Es ist: 15-12-2020, 15:10
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VI 11: unter der oberfläche/ ringen nach luft
Beitrag #1 |

VI 11: unter der oberfläche/ ringen nach luft
Dies ist ein Gedicht zum 11. Versipuls. Icon_smile
Spontan entstanden und gleich veröffentlicht. Ich bin auch sehr zufrieden damit, allerdings bin ich mir unsicher, ob ich den in Klammern gesetzten Text in der dritten Strophe weglassen kann, ohne Verständnis zu verlieren. Da die Zeilen ineinanderfließen sollen, habe ich dieses Mal bis auf wenige Klammern verzeichtet. Meinungen dazu, ebenso zum passenden Titel und auch zum Rest des Gedichtes sind willkommen!

_________________________________


unter der oberfläche/
ringen nach luft


mondlicht fließt
wie milch durchs winzige fenster
im erker
die schale mit kristallen
geronnener augenblicke
blinzelt weidwund

im bad tropfen
flüssige planeten
aus dem wasserhahn
du träumtest mit ihnen davon
deine seele
uferlos
wie der horizont
damals

ich stehe stumm
sehe (dem leuchten zu)
lausche (den tropfen)
erinnere (deiner)
und tränke schmerz
in die zerkratzten dielen
für wie lange noch

mondlicht fließt
wie milch durchs winzige fenster
-
ich wende mich ab
denn nachts lebt es (sich)
hier
nicht mehr

"I wish a car would just come and fucking hit me!"
"Want me to hail a cab?"
"No, I'm talking bus!"  (The four faced liar)

Da baumelt die kleine Doktorspinne in ihrem Seidenreich und träumt von ihren Silberfäden.
[Bild: riverdance.gif]

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Beitrag #2 |

RE: VI 11: Unter der Oberfläche/ Ringen nach Luft
Hey Adsartha,

schönes Gedicht.
Die Klammern mag ich nicht so, weiß nicht ob das in einem Gedicht sein muss.
Die letzten zwei Verse, nach drei Zeilenumbrüchen find ich auch nicht so gut, da hat man das Gefühl das ist mehr ne Randnotiz als ein Teil des Gedichtes :S

Hingegen gut gefallen haben mir die zwei Ramenverse (mondlich fließt, winziges fenster).
Inhaltlich fand ichs auch gut, schön dass man versteht worum es geht - diese super kryptischen Gedichte mag ich mittlerweile nicht mehr, weil da ja doch jeder das reinliest was er lesen will :S

Insgesamt gute Arbeit mit dem Gedicht: mission complied.


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Beitrag #3 |

RE: VI 11: Unter der Oberfläche/ Ringen nach Luft
Hallo Adsartha,

hm ... ich bin gerade ein wenig zwiegespalten. An manchen Stellen würden mMn dem Gedicht ein paar Satzzeichen ganz gut tun, aber an anderen Stellen finde ich es gerade ohne schöner. Man kann eben nicht alles haben ... Mrgreen

Zitat:die schale mit kristallen
geronnene augenblicke
blinzeln weidwund
immer noch

An der Stelle bleib ich immer hängen, weil diese Zeile irgendwie nicht wirklich reinzupassen scheint. Vielleicht würde es kursiv gestaltet nicht ganz so fremd wirken. Ich weiß zwar, wie es gemeint ist, aber es liest sich nicht schön. Finde ich zumindest.


Zitat:ich stehe stumm
sehe (dem leuchten zu)
lausche (den tropfen)
erinnere (deiner)
und tränke schmerz
in die zerkratzten dielen
für wie lange noch

Das mit den Klammern finde ich hier ganz interessant. Denn man kann es ohne lesen, aber auch mit. Finde ich schön. Icon_smile
Und das "tränke schmerz in die zerkratzten dielen" ist meine Lieblingsstelle! Pro

Zitat:ich wende mich ab
denn nachts lebt’s (sich)
hier
nicht mehr

Hier bleibe ich auch immer hängen. Vielleicht könntest du das "es" lieber ausschreiben, denn so liest es sich nicht so toll.

