Vorlesen bewirkt mehr als Sie ahnen! Hätten Sie gedacht, dass:
- das abendliche Vorlesen Kindern hilft, später einen guten Schulabschluss zu erzielen? (University of Oxford, Langzeitstudie, an der 17000 Kinder teilnahmen.)
- Vorlesen in der Familie zu den wichtigsten Einflussfaktoren auf die spätere Entwicklung von Lesemotivation bei Grundschülern zählt? (Erfurter Studie)
- Vorlesen neben dem Wortschatz auch die Fähigkeit zum symbolischen Denken fördert, die später im Umgang mit Zahlen und Buchstaben wichtig ist? (University of Chicago)
- Vorlesen eine wichtige Form des sozialen Miteinanders ist? Kinder lieben und brauchen ein Klima, in dem sie sich aufgehoben fühlen, eine Situation, die Ruhe vom hektischen Alltag schafft. (Universität München, Prof. Kahlert)
Sie sehen, Vorlesen hat garantiert nur positive Nebenwirkungen – und dennoch lesen mittlerweile 70% der Familien in Deutschland
nicht mehr vor.
Woran liegt das?
Bei Lesungen erlebe ich hin und wieder Eltern, die mir gestehen: „Ich traue mich nicht selbst vorzulesen, ich kann das nicht so perfekt wie die Sprecher der Kinderhörspiele.“
Das müssen Sie auch nicht! Perfektion ist beim Vorlesen nicht erforderlich. Sie geben Ihren Kindern dabei etwas viel Wichtigeres, Nähe und Geborgenheit, das vermag kein Hörspiel dieser Welt.
Wie fangen Sie damit am besten an?
Sieben echt familienerprobte Vorlesetipps:
- Generell wichtig fürs Vorlesen ist die innere Ruhe. Suchen Sie einen Zeitpunkt aus, an dem Sie nicht auf dem Sprung sind.
- Wann mit dem Vorlesen anfangen? Schon die Kleinsten genießen das Betrachten von ersten Pappbüchern sehr. Bei Kindern, die unter einem Jahr alt sind, empfehlen sich klar konturierte Motive. Je Seite ein bis maximal zwei. Wichtig ist, dass die Struktur des Bildes für das Kind ersichtlich ist. Sonst verliert es das Interesse am Buch. Vor allem werden Kleinkinder staunend entdecken, dass der im Buch gezeigte Ball auch real in der Wohnung ist. Ein Bild steht für etwas, das sie aus ihrem Alltag kennen und zuordnen können. Fassen Sie die Bilder in einfache Sätze zusammen, ahmen Sie Tierstimmen und Geräusche lebhaft nach.
- Seien Sie beim Vorlesen authentisch und im Idealfall selbst mit Freude beim Vorlesen dabei. Kinder spüren sofort, ob ein Text nur pflichtschuldig heruntergelesen wird. So nach dem Motto: „Ist ja gut fürs Kind“.
- Suchen Sie ein Buch aus, das Ihnen und Ihrem Kind gefallen könnte.
- Beziehen Sie die Kinder beim Vorlesen aktiv ein (Dialog). Das klappt, wenn Sie das Buch (im Vorfeld) sicher kennen. Kleben Sie nicht am gedruckten Wort, wenn etwas Ihnen unverständlich erscheint, ersetzen Sie es. Aber merken oder notieren Sie sich genau, wie Sie es gelesen haben. Erfahrungsgemäß wollen es Kinder so immer wieder hören.
- Integrieren Sie das Vorlesen in den Tagesablauf, als Ritual z.B. täglich vor dem Zubettgehen.
- Oft werde ich gefragt, was ein gutes Buch ist. Das ist für jeden individuell. Für mich ein gutes Buch eines, das die Seele berührt. Sie merken es, wenn es Ihr Kind beim Vorlesen kichern und/oder bangen lässt. Es weckt Gefühle!
Es passiert noch etwas: durch das regelmäßige Vorlesen zeigen Sie Ihrem Kind verschiedene Wege zu einer ganzen Kultur auf.
Eines ist mir sehr bewusst, die Leseentwicklung eines jeden Kindes ist sehr individuell. Ob ein Kind zum Leser wird, hängt von vielen Faktoren ab. Zeit und Zuwendung sind neben Kontinuität aus meiner Sicht sicherlich drei der maßgeblichsten „Zutaten“ einer erfolgreichen Leseförderung. Sie brauchen nur ein Buch und etwas Zeit am Stück. Und? Wann lesen Sie vor?
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