Sanyasala PhoebeFibi,
hatten wir schon einmal das Vergnügen? Ich glaube nicht, oder?
Auf jeden Fall werde ich die übliche Vorgehensweise verwenden und zunächst am Text anmerken, schließlich ein Fazit geben. Ich versuche eigentlich immer, so eine Art Interpretation zu geben, Assoziationen und Eindrücke von mir als Leser. Bei der Lyrik höre ich eigentlich immer auf mein Bauchgefühl, so etwas wie Rhythmuslehre kann ich nicht anwenden, aber vielleicht hilft dir mein Kommentar ja trotzdem.
Zum Aufbau: Es hat etwas sehr Szenenhaftes, wie du es vermutlich beabsichtigt hast, und der Titel verspricht eine Umrahmung des Themas mit einzelnen Eindrücken, was ich vom Stil her eigentlich immer toll finde

Außerdem mag ich den Klang des Wortes "Herbstbilder". Ich meine .. sag das mal halblaut vor dich hin, Herbstbilder *lächeln muss*
(04-11-2012, 00:08)PhoebeFibi schrieb: Das Blatt fällt schwer, dass Blatt fällt leicht
Die roten Sprenkel, umrahmen's seicht
Zunächst einmal statt "dass" ein "das"

Der erste Vers, und so seltsam das klingt, erinnert mich an herbstlich schwere Luft und Regen, an marschierende Winde, die nach dem Laub an den Ästen treten, ... Obwohl kein Element davon wirklich genannt wird, lässt dieser scheinbare Widerspruch diese Bilder entstehen, in deren Mitte dieses Blatt steht. Die Sprenkel kennen wir ja alle, das Bild mischt sich also vor dem inneren Auge und das "umrahmen's seicht" (ich würde allerdings das Komma weglassen, das stört in meinen Augen nur den Satz) hat auch ein bisschen was von ... entschuldige, wenn ich mir wirr und kitschig ausdrücke: dem Gefühl, wenn jemand einem über die Wange streicht. Ohne romantische Konnotation, jetzt. Einfach nur ein Herbstgefühl, etwas von Zusammenrücken gegen die aufkommende Kälte, ein Anflug von Vorwinter, sozusagen. Gefällt mir. Vor allem, weil es zwar so ein Gefühl ist, aber irgendwie losgelöst vom Menschsein ist.
Zitat:Die Katzenkralle fährt heraus
Blitzschnell-Schon durchzuckt's die Maus
Ich habe ein Herz für Mäuschen *seufz* Dennoch passt es vom Ding her - ebenso natürlich wie die vorherige Strophe, das vorherige Bild, aber von einer ganz anderen Art, von einer gewissen Kälte ... wie hat es mal jemand ausgedrückt? "Die Kälte von warm fließendem Blut".
Nur stilistisch die Anmerkung zum zweiten Vers: "Blitzschnell - schon durchzuckt's die Maus"
Wobei ich die Wortwahl "durchzuckt" mit dieser Dopplung - Katzenkralle, die durchzuckt, als auch die Maus, die zusammenzuckt und durchbohrt wird - sehr gut finde.
Zitat:Tobend,Purzelnd durch das Laub,
Die Kinder spielen, sie lachen laut
"Tobend, [leerzeichen] purzelnd durch das Laub"
Hier hängen die Verse so wenig zusammen, grammatikalisch vor allem. Wäre es ein großer Einschnitt, wenn du stattdessen schreiben würdest:
"Tobend, purzelnd drch das Laub
spielen die Kinder, sie lachen laut."
Oder "und lachen laut", aber das ist nur so eine Idee von mir. Auf eine merkwürdige Weise schließt das gut an die Katzen-Strophe an. Gemeinsam ist ihnen dieses Körperliche, wie die Kinder in ihren bunten Anoraks durch das Laub toben, als wären sie Welpen oder Kätzchen, und sich nicht darum scheren, dass Menschen gesitteterweise auf zwei Beinen, mit geradem Rücken durch die Gegend laufen und sich nicht auf den Boden werfen oder andere kreischend mit Laub bewerfen. Es hat eine sehr lockere Stimmung, eben spielerisch. Wirkt sich auch irgendwie auf die anderen Strophen aus, so wie alle sich gegenseitig beeinflussen. Sehr schön, eine tolle Atmosphäre.
Zitat:Die Wolke zeigt sich, der Tropfen fällt-
Fragt sich's , wer sich da noch draußen hält ?
Vor den Spiegelstrich, wenn du ihn überhaupt behalten willst, würde ich ein Leerzeichen setzen. Der erste Vers hat eine ungeheure Leichtigkeit, das gefällt mir richtig gut. Man stellt sich wirklich vor, wie da ein einzelner Tropfen schillernd im hellen Herbstlicht in eine Art Slow-Motion mit Fokus der Kamera gen Erde fällt und sich irgendwie freut, da zu sein. Verrückt, aber genau das ist die Stimmung, die da ist.
Zum zweiten Vers: "'S fragt sich, wer sich da noch draußen hält[kein Leerzeichen]?"
Es erscheint mir aber ein bisschen sehr lang. Wie wäre es alternativ mit
"'S fragt sich, wer sich da nach draußen stellt?"
Zitat:In Gedanken lach ich, denn ich muss sagen :
Ich rahm mein Bild manchmal, bevor ich's male.
Das Bild kehrt wie zum lyrischen Ich, das vor dem Fenster steht und sich all das überlegt, in spontanen Gedankenzügen und leichter Stimmung, vielleicht vor einer Staffelei stehend und nebenbei ein bisschen Herbstfarben auf ein Bild streichend, das eigentlich als klassisches Herbstlandschaftsbild angefangen hat, nun aber in der übermütigen, spielerischen Stimmung der Künstlerin zu etwas Leichterem wird. Die Versipuls-Zeile passt da toll.
Bis auf ein paar formale Sachen habe ich ja kaum etwas gefunden, und ich muss sagen: Die Stimmung des Gedichts gefällt mir ausnehmend gut. Am Ende überwiegt das Bild der Künstlerin, die vor der Staffelei und dem Fenster steht und in einer Stimmung von Übermut und Spielhaftigkeit, wie man sie selbst nach den ersten Strophen empfindet, den Spieltrieb hat, etwas ganz nach ihrem Bauch heraus zu machen und abzuändern. Spontan, einfach. Vielleicht ein bisschen kindlich, aber auf eine Weise, wie sie sich jeder Erwachsene für Gelegenheiten wie diese bewahren sollte. Insgesamt muss ich sagen: Auf den zweiten Blick ist in deinem Gedicht sogar noch mehr drin, als man auf den ersten dachte. Schön zu lesen!
Liebe Grüße,
Trinity