Zitat: warum rahme ich meine Bilder,
bevor ich sie male

Bei diesen letzten beiden Zeilen weiß ich nicht so recht, was ich damit anfangen soll. Gehören sie mit dazu, oder nicht ... ?

Alles in allem ein sehr ruhiges, sehnsüchtiges Gedicht, dass mir (trotz meiner Anmerkungen) gut gefällt. Icon_smile

- November

Suche dein Leben nicht in einem Tag.

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Beitrag #4 |

RE: VI 11: Unter der Oberfläche/ Ringen nach Luft
Jawohl, endlich was zum Kommentieren


Zitat:Unter der Oberfläche/
Ringen nach Luft

Spannender Titel. Hach, ich liebe Alternativtitel.

Zitat:mondlicht fließt
wie milch durchs winzige fenster
im erker
die schale mit kristallen

Sehr schönes Bild, gefällt mir gut.

Zitat:geronnene augenblicke
blinzeln weidwund
immer noch

Ich bin da irgendwie über "die schale mit kristallen" gestolpert. Sie enthält die geronnenen Augenblicke? Klingt zwar sprachlich schön passt mir persönlich aber nicht so ganz in Bild.

Zitat:ich stehe stumm
sehe (dem leuchten zu)
lausche (den tropfen)
erinnere (deiner)

Das liest sich gar nicht mal schlecht in Klammern. Potenziell kannst du die aber auch ausklammern. Das trägt sehr gut zur Atmosphäre bei, während nur die Verben jeweils sehr allgemein sind, was mir nicht so passt.

Zitat:und tränke schmerz
in die zerkratzten dielen
für wie lange noch

Oh, Verzweiflung, Einsamkeit, Sehnsucht! Themen, die nie ausgeschöpft sein werden. Denn sie sind nur allzumenschlich.

Zitat:denn nachts lebt’s (sich)
hier
nicht mehr

Das "sich" in Klammern zu setzen gibt zwei verschiedene Aussagen - sehr clever. Aber mal ehrlich - Im Erker möchte ich bei Nacht auch nicht unbedingt herumhängen.

Zitat:warum rahme ich meine Bilder,
bevor ich sie male

?

--------------------------------

Zum Fazit: Besonders das Bild, das du beschreibst, spricht mich sehr an. Allerdings muss ich sagen, dass ich den Kern des Ganzen nicht so recht erfassen kann. Ok, es geht um Liebeskummer, eine verlorene Liebe ...
Zur Szenerie passt mir das Ganze noch nicht so recht.

Wie auch immer. Ich war nie sehr bewandert in Sachen Liebe. Also meine Meinung nicht allzu ernst nehmen Icon_smile

Grüsse
N.



