den Geldbeutel. – Nie aber für den schlichten “Konsum”. ✩✩✩✩✩
So. Ich versuche den Kreis zu schliessen und knüpfe zurück an den Punkt der nötigen Expressivität des Individuums, wenn ihm vital unfroh und unwohl wird: Ständig den Mund zu halten, gerade in engeren Beziehungs-, Familien- und Arbeitsdingen sowie in guten, langlebigen Freundschaften, macht krank: Aus Angst, das Ensemble zu vergiften, vergiftet man sich auf Dauer selbst.
Manche nennen es “Dulden”, manche nennen es “Ertragen” und staffieren diese Haltung mit christlichem Leidensbonus aus (“Man ist ein guter Mensch, wenn man erträgt“. “Man sammelt Gutpunkte im Himmel, wenn man erträgt“. “Man spart an einem Plus-Konto fürs nächste Leben” etc.). Speziell für die ja meist dulden und ertragen sollende Frau (ja: noch immer, im 21. Jahrhundert in der sog. “zivilisierten” “westlichen” “Welt”!) steht ein ungeheurer Formel- und Regelapparat zur Pflicht-Entselbstung bereit. ✩✩✩✩✩
Aber schmecks: Frauen und Männer halten oft oder meist den Mund, weil sie niemanden “brüskieren” wollen, “brav sein” wollen (Freud: Über-Ich, besser englisch: “Id” = das gesellschaftliche Ich) beziehungsweise: Weil sie nicht wissen und sich nicht auszuprobieren getrauen, wie sie ihre legitimen persönlichen Vorbehalte und Momente des Unbehagens ausdrücken wollen / sollen / können. Also sagen sie nichts, bleiben still erbost und werden darob krank. – Irgendwann – sagt ja auch die physikalische Energielehre – explodiert dann dieser Druckkochtopf des Individuums und es verletzt dann Dinge, Menschen, Tiere, sich selbst.
Sich und seine Ausdrucksnotwendigkeit stets zusammenzuschnüren (wie ⇒ Adolf FrohnersGrafiken es ja gut zeigen) macht mit dem Individuum auch die Gesellschaft krank: Denn ein Weiter-Denken, ein Fort-Entwickeln, ein Gestalten kann notwendig nur als Resultat vernehmbarer widerstreitender Positionen geschehen. Auch dies ist ein kybernetisches Modell, vorausgesetzt, die gestalten wollenden Kräfte sind überhaupt interpersonell kenntlich.
✩✩✩✩✩ Kurz: Wer seinen Kummer und Frust nur in sich rein frisst und damit der ihn umgebenden Welt nicht die Chance zu einer besseren Gestaltung der Situation anbietet, macht sich selbst ebenso unglücklich wie seine Nächsten. Nur durch Kommunizieren, mitunter Aufschreien, manchmal Maulen, besser: Zu-Bedenken-Geben, Auffordern oder Bitten (“Bitte mach die Musik leiser”, “Bitte respektieren Sie den Öffentlichen Allgemein-Raum”) können wir uns Gehör verschaffen, können wir unsere eigenes inneres System mit dem uns umgebenden System produktiv conecten:
“Express yourself.”
Ich selbst gehe kaputt, wenn ich mich nicht mehr ausdrücken kann oder wenn sowieso nur runtergemacht wird, was ich bin und was ich einbringe (mein Paradigma der Stieffamilie). Aber ich gehe genauso kaputt, wenn man meinen Vorschlägen, Ideen, Entwürfen, Bildern, Gedanken, Unternehmungen nie antwortet. ✩✩✩✩✩
Es ist mir klar, dass ich mehr Ideen habe als viele Leute. Deshalb hatte ich stets diese Parasiten, die meine Ideen mir gegenüber nie lobten oder positiv beantworteten, genau diese Ideen aber dann aber still und heimlich für ihre eigenen Zwecke nutzten: VNG, der mein “Kronprinzenwerk” ohne mich zu fragen, für ein mehrjähriges FWF-Projekt (mit meinen Konkurrenten und / oder Feinden als Mitarbeitern) ausschlachtet, Z, der viele meiner Formulierungen in seinem Bekanntenkreis verbrät, K, der meine Regeln zur praktischen und mentalen Selbstorganisation in seinen ORF-Sitzungen ausschlachtet, “Ärzte”, die geil sind auf meine Fallgeschichte, die sie gerne für ihre eigenen Agenden ausschlachten möchten:
Dies alles bei null positiver Rückmeldung in meine Richtung.
Nein: Nicht mehr mit mir. Daran bin ich schon einmal zugrunde gegangen (ja: auch Antwortlosigkeit ist Konsum und Depravation des Produzenten, der keinen Gegenwert für seinen Input erhält!). Daran werde ich nicht noch einmal zugrunde gehen. ✩✩✩✩✩
Wer also jetzt auch meine – auch für mich, der ich mich ihrer schreibend und veröffentlichend endlich entledigt habe – schmerzhafte Geschichte wie immer antwortlos, nicht reflektierend, konsumierend und womöglich heimlich schadenfroh einfach nur still runterfrisst, wird nicht mein Freund bleiben, sondern nur dies: Der ewige Konsument. Ich investiere fortan nicht mehr in diese einseitigen Beziehungen, in welchen der Input weitgehend von meiner Seite erfolgt.
Kein Händler – auch nicht ein Händler von und mit Ideen, auch nicht ein Händler von und mit Geschichten wie ich – kann solcherart ohne Gegenleistung, ohne Gegenwert, ohne reale oder symbolische Bezahlung leben. ✩✩✩✩✩ “Express yourself.”
Express yourself: Ja, ich möchte, dass Ihr mir antwortet. Ja, ich möchte, dass Ihr mich als Ideenkraftwerk und als Heiler, der ich bin, endlich be-antwortet. – Wenn Ihr Euch – weil Euch vor der mir auferlegten und von mir bisher äusserst, wenn nicht tödlich diskret gehandelten Geschichte ekelt (pardon: Ich habe mich in diesem Irrsinn die meiste Zeit aufrecht verhalten. Habe niemanden deklassiert, nicht gelogen, sondern mich stets nur darum bemüht: Zu vermitteln, zu kommunizieren, zu übersetzen und das Chaos zu ordnen. Überall, wo ich war und bin, bemühe ich mich darum: Sinn zu stiften, zu ordnen und aufzuräumen.), dann halte ich dies für nur allzu bequem und für maximal fragwürdig: Wenn Ihr Euch jetzt pikiert von mir abwendet, weil Ihr nun von den an mir begangenen familiären Verbrechen erfahrt, ist dies nur ein neuer Vorwand, mich zu verachten. Zuvor habt Ihr mich wegen meiner vermeintlichen Rich-Kid-Hintergründe verachten zu müssen geglaubt. – Merks: Ehrlichkeit und Empathie und Hochleistung gelten nichts – ja, machen Angst – in diesem Untertanen-Österreich und in diesem Hinterzimmer-Wien.
Herzlich, Chris
✩✩✩✩✩
C’est tout (Marguerite Duras). End of Story. Oder mit Werner Geier: Over and Out.