Stop At Nothing!
~~~~
Des Nachtmahrs Gedankenreich

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Beitrag #5 |

RE: VI 11: Unter der Oberfläche/ Ringen nach Luft
Hallo Adsartha!

Ein sehr schönes Gedicht, in dem du alle Impulssätze verwendet hast Pro

Zitat:mondlicht fließt
wie milch durchs winzige fenster

gefällt mir besonders Icon_smile

Zitat:im bad tropft es
flüssige planeten
aus dem wasserhahn
du träumtest mit ihnen davon
deine seele
uferlos
wie der horizont
damals

Hier drückst du mit dem Impulssatz eine Sehnsucht aus, die dem Satz allein gar nicht innewohnt - gefällt mir.

Zitat:ich stehe stumm
sehe (dem leuchten zu)
lausche (den tropfen)
erinnere (deiner)
und tränke schmerz
in die zerkratzten dielen
für wie lange noch

die Klammern überlassen es dem Leser, ob er die Worte mitnimmt oder nicht - finde ich gut.
Toll: tränke schmerz in die zerkratzten dielen Pro

Ein Gedicht, das mir sehr gefällt Icon_smile

LG
Quantensprung

A pencil and a dream
can take you
anywhere

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Beitrag #6 |

RE: VI 11: Unter der Oberfläche/ Ringen nach Luft
Hallo Rick,
toll, dich unter einem meiner Lyrik-Ergüsse zu finden. Icon_wink

Noch schöner, wenn es dann auch noch gefällt.
Klammern sind natürlich Geschmackssache. Gewählt gesetzt, finde ich, können sie interessante Aspekte hervorheben. Was die letzten zwei Verse anbelangt, so war das Nachstellen gewollt. Das Gedicht beschreibt eine Szenerie. Eine stille Wohnung, in der das Ich das Du vermisst. Die "Randnotiz" zeigt, warum das Du nicht mehr da ist. Es ist ein Selbstvorwurf des Ichs, ein letzter Seufzer sozusagen. Gehört daher dazu, aber irgendwie auch wieder nicht.

Zitat:Inhaltlich fand ichs auch gut, schön dass man versteht worum es geht - diese super kryptischen Gedichte mag ich mittlerweile nicht mehr, weil da ja doch jeder das reinliest was er lesen will :S
-- geht mir ähnlich.

Zitat:Insgesamt gute Arbeit mit dem Gedicht: mission complied.
-- Thanks!

LG Adsartha

Huhu November!

Zitat:hm ... ich bin gerade ein wenig zwiegespalten. An manchen Stellen würden mMn dem Gedicht ein paar Satzzeichen ganz gut tun, aber an anderen Stellen finde ich es gerade ohne schöner.
-- *g* Genau das war auch mein Problem. Daher habe ich die Zeichen einfach komplett weggelassen, denn Inkonsequenz sieht bei so etwas unschön aus.


Zitat:
Zitat:die schale mit kristallen
geronnene augenblicke
blinzeln weidwund
immer noch

An der Stelle bleib ich immer hängen, weil diese Zeile irgendwie nicht wirklich reinzupassen scheint. Vielleicht würde es kursiv gestaltet nicht ganz so fremd wirken. Ich weiß zwar, wie es gemeint ist, aber es liest sich nicht schön. Finde ich zumindest.
-- Das liegt vielleicht daran, dass die Fälle nicht stimmen, wie mir gerade aufgefallen ist. Eigentlich sollte es: "geronnener augenblicke blinzelt waidwund" heißen. Gemeint ist eine Schale mit gesammelten Kristallen, vielleicht vom Strand, vom Urlaub. Ich habe überlegt noch eine Zeile einzubauen, aber das störte in meinen Augen die Stimmung.

Zitat:
Zitat:ich stehe stumm
sehe (dem leuchten zu)
lausche (den tropfen)
erinnere (deiner)
und tränke schmerz
in die zerkratzten dielen
für wie lange noch

Das mit den Klammern finde ich hier ganz interessant. Denn man kann es ohne lesen, aber auch mit. Finde ich schön. Icon_smile
-- Danke. Das war eigentlich nicht beabsichtigt so. Ich hatte es erst ohne den Text der Klammern, aber das sah so allgemein aus. Dann habe ich den Text zugefügt, wusste aber nicht, ob es so nicht zu viel wird. Daher die Klammern. Sie drücken also eher meine Unschlüssigkeit als ein Stilmittel aus. *lach*

Zitat:Und das "tränke schmerz in die zerkratzten dielen" ist meine Lieblingsstelle! Pro
-- Icon_smile Meine auch!

Zitat:
Zitat:ich wende mich ab
denn nachts lebt’s (sich)
hier
nicht mehr

Hier bleibe ich auch immer hängen. Vielleicht könntest du das "es" lieber ausschreiben, denn so liest es sich nicht so toll.
-- gut, mache ich.


Zitat:
Zitat: warum rahme ich meine Bilder,
bevor ich sie male

Bei diesen letzten beiden Zeilen weiß ich nicht so recht, was ich damit anfangen soll. Gehören sie mit dazu, oder nicht ... ?
-- Jain. Während die ersten Strophen nur die Szenerie beschreiben, ist der letzte Teil ein stummer Selbstvorwurf des Ichs. Es hat die Beziehung und das Du zu selbstverständlich genommen, Pläne gemacht, ohne das Du dabei mitzunehmen. Also in gewisserweise das Bild gerahmt, bevor es fertig war.

Zitat:Alles in allem ein sehr ruhiges, sehnsüchtiges Gedicht, dass mir (trotz meiner Anmerkungen) gut gefällt. Icon_smile
-- vielen Dank für die lobenden Worte und den lieben Kommentar.

LG
Adsartha

So, gleich der nächste auf der Liste.
Wave Nachtmahr.


Zitat:
Zitat:Unter der Oberfläche/
Ringen nach Luft

Spannender Titel. Hach, ich liebe Alternativtitel.
-- *lach* Schön, wenn ich dich bereits mit so wenig glücklich machen kann.

Zitat:
Zitat:geronnene augenblicke
blinzeln weidwund
immer noch

Ich bin da irgendwie über "die schale mit kristallen" gestolpert. Sie enthält die geronnenen Augenblicke? Klingt zwar sprachlich schön passt mir persönlich aber nicht so ganz in Bild.
-- Ja, das Mondlicht fließt über das Dachfenster in die Wohnung, darunter auch in den Erker, wo die Schale steht und die Kristalle darin das Licht einfangen.

Zitat:
Zitat:ich stehe stumm
sehe (dem leuchten zu)
lausche (den tropfen)
erinnere (deiner)

Das liest sich gar nicht mal schlecht in Klammern. Potenziell kannst du die aber auch ausklammern. Das trägt sehr gut zur Atmosphäre bei, während nur die Verben jeweils sehr allgemein sind, was mir nicht so passt.
-- Danke. Ich war unschlüssig, ob es ohne Klammern geht, oder nur die Verben. Sie sind wirklich zu allgemein, um sie allein stehen zu lassen. Allerdings scheint es stimmen für die Klammersetzung zu geben. Ich werde da noch einmal in mich gehen. Icon_wink


Zitat:
Zitat:denn nachts lebt’s (sich)
hier
nicht mehr

Das "sich" in Klammern zu setzen gibt zwei verschiedene Aussagen - sehr clever. Aber mal ehrlich - Im Erker möchte ich bei Nacht auch nicht unbedingt herumhängen.
-- *lach* Der Erker ist ja nur Teil der Wohnung. Die Aussage bezieht sich darauf, dass das Ich nachts nicht mehr dort/wach sein kann, weil es die Einsamkeit zu stark spürt.


Zitat:
Zitat:warum rahme ich meine Bilder,
bevor ich sie male

?
-- Hier wird es etwas kryptisch, weil wir herauszoomen, bzw. vom der Umwelt in die Innenwelt wechseln.
Während die ersten Strophen nur die Szenerie beschreiben, ist der letzte Teil ein stummer Selbstvorwurf des Ichs. Es hat die Beziehung und das Du zu selbstverständlich genommen, Pläne gemacht, ohne das Du dabei mitzunehmen. Also in gewisserweise das Bild gerahmt, bevor es fertig war.

Zitat:Zum Fazit: Besonders das Bild, das du beschreibst, spricht mich sehr an. Allerdings muss ich sagen, dass ich den Kern des Ganzen nicht so recht erfassen kann. Ok, es geht um Liebeskummer, eine verlorene Liebe ...
-- Es geht um eine Liebe, die verspielt wurde und die daraus resultierende Einsamkeit und Selbstvorwürfe. Das Ich erstickt sozusagen daran, daher auch der Titel.

Vielen lieben Dank auch für deine Gedanken!
Adsartha

Last but not least,
die Quantenspringerin!

Zitat:Ein sehr schönes Gedicht, in dem du alle Impulssätze verwendet hast Pro
-- Ungeplant eigentlich, denn ich wollte nur die Planeten und das gerahmt Bild drin haben. In der Stimmung passten dann aber plötzlich auch die anderen Zeilen, und schwupps waren sie drin.


Zitat:
Zitat:mondlicht fließt
wie milch durchs winzige fenster

gefällt mir besonders Icon_smile
-- Danke, ich wollte eine sanfte, traumhafte Einstiegsstimmung, die aber auch leicht ins negative verkehrt werden kann, denn Mondlicht und Milch sind in ihrer Weißheit auch recht kühl.


Zitat:
Zitat:im bad tropft es
flüssige planeten
aus dem wasserhahn
du träumtest mit ihnen davon
deine seele
uferlos
wie der horizont
damals

Hier drückst du mit dem Impulssatz eine Sehnsucht aus, die dem Satz allein gar nicht innewohnt - gefällt mir.
-- Ja, ich habe den Satz etwas arg verformt, aber fließende Planeten wollten nicht passen, und die Surrealistik dahinter hat etwas von zu viel Phantasie.

Zitat:
Zitat:ich stehe stumm
sehe (dem leuchten zu)
lausche (den tropfen)
erinnere (deiner)
und tränke schmerz
in die zerkratzten dielen
für wie lange noch

die Klammern überlassen es dem Leser, ob er die Worte mitnimmt oder nicht - finde ich gut.
Toll: tränke schmerz in die zerkratzten dielen Pro
-- Noch ein pro für die Klammern. Dann lasse ich sie wohl drin. Icon_smile
Danke für die Dielen. War die schwierigste Stelle im Werk.

Zitat:Ein Gedicht, das mir sehr gefällt Icon_smile
-- Smiley_emoticons_blush

Danke für das Lob!

Adsartha

"I wish a car would just come and fucking hit me!"
"Want me to hail a cab?"
"No, I'm talking bus!"  (The four faced liar)

Da baumelt die kleine Doktorspinne in ihrem Seidenreich und träumt von ihren Silberfäden.
[Bild: riverdance.gif]

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Beitrag #7 |

RE: VI 11: Unter der Oberfläche/ Ringen nach Luft
Hallo Addi,

wenn ich ein Gedicht kritisiere, schreibe ich vorrangig von meinen Gefühlen, die ich beim Lesen habe. Also wundere Dich über nichts Icon_smile

Die ersten Verse nehmen mich völlig ein. Schlagartig sitze ich da im Erkerzimmer einer Burg (warum es eine Burg sein muss, weiß ich nicht) und sehe das Mondlicht hereinfließen, der milchige Vergleich passt super! Dann folgt die Schale voller kristalliner geronnener Augenblicke (toll!). Die Schale blinzelt, enthält sie doch die kristallinen Augenblicke. Sie blinzelt mich waidwund an und sagt eher: "Tut mir leid. Was du hier siehst, ist vorbei. Erledigt!" Die erste Strophe hat es gefühlsmäßig also in sich und drückt mich ein wenig nieder (soll sie wahrscheinlich auch).

Dann wechselt die Szenerie und ich sehe mich plötzlich in moderne Zeiten versetzt, wo ich im Bad gedankenverloren auf auf den Wasserhahn starre und im Wasser die Unendlichkeit erblicke (so deute ich den Planetenfluss). Ich sehe die/den andere/n entschwinden auf dem Fluss der Träume hin zum uferlosen Horizont. Also in etwa die gleiche Gefühlswelt wie in der ersten Strophe, keine Fortsetzung, wie ich meine.

Der Teil 3 des Gedichts machte mich unendlich traurig. Der Schmerz ist spürbar, fast körperlich. Du tränkst damit die Dielen, deren Zustand (zerkratzt) die Hoffnungslosigkeit zum Ausdruck bringt, die den Schmerz in diese anfangs geschilderte Traurigkeit verwandelt. "Wie lange noch?" lässt zwei Deutungen zu, die aber beide ins Bild passen. Wie lange werde ich mich erinnern? oder Wie lange halte ich das noch aus? wobei Deutung Nr. 2 stark in den psychischen Schmerz eindringt.

In der 4. Strophe schließlich folgt die Wiederholung des Anfangs. Geschickt leitest Du mich wieder zurück ins Burgzimmer (-verlies?). Der milchige Fluss existiert noch, aber er trägt nichts mehr, er (es) ist dunkel geworden und das Leben ist erloschen, wobei hier keine Auflösung folgt, welches bzw. wessen Leben hier in der Dunkelheit endet. Ich hab mich beim neugierig sein erwischt.

Bei der Ergänzung am Ende hatte ich das Gefühl, jetzt aus dem Er-/Gelebten herauszuschweben, das an einer kahlen Wand in einem Bilderrahmen zurückbleibt. Zuerst war der Rahmen, dann entstand das Bild der Erinnerung und des Schmerzes.

Schönes Bild und schöne Bilder. Danke.


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Beitrag #8 |

RE: VI 11: Unter der Oberfläche/ Ringen nach Luft
Ach Porter,
so gefühlvoll und ästhethisch hätte ich das nie zusammenfassen können. Icon_cuinlove

Vielen lieben Dank für das große Lob! Icon_bussi
*gerade etwas sprachlos ist*

Alles Liebe
Addi

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Beitrag #9 |

RE: VI 11: Unter der Oberfläche/ Ringen nach Luft
Hallo Addi,

nachdem ich dein Gedicht direkt gelesen habe, als du es eingestellt hast, wird es langsam Zeit für den Kommentar.

"Unter der Oberfläche/Ringen nach Luft", mir gefällt die Titelkombination sehr gut. Nur: Warum schreibst du hier groß und sonst nicht? Bzw.: Warum den Titel nicht auch klein? Icon_wink
Durch die Satzzeichenlosigkeit hat das Gedicht etwas Atemloses, ohne hektisch zu werden, wie Unterwasserfotos - die stumme Erkenntnis, dass Menschen doch schweben können, die in Luftblässchen gen Oberfläche steigt und immer weniger Ruhe unter der Oberfläche zurücklässt, bis das Ringen nach Luft Überhand gewinnt.
Gleichzeitig: Mondfenster, ein Schale mit geronnenen Augenblicken unterm Dachfirst, drüben vielleicht ein Eimer fürs Regenwasser, im Bad flüssige Planeten, und hier: stummes Warten, Lauschen, Erinnern. Was bleibt? Draußen ein schwarze Katze, drinnen ein Abwenden, ein fertig gedachter Augenblick, ein fertig gebautes Zusammensein, wo dann nur noch ein leerer Rahmen ist.

Sprachlich: Es ist in einem guten Fluss, dein Gedicht. Mir gefällt auch die dritte Strophe, die Klammern hier fast wie eine Betonung, ein eindringliches Flüstern.
Dennoch bin ich beim ersten Lesen "damals" genau wie jetzt über ein paar Stellen gestolpert, an denen ich einfach kürzen würde:
Zitat:die schale mit kristallen
geronnener augenblicke
blinzelt weidwund
immer noch
Natürlich hast du mit "immer noch" - "damals" - "für wie lange noch" eine schöne zeitliche Kette, die sprachlich auch passt. Aber hier liest man das "immer noch" so zwischen den Zeilen, dass ich es sogar weglassen würde und direkt in die zweite Strophe übergehen würde.
Zitat:im bad tropft es
flüssige planeten
Hier fände ich "tropfen" anstelle von "tropft es" schöner, denn es liest sich runder. So ist es etwas distanzierter, dafür denkt man sich: Wieso es?
Oder ist das vllt dialektbedingt?

Letztlich würde ich auch die letzte Strophe weglassen:
Zitat:warum rahme ich meine Bilder,
bevor ich sie male
Natürlich gibt sie dem Gedicht noch einmal einen Dreh. Aber für mich ist es mit "Denn nachts lebt es sich hier nicht mehr" sehr gut abgeschlossen, da ist etwas Finites in der Aussage, wie ein Abschluss, nur dass dann noch ein Nachsatz kommt. Es wirkt auch deshalb "dran gehängt", weil du zwei Leerzeilen dazwischenstellst und dann doch groß schreibst. Zur Betonung/Hervorhebung? Für mich ist es viel stärker, wenn du den letzten beiden Zeilen rauslässt.
Dann ist es eher eine Momentaufnahme, die in Ruhe nachwirken kann, als eine ganze "Charakterdarstellung". Abgesehen davon gefällt mir das Spiel mit "nachts lebt es hier nicht mehr" und "lebt es sich hier nicht mehr" sehr gut - das wäre wie gesagt ein feiner Ausklang.

Mir gefällt es insgesamt, vor allem die beiden Mondlicht-Verse, die sind sehr stimmungsvoll.

Viele Grüße,
Libertine

... und von den wundersamsten Wegen bleibt uns der Staub nur an den Schuhen. (Dota Kehr)
Avatar von Eddie Haspelmann

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Beitrag #10 |

RE: VI 11: Unter der Oberfläche/ Ringen nach Luft
Libbi! Icon_jump
Als Muse dieses Gedichts freue ich mich natürlich besonders, Dich hier zu finden. Icon_wink

Zitat:"Unter der Oberfläche/Ringen nach Luft", mir gefällt die Titelkombination sehr gut. Nur: Warum schreibst du hier groß und sonst nicht? Bzw.: Warum den Titel nicht auch klein?
-- Ganz ehrlich? Weil ich nur Kleinschreiben eigentlich komisch finde. Da ich aber nicht wusste, wo die Satzzeichen setzen - das wollte ich dem Leser überlassen -, musste ich im Gedicht dann auch auf Groß- und Kleinschreibung verzichten. Im Gedicht geht es noch, aber im Titel finde ich es komisch. Nun gut, zur optischen Gesamtgestaltung setze ich den Titel nun auch klein. Icon_wink

Zitat:Durch die Satzzeichenlosigkeit hat das Gedicht etwas Atemloses, ohne hektisch zu werden, wie Unterwasserfotos - die stumme Erkenntnis, dass Menschen doch schweben können, die in Luftblässchen gen Oberfläche steigt und immer weniger Ruhe unter der Oberfläche zurücklässt, bis das Ringen nach Luft Überhand gewinnt.
-- Ich finde es interessant, dass der erste Titel bei dir so positiv belegt ist, denn eigentlich sollten beide das gleiche ausdrücken: eine Isoliertheit, ein Ertrinken in den Erinnerungen oder auch an sich selbst.

Zitat:Sprachlich: Es ist in einem guten Fluss, dein Gedicht. Mir gefällt auch die dritte Strophe, die Klammern hier fast wie eine Betonung, ein eindringliches Flüstern.
-- Vielen Dank!

Deine Änderungsvorschläge habe ich so direkt mal übernommen, da sie mir sehr gut gefallen haben und das Gedicht wie immer runder wirken lassen. Icon_smile

Zitat:Abgesehen davon gefällt mir das Spiel mit "nachts lebt es hier nicht mehr" und "lebt es sich hier nicht mehr" sehr gut - das wäre wie gesagt ein feiner Ausklang.
-- Smiley_emoticons_blush

Zitat:Mir gefällt es insgesamt, vor allem die beiden Mondlicht-Verse, die sind sehr stimmungsvoll.
-- Ja, ich fand, die geben einen schönen Rahmen. Icon_smile

Liebe Grüße
Addi

"I wish a car would just come and fucking hit me!"
"Want me to hail a cab?"
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